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Bei Dir bin ich geborgen

Bei Dir bin ich geborgen

Titel: Bei Dir bin ich geborgen
Autoren: Patricia Kay
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können.

3. KAPITEL
    „Und wenn sie sie nicht finden?“
    Gregg sah zu Sabrina hinüber, die sich fürs Zubettgehen fertig machte. Sie hatte ausgesprochen, was er nicht zu denken wagte, doch der Gedanke hatte längst wie eine giftige Schlange in seinem Hinterkopf gelauert. „Sie werden sie finden.“
    „Aber Gregg“, beharrte Sabrina, „und wenn doch nicht?“ Sie senkte die Stimme, obwohl Samantha und Michael längst fest schliefen. „Glynnis wäre am Ende. Das überlebt sie nicht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Gott, hat sie nicht schon genug durchmachen müssen? Ich weiß, dass die meisten sie für sehr stark halten, und das stimmt auch, aber irgendwann ist eine Grenze erreicht.“
    „Wir wollen nicht mehr davon sprechen, okay?“
    „Aber wenn das Undenkbare geschieht und sie Livvy nicht finden… oder sie…“, Sabrina schluckte, „sie tot ist, dann müssen wir vorbereitet sein. Glynnis wird uns dann mehr brauchen als je zuvor.“
    Gregg wusste, dass Sabrina Recht hatte, aber er wollte trotzdem nicht darüber reden. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Livvy ein Leid geschah.
    Die Polizei würde Olivia finden, nichts anderes würde er akzeptieren. Aber in einem hatte Sabrina doch Recht: Seine Schwester hatte genug durchgemacht.
    Gregg hatte Ben immer noch nicht verziehen, was er ihr angetan hatte. Als Glynnis nach seinem Tod erfahren hatte, dass sie nicht rechtmäßig mit ihm verheiratet gewesen war, weil Ben bereits eine Frau und eine erwachsene Tochter hatte, hatte sie sich zu Recht schrecklich verraten gefühlt. Aber konnte man einen Toten anklagen? Glynnis war mit ihren zwei kleinen Kindern auf sich selbst gestellt. Wenigstens hatte Ben ihr ein ausreichendes Erbteil zukommen lassen.
    Wie Sabrina sagte, Glynnis war eine starke Frau. Sie hatte schon einiges bewältigt: Den frühen Tod der Eltern, eine katastrophale Beziehung zu Collegezeiten, aus der sie ein Kind hatte, das sie zur Adoption hatte freigeben müssen, und dann Bens Tod und schließlich die Wahrheit über seine andere Ehe.
    Eine schwächere Frau wäre daran vielleicht zerbrochen, aber Glynnis hatte immer das Beste daraus gemacht.
    Die Sache mit Olivia aber könnte sie nun endgültig zerstören.
    Glynnis fand keine Ruhe. Kat versuchte, sie zu überreden sich hinzulegen, aber sie weigerte sich. Immerhin zog sie sich eine alte bequeme Jogginghose an und ein weites Sweatshirt und dicke Socken, damit sie nicht fror. Aber sie zog es vor, die Nacht zusammengerollt unter einer Wolldecke auf einem Sessel zu verbringen, und Kat erklärte sich solidarisch und schlief auf dem anderen Sessel.
    Während die Nacht verstrich, hörte Glynnis auf jedes Geräusch. Das Ticken der alten Standuhr im .Flur, das Summen des Kühlschranks, das entfernte Rauschen des Verkehrs auf dem Highway, das Heulen einer Sirene irgendwo in der Ferne.
    Das Rascheln des großen Ahornbaums, dessen überhängende Zweige gegen das Dach schlugen.
    Alles war so wie immer, die normalen Geräusche einer normalen Nacht in einer normalen Welt. Nur dass dies keine normale Nacht war. Eine Welt, in der irgendeine Fremde einfach ein Kind greifen und damit verschwinden konnte, war nicht normal. Sie war ein Albtraum. Glynnis konnte nur beten, dass er schnell vorüberging und Olivia zu ihr zurückkam, wohlbehalten und gesund.
    Wo war sie wohl jetzt? Hatte sie es warm? Fühlte sie sich wohl? Kümmerte sich diese Frau um sie? Glynnis’ Augen füllten sich erneut mit Tränen. Bitte, lieber Gott, pass auf sie auf. Pass auf mein Baby auf.
    „Glynnis?“ sagte Kat sanft. „Erzähl mir, was dir im Kopf herumgeht!“ Heimlich wischte sich Glynnis die Tränen weg. „Ich dachte, du schläfst.“
    „Ich hab’s versucht, aber meine Gedanken hindern mich. Wenn du eine Schlaftablette willst, ich habe welche in meiner Handtasche. Sie sind nicht allzu stark.“
    „Nein, ich will keine.“ Wie sollte sie schlafen, wenn Olivia irgendwo da draußen war und vielleicht Angst hatte und nach ihr rief?
    „Soll ich dir eine heiße Schokolade machen? Ich würde auch eine trinken.“
    „Nein.“ Ich will nur Olivia. „Aber mach dir ruhig eine.“
    „Nein, ich dachte nur…“ Kat beendete ihren Satz nicht.
    Danach kehrte wieder Stille ein. Der Schlaf kam und kam nicht, und um halb vier gab Glynnis auf. Ganz leise, um Kat nicht zu wecken, schlich sie in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. Sie nahm ein paar Brötchen aus dem Eisfach, damit sie bis zum Morgen auftauten. Dann ging sie ins Badezimmer,
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