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Behandlungsfehler

Behandlungsfehler

Titel: Behandlungsfehler
Autoren: Britta Konradt
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Ansprechpartner und blieb es, bis wir erwachsen waren.
    Gesundheit zählt zu den bedeutendsten menschlichen Interessen. Ohne Gesundheit geht nichts. Sie spielt in allen Bereichen unseres Lebens eine entscheidende Rolle. Wir wünschen uns zu den wichtigen Anlässen Gesundheit, zum Beispiel zum Geburtstag. Sind wir gesund, nehmen wir das allerdings häufig als selbstverständlich hin. Erst wenn wir krank werden, erleben wir, wie verletzbar wir sind. Die Krankheit wird dann häufig zum Mittelpunkt unseres Daseins. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet Gesundheit einen Zustand »völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens«. Die Ärzte sind bemüht, diesen Zustand zu fördern. Doch die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, werden immer schwieriger.
    Viele Mandanten kommen in meine Kanzlei, um den Verlauf ihrer Behandlung überprüfen zu lassen. Sie sind zutiefst verunsichert, weil etwas anders gelaufen ist als erwartet. Meine Aufgabe ist dann, ihnen zu erklären, was passiert ist. Das hat früher der Arzt getan. Heute ist das leider oft nicht mehr der Fall, denn in den meisten Kliniken und Praxen ist dafür schlichtweg kein Budget und keine Zeit vorhanden.
    Die Gründe dieser negativen Entwicklung
    Der wichtigste Grund für diese Entwicklung ist vor allem der Kostendruck. Der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung ist in Deutschland stark gestiegen und damit natürlich auch der Anteil der Kranken. Hinzu kommt, dass der Fortschritt in der Medizin neue Kosten mit sich bringt. Das fängt bei kleinen Dingen an. Bei
einer Darmoperation werden die Enden des Darms zum Beispiel meist nicht mehr genäht, sondern mittels eines sogenannten Staplers, einem Klammernahtgerät, verbunden. Eine ordentliche Naht kostet vielleicht fünf Euro, der Stapler mit Magazin in etwa 500 Euro. Die Kosten für das Gesundheitssystem drohen zu explodieren. Laut Statistischem Bundesamt betragen sie inzwischen mehr als zehn Prozent des Bruttosozialprodukts. Die Politik sucht schon lange nach Lösungen für dieses Problem. Sie hat das Solidarsystem, das Bismarcks Grundgedanke in der Sozialgesetzgebung war, ausgehöhlt. Viele Kommunen haben Krankenhäuser, die Zuschussbetriebe waren, an Klinik-Konzerne verkauft. Inzwischen ist nur noch weniger als die Hälfte aller Krankenhäuser in öffentlicher Hand.
    Private Träger wollen Gewinne erzielen, Zuschussbetriebe wollen und können sie sich nicht leisten. Um die Kosten zu senken, prüfen sie, wo sie sparen können. Sie haben Personal abgebaut und Leistungen wie das Labor, die Pathologie und die Sterilisation zentralisiert. Und die kommunalen Krankenhäuser ziehen nach. Dies hat zum Teil eigenwillige Auswirkungen. Ref 2
    Die Auswirkungen des Kostendrucks
    Ein Beispiel: Das Reinigungspersonal war früher beim Krankenhaus angestellt. Wer irgendwo Schmutz sah, konnte die für die Station zuständige Raumpflegerin ansprechen und dafür sorgen, dass sie den Schmutz wegmachte und die Ecke auch künftig im Blick behielt. Heute ist das Reinigen an eine Firma ausgelagert. Fremdkräfte kommen und machen sauber. Sie wechseln häufig und haben feste Zeitvorgaben. Der Druck ist enorm, die vorgegebene Zeit reicht oft nur, um minimalistisch den Vertrag zu erfüllen. Manche Aufgaben wurden weitgehend wegrationalisiert. So wurden früher die Betten im Ganzen sterilisiert. Heute wird ein frisches Laken darüber gezogen und das Gestell abgewischt. Die Hygiene ist dadurch nicht besser geworden. Aber die Räume und die Kosten für die klinikinterne Sterilisation werden gespart. Das Reinigungspersonal, das vor Ort ist, fühlt sich für die Station nicht verantwortlich. Es tut seine Arbeit, entsprechend der engen Zeitvorgaben.
Es ist heute hier und morgen da. Und die Ansprechpartner – der Chef oder die Chefin der Reinigungsfirma – sind nicht vor Ort.
    Ein anderes Beispiel: Früher konnte ein Arzt nur ambulant behandeln, wenn er in persona die Kassenzulassung hatte. Seit 2004 können Kliniken medizinische Versorgungszentren gründen. Dort werden – ähnlich wie in den Polikliniken in der DDR – die Patienten ambulant versorgt. Die Kassenzulassung wird auf das Zentrum übertragen, und das Zentrum stellt die Ärzte ein. Gerade im ländlichen Raum soll so, trotz Ärztemangel, die Versorgung sichergestellt werden. Aber es ändert sich damit auch das Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Ein niedergelassener Arzt ist oft über viele Jahre für seine Patienten da, er hat seine Praxis und da
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