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Begraben

Begraben

Titel: Begraben
Autoren: Elena Sender
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sie und drehte ihr beide Arme auf den Rücken. Sie stieß einen Schmerzensschrei aus. Der andere Soldat stürzte sich auf Julien, versetzte ihm mit dem Gewehrkolben einen Schlag gegen den Kiefer und in die Seite. Julien sackte geräuschlos zusammen.
    Als Rama Supachai eintrat, funkelten seine Augen vor Hass. Er stellte sich zwischen die beiden Gefangenen und verschränkte die Arme, als warte er auf etwas. Cyrille sah zu ihm auf und las ihr Todesurteil in seinem Gesicht. Dann wurde ihr Blick von einer Bewegung hinter dem kahlen Schädel angezogen.
    Cyrille wurde totenbleich. Ihr Mann schien um zwanzig Jahre gealtert, er hatte violette Schatten unter den Augen, zwei bittere Falten gruben sich um seine Mundwinkel, sein feuchtes Haar stand wirr um den Kopf, seine Kleidung war zerknittert und durchnässt.
    »Professor Supachai hat mir gesagt, dass ich dich hier antreffen würde.«
    Cyrille war sprachlos. Ihre Lippen öffneten sich, um ein stummes »O« zu formen.
    Benoît Blake sah aus, als hätte er es mit einer ganzen Armee aufgenommen.
    »Man wird dich ins Kittchen bringen für alle Verbrechen, die du begangen hast«, stieß sie schließlich wütend aus.
    Benoîts Mund verzog sich.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Marie-Jeanne wird gegen dich aussagen!«, schrie sie und sprang auf ihren Mann zu wie ein Hund an der Leine. »Und ich werde dich für alle deine Lügen bezahlen lassen.«
    Zwei stählerne Arme hielten sie zurück.
    »Nein, du wirst nichts dergleichen tun. Diese Möglichkeit werde ich dir nicht lassen, tut mir leid, mein Liebling.«
    Das Heulen, das aus Cyrilles Kehle aufstieg, hatte etwas Animalisches.
    »Ich hasse dich!«
    Benoît bewahrte Haltung, seine Gesichtszüge waren angespannt.
    »Worüber beklagst du dich, Cyrille? Du hast es mir zu verdanken, dass du dein Leben nicht mit einem Verrückten vergeudet hast. Du hast Karriere gemacht, deine Klinik aufgebaut. Ohne mich wärst du heute nichts. Möchtest du wirklich noch einmal alles aufs Spiel setzen?«
    Cyrille brach in hämisches Lachen aus.
    »Ich ziehe jedes andere Leben dieser Existenz aus Lügen vor, die du mir aufgebaut hast. Es ist aus, hörst du!«
    Blakes Mund verzog sich.
    »Unsere Liebe wird niemals enden! Du wirst bei mir bleiben, an meiner Seite.«
    »Unsere Liebe? Wage nicht, von Liebe zu sprechen! Seit deinem Unfall willst du doch nur eines von mir: Ich soll dein Double sein, eine Art Krücke.«
    Mit dem Kinn deutete sie auf Supachai.
    »Hast du es deinem lieben Kollegen erzählt, dass du ohne mich deine Forschungen nie hättest abschließen können? Weiß er, Benoît, dass du Probleme hast, einen Gedankengang zu Ende zu bringen?«
    »Hören Sie nicht auf sie, sie ist verrückt!«, rief Blake, an Supachai gewandt.
    Benoît Blake trat nah an seine Frau heran, und Cyrille wich zurück.
    »Sei still!«
    Er packte sie am Kinn und presste ihren Kiefer zusammen. Cyrille schrie vor Schmerz auf. Julien versuchte, sich aufzurappeln, aber ein Schlag mit dem Gewehrkolben streckte ihn erneut nieder. Sie hörte die Stimme von Rama Supachai.
    »Was machen wir mit ihnen, Professor?«
    Benoît Blake verstärkte seinen Griff, und Cyrille spürte ein Knacken im Kiefer. Er stieß sie gegen den Untersuchungstisch.
    »Schaffen Sie uns den Typen vom Hals. Was sie betrifft, Rama, werde ich noch einmal Ihre Dienste benötigen.«
    Mit einer schnellen Bewegung beförderte er Cyrille auf den Tisch. Sie versuchte, sich zu wehren, bäumte sich auf. Die beiden Milizsoldaten hielten sie an Armen und Beinen fest, während Benoît den stereotaktischen Rahmen fixierte. Cyrille heulte vor Entsetzen. Sie spürte, wie sich die Spitzen des Rahmens in ihre Kopfhaut bohrten. Sie schrie, so laut sie konnte.
    Benoît streckte die Hand nach der Instrumentenablage aus, griff nach der Flasche mit dem antiseptischen Gel und strich die klebrige rote Flüssigkeit auf ihre Stirn.
    »Wir müssen nicht einmal die Abmessungen vornehmen«, frohlockte er, »die Narben sind noch bestens zu sehen!«
    Dann beugte er sich zu Cyrille hinab.
    »Nur Mut, mein Liebling. In zehn Minuten hast du diese ärgerliche kleine Episode vergessen. Du wachst in einem Hotel in Bangkok auf, und dann können wir in aller Ruhe nach Hause zurückkehren.«
    Cyrille versuchte, in Benoîts Hand zu beißen, und schrie:
    »Nein! Ich werde nichts vergessen!«
    »Das Problem ist Folgendes, Cyrille. Wenn du nicht vergisst, kann ich dich nicht mitnehmen. Also entweder vergisst du alles, oder du musst sterben. Du
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