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Begehrter Feind

Begehrter Feind

Titel: Begehrter Feind
Autoren: Catherine Kean
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zunächst einmal nachsehen, was am Fluss vor sich ging.
    Gisela stieg von ihrem Pferd und band ihren Beutel los, um ihn sich über die Schulter zu hängen. Das Gewicht lagerte auf ihrer Hüfte.
    Während de Lanceau seinen übrigen Leuten Anweisungen gab, wehten erneut Stimmen vom Ufer herbei.
Ach, Dominic!
Die Angst schnürte ihr beinahe die Kehle zu. Sie musste wissen, wie es ihm ging. Falls Ryle beschloss, seine Rage an Dominic auszulassen …
    »Gisela, du bleibst hier!«
    »Aber Mylord …«, wollte sie unglücklich widersprechen.
    »Das ist sicherer.« De Lanceau wandte sich zu einem breitschultrigen Waffenknecht, der mit Pfeil und Bogen bewehrt war. »Pass auf die Pferde und den Gefangenen auf!«
    In der Nähe raschelte es im Unterholz.
    Sofort verstummten alle Männer. Schwerter wurden klingend aus ihren Scheiden gezogen, bevor Aldwin aus dem Wald auftauchte und mit ernster Miene berichtete: »Die Seide ist hier, Mylord, und Crenardieu auch. Männer laden die Ballen auf Boote und sind fast fertig.«
    »Dominic?«
    »Den habe ich nicht gesehen.«
    De Lanceau runzelte die Stirn und winkte seine Leute zu sich. »Kommt!«
    Sie schlichen in den Wald, wo ihre raschelnden Schritte sich schnell entfernten.
    Gisela nagte an ihrer Unterlippe. Neben ihr schlummerte der gefesselte Lakai, und die Pferde grasten ruhig am Wegesrand. Ein Stück weiter stand der Bogenschütze, der sie kurz ansah, dann wieder in den Wald blickte.
    Wie sollte sie einfach hier stehen und warten, bis die Männer zurückkamen?
    Ich liebe dich, Dominic. Ich liebe dich!
    Hinter der Wache knackten Zweige. Der Mann drehte sich um und sah ins Unterholz.
    In diesem Moment rannte Gisela in den Wald. Die dicke Laubschicht federte ihre Schritte ab. Farne raschelten an ihren Röcken, als sie auf das Ufer zulief, ohne auf den leisen Fluch des Bogenschützen zu achten.
    Vor ihr bewegte sich etwas. Durch eine Baumlücke konnte sie Crenardieu erkennen, der wie ein eitler Pfau am Fluss stand. Ryle war neben ihm. Vor lauter Panik wäre Gisela beinahe gestolpert.
    Dann bemerkte sie noch eine Bewegung, näher bei ihr, und schaute sich um. Sie blinzelte, weil sie zunächst nicht glauben wollte, was sie sah. Das waren Hände.
    Vorsichtig schlich sie näher. Ein Mann war an einen Baum gefesselt. Sie näherte sich vorsichtig.
    Dominic!
    Ihr Herz klopfte so laut, dass sie dachte, alle anderen müssten es hören, und wäre am liebsten zu ihm gelaufen, um ihn zu umarmen.
    Als sie nur noch wenige Schritte entfernt war, hörten seine Hände auf, sich zu bewegen. Hatte er sie bemerkt?
    Tränen stiegen ihr in die Augen, sobald sie ihn genauer erkennen konnte. Er hatte einen schmutzigen Knebel im Mund, und seine Kleider waren zerrissen und blutbefleckt. Am schlimmsten aber sah sein geschwollenes Gesicht aus.
    Er musste unendliche Grausamkeiten erlitten haben.
Schneid ihn los!,
schrie es in ihr.
Schnell, bring ihn in Sicherheit! Du kannst später mit ihm reden, ihn küssen und seine Wunden beweinen.
    Sie biss die Zähne zusammen und schlich hinter ihn, während sie gleichzeitig ihre Nähschere aus ihrem Beutel holte. Dann führte sie die eine Schneide vorsichtig hinter eines der Seile.
    Er gab einen erstickten Laut von sich und versuchte, sich zu ihr umzudrehen.
    »Halt still!«, flüsterte sie und drückte ihm die Hand.
    Er erstarrte. »Mffmmm?«
    »Ja. De Lanceau ist auch hier, mit seinen Waffenknechten.« Sie blickte kurz zum Ufer. Die Männer unterhielten sich und beluden die Boote. Keiner von Crenardieus Leuten hatte sie bemerkt. »Beweg dich nicht! Ich schneide dich frei.«
    Sie versuchte, weder auf seine zerschundenen Hände noch auf die Abschürfungen an seinen Gelenken zu sehen, geschweige denn, sich auszumalen, was er sonst noch erlitten haben könnte.
    Dominic stöhnte leise, und in diesem kleinen Laut lagen all der Schmerz, die Enttäuschung und die Wut, die er empfand.
    Mit sicheren Schnitten durchtrennte sie die Seile eines nach dem anderen. Allerdings standen ihr bei jedem Schnippen der Schere die Nackenhaare zu Berge, weil sie fürchtete, dass Crenardieus Schurken sie hören könnten.
    Es schien entsetzlich lange zu dauern, bis sie endlich seine Hände befreit hatte. Dann ging sie in die Knie und schnitt die restlichen Fesseln auf. Als sie sich wieder aufrichtete, stand er vor ihr und riss sich den Knebel aus dem Mund.
    Im ersten Moment konnte sie ihn bloß anstarren. Unzählige Worte gingen ihr durch den Kopf, doch sie waren viel zu wirr. Was sollte sie zu ihm
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