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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas
Autoren: Ian Banks
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Altmännergesichts
sah. Er holte tief Luft, nickte und stieg dann ein wenig zitterig in
die Fähre. Ein Lichtblitz warf seinen Schatten schräg vor
ihn, und das Schiff bockte unter der Schockwelle einer heftigen
Explosion irgendwo innerhalb des Palastes. Schon wurde die Rampe
eingezogen.
     
    An ihrem Namen sollt ihr sie erkennen, dachte Horza unter der
Dusche. Die Kontakt-Schiffe der Kultur, die die ganze Wucht der
ersten vier Kriegsjahre im Raum abbekommen hatten, trugen alle
witzige, spaßhafte Namen. Auch für die neuen
Kriegsschiffe, die sie jetzt nach Ankurbelung der Produktion ihrer
Fabrikschiffe herstellten, bevorzugten sie Namen, die entweder
humoristisch, düster oder rundheraus abstoßend waren, als
könne die Kultur den weitreichenden Konflikt, in den sie sich
verwickelt sah, nicht ganz ernst nehmen.
    Die Idiraner sahen diese Dinge anders. Für sie sollte der
Name eines Schiffes die ernste Natur seines Zweckes, seiner Aufgaben
und seines entschlossenen Einsatzes widerspiegeln. In der
großen idiranischen Flotte waren Hunderte von Fahrzeugen nach
den gleichen Helden, Planeten, Schlachten, religiösen Ideen und
eindrucksvollen Adjektiven benannt. Dem leichten Kreuzer, der Horza
gerettet hatte, war als 137. Schiff der Name Die Hand Gottes gegeben worden, und da mehr als hundert andere Schiffe in der
Flotte den gleichen Titel benutzten, lautete sein voller Name Die
Hand Gottes 137.
    Horza trocknete sich mit einiger Mühe im Luftstrom. Wie alles
andere in dem Raumschiff war die Dusche in dem monumentalen
Maßstab gebaut, der dem gigantischen Wuchs von Idiranern
entsprach, und der Hurrikan, den sie produzierte, blies Horza beinahe
aus der Kabine.
     
    Der Querl Xoralundra, Spionvater und Krieger-Priester der
Vier-Seelen-Stammessekte vom Farn-Idir, verschränkte zwei
Hände auf der Tischplatte. Für Horza sah es eher so aus,
als kollidierten zwei Kontinentalplatten.
    »Du hast dich also wieder erholt, Bora Horza«,
dröhnte der alte Idiraner.
    »So ziemlich«, nickte Horza und rieb seine Handgelenke.
Er saß in Xoralundras Kabine an Bord der Hand Gottes 137, gekleidet in einen umfangreichen, aber bequemen Raumanzug, der
offenbar eigens für ihn mitgebracht worden war. Xoralundra, der
ebenfalls einen Raumanzug trug, hatte darauf bestanden, der Mensch
müsse ihn tragen, weil das Kriegsschiff auf seinem
energiesparenden schnellen Orbit um den Planeten Sorpen immer noch in
Gefechtsbereitschaft war. Der Nachrichtendienst der Flotte hatte
bestätigt, daß sich ein feindliches Fahrzeug, eine
Kontakt-Einheit der Berg-Klasse, im System aufhielt; die Hand war hier auf sich selbst angewiesen. Ihre Besatzung konnte jedoch
keine Spur des Kultur-Schiffes finden und mußte deshalb
vorsichtig sein.
    Xoralundra beugte sich zu Horza vor, so daß sein Schatten
über den Tisch fiel. Sein großer Kopf, sattelförmig,
wenn man ihn genau von vorn betrachtete, ragte über dem Wandler
auf. Die beiden dicht an den Rändern stehenden Vorderaugen sahen
ihn klar und ohne Blinzeln an. »Du hast Glück gehabt,
Horza. Wir sind nicht aus Mitleid gekommen, dich zu retten. Das
Versagen trägt seinen eigenen Lohn in sich.«
    »Danke, Xora. Das ist tatsächlich das Netteste, was ich
heute den ganzen Tag zu hören bekommen habe.« Horza lehnte
sich auf seinem Sitz zurück und fuhr sich mit seiner alt
wirkenden Hand durch sein dünnes, vergilbendes Haar. Er
würde ein paar Tage brauchen, um das Aussehen eines alten
Mannes, das er angenommen hatte, wieder verschwinden zu lassen,
obwohl er bereits spürte, wie es von ihm abzugleiten begann. Im
Gehirn eines Wandlers wurde ein Bild seiner selbst auf
halbbewußter Ebene gespeichert und ständig
überprüft und auf diese Weise das gewünschte Aussehen
aufrechterhalten. Horza hatte es jetzt nicht mehr nötig, wie ein
Gerontokrat auszusehen, so daß das mentale Bild des Ministers,
den er für die Idiraner dargestellt hatte, in Stücke fiel
und sich auflöste. Die Folge war, daß sein Körper zu
seinem normalen neutralen Zustand zurückkehrte.
    Xoralundras Kopf bewegte sich zwischen den Rändern des
Anzugkragens langsam von einer Seite zur anderen. Horza war es bis
heute nicht gelungen, diese Geste vollständig zu interpretieren,
obwohl er für die Idiraner gearbeitet hatte und Xoralundra schon
seit geraumer Zeit vor dem Krieg kannte.
    »Jedenfalls sind Sie am Leben«, sagte Xoralundra. Horza
nickte und trommelte mit den Fingern auf den Tisch, um zu zeigen,
daß er ihm beipflichtete. Er wünschte, der
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