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Bd. 3 - Der dunkle Stern

Bd. 3 - Der dunkle Stern

Titel: Bd. 3 - Der dunkle Stern
Autoren: Walter H. Hunt
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gefangen und können nicht den Kopf heben.«
    Nun war Jackie diejenige, die wütend wurde.
    »Ich habe das Tal gesehen und bin von dort zurückgekehrt. Sie kennen nur die Rhetorik, weiter nichts. Was wollen Sie? Mich herausfordern?«
    Ch’en’ya bewegte eine Hand ein winziges Stück weit in Richtung ehya, doch Jackie rührte sich nicht. Wenn ihr Gegenüber eine Klinge gegen sie richten wollte, würde sie sich früh genug damit auseinandersetzen.
    »Warum haben Sie mich nicht getötet, als Sie mich fanden?«, wollte Ch’en’ya wissen.
    »Ich dachte, Sie würden sich zur Kriegerin entwickeln.«
    »So, so. Und wieso bin ich jetzt noch keine Kriegerin?« Ihre Hände entspannten sich ein wenig, während sich Jackie alle Mühe gab, ruhig zu bleiben.
    Inzwischen war Pyotr auf den Wortwechsel aufmerksam geworden. Zwar sagte er nichts, doch auch wenn er die Hochsprache nicht verstand, schien er zu ahnen, worüber sich die beiden unterhielten.
    »Ein Krieger kennt Inneren Frieden«, erklärte Jackie.
    »Aha. Und Sie kennen ihn? Oder sind Sie als naZora’e davon freigestellt?« Ch’en’yas Zorn hatte kein bisschen nachgelassen.
    »Wieso glauben Sie, ich würde keinen Inneren Frieden kennen?«
    »Eine Fühlende weiß das«, gab sie sarkastisch zurück.
    »Hören Sie mit diesem Unsinn auf. Der Täuscher kann den Hohen Lord verwirren. Zur Zeit von esHu’ur erkannte hi’i Sse’e, dass das Volk vom Täuscher in den Krieg hineingezogen worden war.«
    »Das hier ist etwas anderes«, protestierte Ch’en’ya.
    »Nein, es ist nichts anderes. Der Täuscher wollte, dass die Menschen und das Volk gegeneinander kämpfen. Der Täuscher will, dass auch wir beide kämpfen. Aber ich gehe darauf nicht ein.«
    Mit diesen Worten wandte Jackie sich von Ch’en’ya ab und verließ die Brücke. Zwar jagte die Zor ihr nicht die Klinge in den Rücken, doch Jackie konnte die Blicke spüren, die sich ihr ins Genick bohrten.
    Auf dem Übungsplatz unterhalb des Sanktuariums folgte Ch’en’ya langsam den vorgegebenen Figuren, hielt ihr chya vor sich ausgestreckt und nahm keine Notiz von den anderen Schülern ringsum, auch nicht von jenen, die vom Balkon aus die Übungen beobachteten.
    »Sie ist undiszipliniert und voller Zorn«, sagte Byar, dessen Flügel Geduld andeuteten. »Aber das war auch nicht anders zu erwarten.« Er wandte sich um und sah Jackie an. »Aber sie lernt jede ihrer Lektionen, und man muss sie auch nicht daran erinnern. Ihre Fühlenden-Kraft …« Er breitete die Arme aus. »Sie ist die Tochter ihrer Mutter.«
    »Hoffen wir bei esLi, dass sie auch anderes von ihrer Mutter geerbt hat«, sagte Jackie.
    »Zum Beispiel?«
    »Einen zivilen Umgangston, Geduld.«
    »Keiner von beiden Punkten ist mir als Problem aufgefallen, se Jackie. Sie spricht mit mir und mit den Lehrern stets höflich, und sie scheint bereit, in dem von uns vorgegebenen Tempo zu lernen. Sie wirkt sehr … entschlossen.«
    »Sie trägt die Kraft des Wahnsinns in sich.«
    »Ja, natürlich.« Sie begaben sich in das Innere des Sanktuariums. »Auch das war zu erwarten. Aber ihre Fähigkeiten können genutzt werden.«
    »Das hatte ich befürchtet.«
    »Wir befinden uns im Krieg, se Jackie. Ich muss Sie nicht daran erinnern.« Sie gingen durch den Türbogen, ließen das helle orangefarbene Sonnenlicht hinter sich und betraten einen nur schwach beleuchteten, kühlen Korridor. »Wir können es uns nicht leisten, eine mögliche Hilfe auszuschlagen.«
    »›Bettler können keine Ansprüche stellen.‹«
    »Wenn ich diese Bemerkung richtig verstanden habe, dann haben Sie recht. Wir werden hier in Kürze Ihren Plänen entsprechend Menschen ausbilden. Einige Mitarbeiter des Sanktuariums halten das für den falschen Weg, doch niemand ist bereit, Ihnen zu widersprechen.«
    »Glücklich sind sie darüber aber nicht.«
    »Sie werden Ihnen nicht widersprechen«, wiederholte er. Sie durchschritten eine großzügige Rotunde, die im oberen Bereich mit Sitzstangen und Zugängen gesäumt war. Unter ihnen befanden sich weitere Ebenen.
    Gemeinsam betraten sie einen Alkoven, von dem aus sie den Sonnenuntergang betrachten konnten. Jackie lehnte sich gegen einen flachen Tisch, auf dem eine verzierte Flasche und dazu passende Gläser standen. Gleich daneben lagen einige Bücher. Byar flog mit einem Satz auf eine Sitzstange.
    Jackie stand mit verschränkten Armen da. »Als wir in Sharia’a waren, se Byar«, sagte sie, »habe ich wohl den Zerstörer gesehen.«
    »Die Nemesis der
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