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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben
Autoren: Hans Fallada
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Stuff …«
    »Das wußte ich, daß Sie mich kennen …« Stuff läßt ihn los und betrachtet ihn prüfend. Kalübbe schaut schweigend, noch immer schneeweiß, über seine Schulter.
    Der Jüngling steht auf und verbeugt sich. »Gestatten Sie, Henning. Georg Henning. Und entschuldigen Sie den kleinen Scherz, ich bin noch etwas kindlich.«
    »Wahrscheinlich«, sagt Stuff. Und zu Kalübbe gewendet: »Keine Angst mehr. Der schwatzt nicht.«
    »Sehen Sie hier, das Stenogramm. Es wandere in den Orkus. Und nun spülen wir kräftig nach. Unwiederbringlich!«
    »Und was möchten Sie nun?« fragt Stuff. »Denn daß Sie so ganz ohne …?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber anders. Wie Sie sich’s denken, geht es nicht. Wenigstens nicht so allein. Es gibt nämlich eine Photographie von dem Strohfeuer und den ausbrechenden Ochsen.«
    »Unmöglich!«
    »Vielleicht gibt es sogar zwei Aufnahmen!«
    »Ich sollte das nicht wissen?!« fragt Stuff empört.
    »Warte!« ruft Kalübbe erregt. »Warte einmal. Er hat recht. Daß ich nie mehr daran gedacht habe! Da war ein Kerl von einer Zeitung, wollte schon die Auktion knipsen. Dann sah |47| ich ihn wieder, hinter einem Baum, beim Strohfeuer nach Haselhorst zu. Und schließlich, grade als es durch die Flammen ging … Ein Bauer, ein schwarzbärtiger Kerl, schlug ihm den Kasten aus der Hand.«
    »Und dieser junge Mann«, sagt Herr Georg Henning, »dieser junge Mann ist Mitglied Ihrer Zeitung, Herr Stuff, und heißt Tredup.«
    Stuff starrt Henning an, wendet sich dann zu Kalübbe, der bejahend mit dem Kopf nickt. Stuff senkt den seinen, greift in die Tasche, spielt mit Schlüsseln. Sieht sich um, fängt an mit der Uhrkette zu spielen.
    Alle drei schweigen.
    »Ich will Ihnen etwas sagen, meine Herren. Ich kenne Sie nicht, Herr Henning, und brauche Sie auch nicht weiter zu kennen. Ich weiß Bescheid.
    Also am Abend nach der Ochsenpfändung kommt der Tredup erregt zu mir, will einen Bericht schreiben. Eine halbe Spalte. Es werden zwei. Nun ist die Sache so, daß der Tredup kein Gehalt kriegt, nur Prozente von den Annoncen, und wenn er was schreibt, fünf Pfennig für die Zeile.
    Ich sage zu ihm: ›Tredup, Ihr Bericht ist gut, aber er ist Mist. Ich weiß, es geht Ihnen dreckig, Sie haben Frau und Kinder, aber diesen Bericht nehme ich Ihnen nicht ab. Diesen Bericht stecke ich eigenhändig in den Bleiofen. Dies ist eine Bauernsache und eine Regierungssache und geht die Stadt Altholm und die Leser der Altholmschen „Chronik“ einen Dreck an.‹«
    »Und was tat Tredup? Schimpfte er?«
    »Nein, das tat er grade nicht. Er sagte nur, immer, wenn er was Gutes hätte, nähme ich es nicht. Und ging ab. Und spricht seitdem kein Wort mit mir, schreibt mir keine Zeile, hilft mir bei keiner Arbeit.«
    Henning fragt: »Und er hat nichts gesagt, daß er geknipst hat?«
    »Das ist es ja grade. Kein Wort.«
    »Dann hat er was vor.«
    |48| »Oder die Photos sind nichts geworden?«
    »Warum hätte er dann davon geschwiegen. An dem Abend hatte er sie doch noch gar nicht entwickelt!«
    Henning sagt: »Morgen ist der Lokaltermin, und bis dahin müssen wir wissen, ob es Photographien gibt oder nicht. Sie, Kalübbe, sind außen vor. Der Zug fährt um halb zehn. Bis dahin haben Sie Bescheid wegen Ihrer Aussage. Sie gehen jetzt los, Stuff, und wir treffen uns dann Ecke Stolper Straße und Burstah. Der Tredup wohnt Stolper Straße 72. Gegen halb eins werden wir da sein. Da kommt er aus dem Schlaf und läßt sich leichter bluffen.«
    »Der reine Feldherr! – Sie waren draußen? Natürlich.«
    »Nur das letzte halbe Jahr. Ich war zu jung. Aber nachher noch: Baltikum, Ruhr, Oberschlesien, wo was los war.«
    »Merkt man. Also denn vorläufig!«
    Endlich wird die Toilette frei.

    4

    In der Stolper Straße brennen nachts nach zwölf kaum noch Laternen. Die beiden Männer gesellen sich schweigend zueinander und machen sich auf den Weg.
    Dann fragt Stuff: »Was wurde übrigens mit dem Ochsen von Thiel?«
    »Eingefangen und geschlachtet.«
    »Natürlich. Aufstallen wäre zu gefährlich.«
    »Natürlich. Es gibt immer Verräter.«
    Sie gehen schweigend weiter.
    Wieder fängt Stuff an: »Ich war nur ein halbes Jahr an der Front. Sonst die ganzen vier Jahre Etappenschwein. Aber ich habe nie etwas dazu getan, mich zu drücken. Es kam daher, weil ich Setzer gelernt habe und man Setzer brauchte.«
    »Im Baltikum war es am besten«, sagt der andere nachdenklich. »Gott! So im fremden Land Herr sein! Keine Zivilbevölkerung, |49| auf
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