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BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko

BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko

Titel: BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
Autoren: Michael A. Stackpole
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Angedenken derer feiern, die wir lieben, und derer, die nicht mehr unter uns weilen.«
Kai blieb noch einen letzten Augenblick am Rand des Grabes stehen und beugte den Kopf. »Wenn Sie meinen Vater sehen«, murmelte er, »richten Sie ihm bitte aus, sein Sohn liebt ihn.« Er bekreuzigte sich noch einmal, dann stiefelte er hinter Morgan und dessen Sohn her und drehte sich nicht mehr um. Hinter ihm legte sich der dichter werdende Nebel wie ein Totenschleier über den Friedhof.
2
    Tharkad City, Tharkad
Distrikt Donegal, Vereinigtes Commonwealth
    19. Dezember 3055
    Allein am Grab seiner Mutter fühlte sich Prinz Victor lan SteinerDavion wie ein Gefangener im Netz der Interpretationen, mit denen die Öffentlichkeit jede seiner Handlungen quittierte. Viele würden die Tatsache, daß er allein hierhergekommen war und Pressevertreter ebenso ausgeschlossen hatte wie seine Adjutanten, als den Wunsch eines liebenden Sohnes auslegen, privat um seine Mutter zu trauern. Zahllose Bewohner seines über tausend Lichtjahre durchmessenden Reiches würden diese Interpretation akzeptieren. Aber er wußte auch, daß die meisten davon innerhalb der Grenzen der Vereinigten Sonnen lebten, dem alten Reich seines Vaters.
    Der kleinwüchsige Prinz sank auf ein Knie. Er ignorierte den beißenden Frostwind, der über den schneebedeckten Friedhof peitschte. Er öffnete die unteren Knöpfe seines langen grauen Wollmantels, dann nahm er die Mütze ab. Der Wind zerrte an seinen sandblonden Haaren, und unter dem Biß der eisigen Schneeflocken kniff er die Augen zusammen.
    Die ewige Flamme am Fuß des Grabsteins seiner Mutter zischte und knatterte. Jede Schneeflocke, die in ihre Nähe kam, schmolz augenblicklich. Das Wasser auf der Steinoberfläche ringsum gefror oder verflüssigte sich, je nachdem, welches Element – Luft oder Feuer – gerade die Oberhand behielt.
    Victor grub die behandschuhten Hände in den Schnee vor dem Grabstein. Er löste sich in unregelmäßigen Bruchstücken, wie ein Puzzle, das unter seinen Händen zerbrach. Der Wind trug die leichteren Schneebrocken davon und ließ die schwereren Eisklumpen in seinen Händen zurück. Er grub sie aus und häufte den Schnee sorgfältig auf der anderen Seite der langen Schachtel, die er aus dem wartenden Schweber mit hierhergebracht hatte.
Victor wußte, daß irgendwo außer Sicht bestimmt irgendein Journalist hockte, der sein Bild einfing, digitalisierte, möglicherweise auch nachbearbeitete, um dem Universum einen Bericht darüber abzuliefern, was Victor Steiner-Davion, Prinz des Vereinigten Commonwealth, hier tat. Die Skandalvids würden seine Handlungen vielleicht als verzweifelten Versuch darstellen, seine Mutter wieder auszugraben oder verräterische Hinweise zu beseitigen, die jenseits aller Zweifel bestätigen könnten, daß seine Mutter nicht wirklich durch das Bombenattentat genau sechs Monate vor diesem Besuch gestorben war. Er konnte nichts an dem ändern, was man aus seinem Besuch machen würde, das wußte er. Deshalb suchte er Trost in dem Rat seiner Schwester Katherine: »Es gibt keine schlechte Publicity, Victor.«
    »O doch, Katherine, die gibt es.« Victor zitterte. Er weigerte sich beharrlich, seiner Schwester den Namen ihrer Großmutter zuzugestehen, auch wenn sie inzwischen jeder andere im Reich als Katrina kannte. »Es gibt so etwas wie schlechte Publicity, und Ryan Steiner orchestriert sie mit verdammtem Geschick.«
    Die Wut auf Ryan gab ihm die Kraft, weiterzugraben und die Inschrift im Granitsockel des Grabsteins freizulegen. »Melissa SteinerDavion, liebende Ehefrau, treusorgende Mutter und gute Herrscherin.« Er lächelte, als er die Worte zum wiederholten Male las. »Ich weiß, du würdest dich freuen, daß man sich so an dich erinnert, Mutter.«
    Der Prinz zögerte. Plötzlich fragte er sich, ob es klug war, laut mit der hier unter Stein und Eis Begrabenen zu reden. In seinem Herzen erschien es normal und natürlich, so mit seiner Mutter zu sprechen, aber es war nicht schwer, sich vorzustellen, wie man das Gemurmel am Grab seiner Mutter gegen ihn auslegen würde. Schon die leiseste Andeutung konnte genügen, um Ryan Steiner und seine Lakaien ein Netz aus Lügen spinnen zu lassen, das aus Victor einen abergläubischen Narren machte, der erst den Rat von Geistern einholte, bevor er Entscheidungen traf.
    Beinahe hätte Victor aus Wut darüber die rechte Faust in den Stein getrieben, aber er beherrschte sich. Dann gestattete er sich die Andeutung eines Lächelns. Der
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