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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
Autoren: Jonathan Stroud
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nichts.
    »Und?«, fing ich an, »alles klar?« Ein unartikulierter Laut. »Sind wir wieder gut angeschrieben?« Ein kurzes Nicken. »Hat man dich befördert?«
    »Chef der Inneren Sicherheit. Jüngster Minister aller Zeiten.«
    Der Minotaurus stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Was sind wir doch mal wieder schlau gewesen!«
    »Es ist ein Anfang. Zum Glück bin ich nicht mehr von Whitwell abhängig.«
    »Und der Stab? Durftest du ihn behalten?«
    Eine säuerliche Miene. Er spießte ein Stück Blutwurst auf. »Nein. Der ist in den Tresor gewandert, angeblich aus ›Sicherheitsgründen‹. Niemand darf ihn benutzen.« Sein Gesicht erhellte sich. »Aber falls es wieder Krieg gibt, wird er ja vielleicht wieder rausgeholt. Zum Beispiel demnächst beim Feldzug gegen Amerika…« Er trank einen Schluck Kaffee. »Offenbar geht es dort nicht allzu gut voran. Man wird sehen. Ich muss erst mal gründlich darüber nachdenken, wie ich weiter vorgehe.«
    »Stimmt. Zum Beispiel darüber, wie man das Ding überhaupt in Gang bringt.«
    Er warf mir einen finsteren Blick zu. »Ich habe den Stab in Gang gebracht! Ich habe bloß ein paar Schutzklauseln und die Richtungsformel ausgelassen, das ist alles.«
    »Anders ausgedrückt, du hast es verpatzt, Kumpel. Was passiert jetzt mit Duvall?«
    Mein Herr kaute bedächtig. »Den hat man in den Tower gebracht. Miss Whitwell ist jetzt wieder Chefin der Sicherheit. Sie soll das Verhör leiten. Gib mir mal das Salz.«
    Der Minotaurus gehorchte.
    Mein Herr war nicht der Einzige, der allen Grund hatte, zufrieden zu sein. Mir selbst ging es nicht anders. Schließlich hatte Nathanael gelobt, mich zu entlassen, sobald das Rätsel um den geheimnisvollen Angreifer gelöst war, und das war es ja wohl, auch wenn ich das dumpfe Gefühl hatte, dass das eine oder andere Detail noch einer abschließenden Klärung bedurft hätte. Aber was ging mich das an… Ich wartete mit freudiger Zuversicht auf meine Entlassung.
    Und wartete.
    Mehrere Tage vergingen, in denen der Junge zu beschäftigt war, um auf meine diesbezügliche Nachfrage einzugehen. Schließlich musste er sich mit seinen neuen Aufgaben vertraut machen und an Wichtigwichtig-Sitzungen teilnehmen, in denen die Duvall-Affäre diskutiert wurde; außerdem zog er bei seiner ehemaligen Meisterin aus und kaufte sich von seinem neuen Gehalt und einer großzügigen Prämie des dankbaren Premierministers ein protziges Stadthaus an einem begrünten Platz unweit von Westminster. Letzteres Vorhaben bescherte mir eine Reihe zweifelhafter Aufträge, die im Einzelnen zu erläutern hier zu weit führen würde. 94
(Unter anderem ging es um Tünche, Tapeten und hektoliterweise Reinigungsmittel. Mehr sage ich dazu nicht. )
Er besuchte Festivitäten in der Residenz des Premierministers in Richmond, arrangierte Betriebsfeiern für seine neuen Untergebenen und verbrachte die Abende im Theater, wo er sich schauderhaft geschmacklose Stücke ansah, für die er unerklärlicherweise ein Faible entwickelt hatte. Kurzum, er führte ein ausgesprochen stressiges Leben.
    Sobald es sich irgendwie ergab, erinnerte ich ihn an sein Versprechen.
    »Ja, ja«, sagte er dann, wenn er morgens zur Tür rausrauschte, »das erledigen wir demnächst. Jetzt erst noch mal zu den Vorhängen in meinem Empfangszimmer: Ich brauche eine Bahn perlmuttgraue Seide, und zwar von Fieldings, und wenn du grade dort bist, kannst du gleich noch ein paar Sofakissen mitbringen. Außerdem brauche ich fürs Bad noch ein paar Taschkenter Zierfliesen.« 95
( In dieser Beziehung glich er neunzig Prozent aller Zauberer. Wenn sie gerade nicht damit beschäftigt sind, einander eins auszuwischen, umgeben sie sich mit den schönen Dingen des Lebens. Üppige Polstermöbel rangieren auf ihrer Wunschliste ganz oben, und immer ist es der arme Dschinn, der alles anschleppen muss. Die ausgefallensten Wünsche hatten die persischen Zauberer, bei denen mussten wir ganze Paläste von einem Land ins nächste versetzen oder Schlösser in den Wolken oder gar unter Wasser errichten. Ein Zauberer wollte sogar einen Palast ganz aus Glas. Eine blödsinnige Idee, mal abgesehen von der mangelnden Intimsphäre. Wir erbauten den Palast an nur einem Abend und er nahm ihn überglücklich in Besitz. Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, wirkten die Wände wie riesige Linsen und brachen die gleißenden Strahlen. Noch vor zwölf Uhr mittags waren der Zauberer und sein gesamter Hausstand ein Häufchen Rußflocken. )
    »Deine sechs Wochen
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