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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck
Autoren: Hakan Nesser
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dennoch, alles anzugeben, was von Bedeutung sein könnte. Als ich fertig war, reagierte er nicht sofort. Stattdessen beugte er sich über den Tisch und studierte Ewas Fotos etwas genauer.
    »All right«, sagte er dann. »Ich übernehme die Sache.«
    Ich war gar nicht auf die Idee gekommen, dass er hätte ablehnen können, erst jetzt erkannte ich, dass es wohl kaum ein Traumjob war, um den ich ihn hier bat.
    »Ich kann natürlich keinen Erfolg garantieren«, erklärte er. »Ich schlage vor, dass wir einen Monat abmachen. Wenn wir sie bis dahin nicht aufgespürt haben, dann fürchte ich, dass wir die Sache wohl abschreiben müssen. Ich nehme an, Sie wünschen Diskretion.«
    »Vollste Diskretion«, bestätigte ich.
    Er nickte.
    »Was das Honorar betrifft«, begann er das Gespräch abzuschließen, »so nehme ich nur die Hälfte, wenn ich keinen Erfolg vorzuweisen habe.«
    Er schrieb zwei Summen auf den Block vor sich und drehte ihn herum, damit ich sie lesen konnte. Ich begriff, dass es gar keinen Zweck hatte, seine Dienste nach dem vereinbarten Monat noch weiter in Anspruch zu nehmen.
    »Wie sehen Sie die Chancen?«, fragte ich.
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Wenn sie wirklich hier in der Stadt ist, dann werden wir sie wohl aufspüren. Ich habe einen kleinen Mitarbeiterstab.«
    »Wie Sherlock Holmes?«
    »So ungefähr. Hat sie einen Grund, unterzutauchen? Noch einen anderen, als was sich aus der Geschichte schließen lässt, meine ich.«
    Ich überlegte.
    »Nein ...«
    »Sie zögern.«
    »Jedenfalls keinen, den ich kenne.«
    »Und Sie haben sie seit drei Jahren nicht gesehen?«
    »Bald dreieinhalb.«
    Er drückte die Zigarette aus und stand auf.
    »Sind Sie wirklich sicher, dass Sie sie auch finden wollen?«
    Seine Hartnäckigkeit in diesem Punkt begann mich so langsam ein wenig zu ärgern.
    »Warum fragen Sie das?«
    »Weil die meisten nach drei Jahren über eine Frau hinweggekommen sind. Sie aber demnach nicht?«
    Ich stand auch auf.
    »Nein, ich nicht.«
    Er zuckte wieder mit den Schultern.
    »Sie können mir gleich ein paar Hunderter geben. Ich nehme an, dass Sie ab und zu vorbeischauen wollen, um zu hören, wie es läuft?«
    Ich nickte.
    »Dann würde ich montags und donnerstags vorschlagen. Wenn etwas Akutes passiert, dann lassen wir natürlich von uns hören.«
    Wir schüttelten uns die Hand, und ich verließ ihn. Als ich auf die Straße trat, hatte der Regen an Stärke wieder zugenommen, und ich entschloss mich schnell, in die erstbeste Bar zu schlüpfen.
    Sie hieß Nemesis, wie sich herausstellte, und während ich dasaß und mein dunkles Bier in mich hineinschlürfte, wusste ich nicht so recht, ob ich den Namen nun als ein gutes oder als ein schlechtes Omen ansehen sollte. Auf jeden Fall meinte ich, ein Gefühl der Bewegung spüren zu können nach dem trostlosen Auf-der-Stelle-Treten der letzten Wochen. Bis auf Weiteres beschloss ich, meine Hoffnung an diese vage Empfindung zu knüpfen.
    Und da der Regen anhielt, blieb ich noch einige Stunden im Nemesis sitzen, bevor ich mich einigermaßen trockenen Fußes nach Hause begeben konnte. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, wie spät es gewesen ist, als ich ins Bett kroch, aber als ich endlich aufwachte, war es jedenfalls Februar, und es lag eine rothaarige Frau an meiner Seite.
     
     
I ch fragte nie, wie sie eigentlich hieß, und sie schien auch kein Interesse daran zu haben, sich vorzustellen. Ohne viel Aufhebens duschte sie und verschwand dann. Das Einzige, was sie hinterließ, waren ein paar Haare auf dem Kopfkissen und ein schwacher Duft nach Chanel No.5.
    Ich selbst blieb im Bett liegen, bis sich die Dämmerung herabsenkte. Dann stand ich auf und machte mich endlich auf den Weg zur Bibliothek, aber draußen auf der Ruysdalekade war der Wind so stark, dass ich mich anders entschied. Ich kehrte um und kochte mir zu Hause stattdessen einen Zimtkaffee. Setzte mich mit Beatrice in den Sessel. Drehte die Heizung auf Maximum und hörte Bachs Brandenburgische Konzerte in dem zurückgelassenen Kassettenrecorder des Fotografen.
    Lauschte Bach und dachte an Ewa.
     
    Es war der 15. August, als wir losfuhren. Genau wie geplant verbrachten wir einige Tage in Deutschland, und ich spürte, dass ich sie wirklich liebte. Wir waren zu dem Zeitpunkt seit fast acht Jahren verheiratet, aber nie zuvor hatte ich es so intensiv gespürt. Etwas war zwischen uns gereift, und ich wusste, dass zwei Menschen es eigentlich nicht viel besser miteinander haben konnten als wir während
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