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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter
Autoren: Bernd Frenz
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von breiter, kräftiger Statur. Ihr dickes Gesicht bewies, dass sie ebenfalls gerne dem guten Essen und dem Weine frönte, ihr strohblondes Haar wirkte fettig und ungepflegt. Alles in allem eine eher herbe Schönheit.
    Der Weinkonsum stieg, die Stimmen der Tafelgäste wurden lauter. Über Tische und Bänke hinweg entwickelten sich lebhafte Aktivitäten. Ein aufmerksamer Beobachter bemerkte jedoch schnell, dass die fürstliche Leibwache das Herrscherpaar sorgsam von den übrigen Teilnehmern des abendlichen Spektakels abschirmte. Kein von verräterischer Hand geführter Dolch konnte bis zu Isaks aufgequollenem Fleisch dringen, keine vergiftete Speise an seinem Vorkoster vorbeigelangen. Keine Chance für einen überraschenden Anschlag, nicht einmal für einen Selbstmörder, der sich um eine anschließende Flucht nicht mehr zu sorgen brauchte.
    Je mehr der Trubel um ihn herum zunahm, desto mehr verspürte Arak einen Druck unter seiner Hirnschale, der ihn glauben ließ, der Schädel müsste ihm jeden Moment zerspringen. Dann war er als Neuankömmling an der Reihe, sein Talent zu beweisen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zusammenzureißen.
    Seine Hände zitterten, und jede Pore seiner Haut begann zu brennen. Trotzdem gelang ihm eine passable Vorstellung als Jongleur. Da die Begeisterungsstürme nicht allzu mitreißend waren, zeigte er noch eine Kostprobe seines Talentes als Taschendieb. Bei dieser Gelegenheit kam er auch den Regenten von Norsk recht nahe. Arak spürte förmlich die abschätzenden Blicke der Wachen in seinem Nacken, doch er war sich nicht sicher, ob er einen tieferen Eindruck hinterließ.
    Während die Fürstin ihn schlichtweg ignorierte, konzentrierte sich Isak von Norsk mehr auf eine andalusische Tänzerin, die nur spärlich bekleidet vor ihm auf dem Tisch tanzte. Isaks sichtliche Erregung äußerte sich, indem er seiner Frau zwischen die Beine griff, doch ein kräftiger Schlag der Fürstin wies ihn schnell zurecht.
    Das gesamte abendliche Gelage verwandelte sich allmählich in eine Orgie, die den berüchtigten Ausschweifungen norskischer Edelbordelle in keiner Weise nachstand. Kopulierende Paare wälzten sich zwischen fettigen Essensresten und umgestürzten Weinkelchen. Unter, auf und zwischen Tischen und Bänken rieben sich erregte Leiber in kleinen oder großen Gruppen wie in einem Fiebertraum aneinander. Verschwitzte, ineinander verschlungene Körper, die sich stöhnend aneinanderpressten, sich drückten und streichelten, die Feuchtigkeit der anderen tranken, einatmeten und in sich aufnahmen. Eine zuckende, sich windende Masse menschlichen Fleisches.
    Die allgemeine Erregung erreichte gerade ihren Höhepunkt, als Arak seine Vorstellung beendete. Der Applaus für ihn war recht spärlich, was nicht weiter verwunderlich war, denn die meisten der Gäste hatten mittlerweile alle Hände voll zu tun. Der Dieb aus Maron beschloss, den Saal zu verlassen.
    Auf seinem Weg zum Ausgang bemühte er sich redlich, auf keine der am Boden liegenden Gestalten zu treten, doch zahllose Hände streckten sich ihm fordernd entgegen, packten ihn und zogen ihn hinab in den Kreis der warmen Leiber.
    Arak zögerte kurz, denn nur die Götter wussten, wie lange er noch zu leben hatte. Bevor sich seine Gedanken im Rausch der Sinne verloren, warf er noch einmal verstohlen einen Blick auf die Fürstin, doch sie sah ihn nur an, als wäre er ein Stück Dreck.
    4.
    Der Dieb wollte sich gerade zur Ruhe legen, als zwei bewaffnete Wachen in sein Quartier traten. Wahre Giganten, die kein Wort sagten, sondern ihm nur bedeuteten mitzukommen. Gegen die beiden hatte Arak keine Chance, so fügte er sich seinem Schicksal und folgte ihnen.
    Anscheinend hatte Isak die drohende Gefahr sehr schnell erkannt, oder er wusste um die Gerüchte über sein Weib und wollte ihn als Nebenbuhler ausschalten. Letztendlich ließ Arak dies vollkommen kalt. Was immer ihn auch erwartete, alles war besser als das, was die Priester für ihn bereithielten.
    Wenigstens hatte er vorher noch einmal seinen Spaß gehabt.
    Sie führten ihn durch einen Nebeneingang in den Trakt des Fürstenpaares, vorbei an Wachen, die ihr Gesicht zur Wand gedreht hatten. Als sie ihn in ein mit Kerzen beleuchtetes Zimmer stießen, erwartete ihn nicht Isak, sondern dessen Frau.
    »Wer schickt dich?«, fauchte sie ihn ohne lange Vorreden an. »Die Priester von den Türmen? Bist du aus Maron?«
    Arak war überrascht, aber nicht verwirrt. Die offensichtliche Übereinstimmung der
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