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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter
Autoren: Bernd Frenz
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wusste nicht, was ihn mehr verwunderte. Die einsilbige Reaktion des sonst so geschwätzigen Wirtes oder die verstohlene Art und Weise, mit der dessen Schankmaid durch die rückwärtige Zwischentür schlüpfte. Ein kurzer Blick auf Almes honigblonden Haarschopf war alles, was der Bannstreiter von ihr zu sehen bekam, ehe sie eilends in der dampfenden Küche verschwand, aus der würziger Duft drang.
    Rorn spürte ein warnendes Prickeln im Nacken.
    Irgendetwas ging hier vor, er wusste nur nicht genau, was und warum.
    Schweigend langte er bei seinem Eckplatz an, der ein wenig abseits der übrigen Tische lag. Die aneinanderstoßenden Wände gewährten doppelte Rückendeckung, das kam ihm entgegen. Rasch entledigte er sich des schweren Ledermantels und warf ihn über einen Schemel. Rorn wollte nicht frieren, wenn es zurück in die klamme Kälte hinausging, und was er an Schutz durch die mit Eisenfäden durchwirkte Wattierung einbüßte, gewann er an Bewegungsfreiheit hinzu. Bei einem Scharmützel, das über Tische und Bänke hinweg ging, mochte das von Vorteil sein.
    Statt Grimmschnitter vom Waffengehänge zu lösen, ließ sich Rorn so nieder, dass der mit Leder umwickelte Schwertgriff neben seinem Oberschenkel aufragte. Falls es hart auf hart kam, zog er die Klinge auf diese Weise schneller aus der Scheide, als die meisten Anwesenden zwinkern konnten.
    Süßlich riechende Schwaden vernebelten den Raum. Einige Gäste verbrannten berauschende Kräuter in ihren Pfeifen, anders war das entbehrungsreiche Bergleben für sie nicht zu ertragen. Rorn störte sich nicht an dem Rauch, der sich unter der Decke sammelte, ihn kitzelten eher die aus der Küche hereinziehenden Bratendünste in der Nase.
    Müde wischte er sich eine schweißverklebte Strähne aus der Stirn.
    Niemand erwiderte den festen Blick, mit dem er die Tabakwolken zu durchdringen versuchte, abgesehen von der wohlhabenden Fremden, die am Schanktisch stand und ihm aufmunternd zulächelte.
    Rorns Mundwinkel rührten sich nicht, selbst als sie ihr rabenschwarzes Haar aus der Kapuze strich und über den Schultern auffächerte. Sie war von großem Liebreiz, ganz ohne Frage, trotzdem wusste er nicht, wie er sie einschätzen sollte. Ihre feingliedrigen Hände sahen weich und glatt aus. Nur schwer vorstellbar, dass sie regelmäßig harte Arbeit zu verrichten hatten. Ihre dunkle, leicht bronzefarbene Haut verriet die südländische Abstammung, ihre grünen Augen dagegen, dass auch thyrmisches Blut in ihren Adern floss.
    Unter einem haselnussbraunen Umhang, den eine Kragenspange hielt, blitzte ein blaues, für die raue Bergwelt viel zu dünnes Gewand hervor.
    Leuchtendes Blau – der teuerste Farbton, den Seidenweber und Färber zu bieten hatten. Einen derartigen Stoff vermochte sich niemand entlang des Hexenstiegs zu leisten, nicht einmal eine Schäferin, die ihre Geldkatze auffüllte, indem sie einsamen Reisenden die Zeit vertrieb. Außerdem sah die Fremde zwar prächtig genug aus, um als Konkubine eines reichen Händlers oder Adligen mühelos ein kleines Vermögen anzuhäufen, aber der unverhohlene Stolz in ihren smaragdgrün gesprenkelten Augen verriet, dass sie Männer für gewöhnlich lieber mit scharfem Stahl als mit ihren Fingern liebkoste.
    Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen, als hätte sie Rorns Gedanken erraten. Vermutlich belustigte sie aber vor allem, dass er nicht sofort aufsprang und sie auf einen Pokal des besten Weines einlud, den der Kreuzkrug zu bieten hatte.
    Dummes Ding! Sollte sie ihn ruhig für einen schüchternen Tropf halten! Hätte sie nur im Entferntesten geahnt, wie schnell er jenen, die ihm zu nahe kamen, den Tod brachte, wäre sie sicher schreiend davongelaufen.
    Rorn wandte den Blick ab, um weiter nach verdächtigen Anzeichen zu suchen, entdeckte aber immer noch nichts Ungewöhnliches. Die unterbrochenen Gespräche wurden langsam wieder aufgenommen, wenn auch wesentlich gedämpfter als vor seiner Ankunft.
    Hermok eilte mit einem schmutzigen Lappen herbei und wischte derart nachlässig über die saubere Tischplatte, dass sie danach verschmierter als zuvor aussah. »Was darf ich Euch bringen?«, fragte er, ohne seinen Gast dabei anzusehen.
    Rorn spürte erneut ein leichtes Ziehen im Nacken. Bisher war der Wirt noch nie zu einem Gast an den Tisch gekommen. »Alme soll mir ein wenig Brot und heißen Braten bringen«, verlangte der Bannstreiter. »Und etwas von dem dunklen Dünnbier, das du heute Mittag angestochen hast.«
    »Alme hütet
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