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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter
Autoren: Bernd Frenz
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äußeren Merkmale musste eine halbwegs intelligente Person misstrauisch machen. Aber sie hatte ihn zu sich bestellt, und damit waren alle Möglichkeiten offen.
    »Ich verstehe nicht, was Ihr meint!«, entgegnete er vorsichtig.
    »Halte mich nicht für ahnungslos. Ich bin vielleicht hässlich geworden, aber dumm bin ich nicht. Die Priester haben schon mehrmals versucht, jemanden hier einzuschleusen, aber so dreist waren sie noch nie. Dabei hätten sie nur einmal zu mir kommen müssen. Ich hätte ihnen schon gezeigt, wie sie das fette Schwein schlachten können.«
    Arak war immer noch vorsichtig. »Ihr hasst Euren Gemahl?«
    Tödliche Blitze schossen aus ihren Augen.
    »Ob ich ihn hasse? Dieser widerwärtige Unmensch hat mich um mein Glück gebracht! Er hat meinen Liebsten erschlagen und zwingt mich jede Nacht, ihm zu Willen zu sein. Nichts wünsche ich mir sehnlicher als seinen Tod! Aber ich kann ihn nicht selbst umbringen! Obwohl mir einige der Wachen treu ergeben sind, würde ein Anschlag auf Isaks Leben auch mein eigenes kosten. Außerdem ist da noch Zaned, der Hofmagier.«
    »Den lasst nur meine Sorge sein.«
    »Dann schicken dich die Priester? Du wirst ihn für mich töten?«
    Arak fasste den Griff des Dolches hinter seinem Rücken fester, bevor er alles auf eine Karte setzte. »Ja, sie schicken mich, und wenn Ihr mir helft, werden Sie Euch zur alleinigen Herrscherin über Norsk machen.«
    Die eben noch verärgerten Züge der Fürstin entspannten sich, Freudentränen traten in ihre Augen.
    »Ich wusste es«, stammelte sie erleichtert. »Ich wusste, dass es eines Tages so weit sein wird. Morgen Abend lasse ich dich erneut holen. Du wirst dich hier verstecken, bis ich Isak hergelockt habe, dann kannst du ihn in den Tod schicken. Doch vorher wollen wir uns etwas vergnügen.«
    Mit diesen Worten griff sie Arak schmerzhaft zwischen die Beine und drückte ihn gegen die Wand. Der erschöpfte Dieb aus Maron hätte diesen Teil des Planes gerne vermieden.
    Bis in die frühen Morgenstunden war die Fürstin mit ihm beschäftigt, trotzdem konnte Arak später in seinem Quartier nicht einschlafen. Gedanken wirbelten durch seinen Kopf, außerdem verschlimmerte sich der anhaltende Juckreiz seiner Haut. Die Flecken verfärbten sich langsam von dunkelblau zu schwarz und warfen Beulen.
    »Ich kann ihn nicht selbst töten«, hatte sie gesagt, »sonst würde es auch mein Leben kosten.«
    Das bedeutete nichts anderes, als dass sie einen Sündenbock brauchte, um ihn den Wachen zum Fraß vorzuwerfen. Wer das sein würde, war nicht schwer zu erraten. Doch Arak sah darin kein Problem. Er würde sie einfach töten, bevor sie um Hilfe rufen konnte. Danach musste er die Gemächer nur auf demselben Wege verlassen wie heute Morgen. Der Weg aus der Festung heraus stellte für einen geübten Kletterer wie ihn kein Problem dar.
    Die Zeit bis zum Anbruch der Nacht zog sich endlos hin …
    5.
    Als Arak im Zimmer der Fürstin auf sein Opfer wartete, beschlich ihn erneut eine dunkle Vorahnung seines baldigen Todes. Nervös kratzte er sich an den aufgequollenen, juckenden Flecken, die seine Arme, den Bauch und den Rücken bedeckten.
    Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen, und mehrere Wachsoldaten stürmten den Raum. Obwohl sich der glücklose Meuchelmörder hinter einem Vorhang versteckte, machten sie ihn sofort ausfindig, packten ihn und warfen ihn zu Boden. Wie ein Feldherr nach gewonnener Schlacht trat Isak ein. Mit einem abfälligen Lächeln auf den Lippen baute er sich vor Arak auf: »Was für ein miserabler Plan, ausgeführt von Stümpern. Was glaubt ihr eigentlich, mit wem ihr es zu tun habt? Hoch mit dem räudigen Hund.«
    Arak wurde emporgerissen und wieder auf die Füße gestellt. Draußen wimmelte es von Soldaten. Auf dem Gang lagen die beiden Riesen, die ihn am Abend zuvor zur Fürstin gebracht hatten. Die Treue zu ihr war ihnen schlecht bekommen. Ihre Kehlen waren durchschnitten, ihr Blut besudelte den Boden. Neben dem grinsenden Tyrannen stand seine schluchzende Gemahlin. Tränen quollen aus ihren Augen, Gesicht und Körper waren grün und blau geschlagen. Mit einer kurzen Geste bedeutete Isak seinen Wachen, den Meuchler loszulassen. Arak hielt dem stechenden Blick des Fürsten stand, doch seine Hand fuhr nervös unter seinen Umhang, wo er mit seinen Fingernägeln an einer besonders brennenden Stelle kratzte.
    Isak setzte ein gönnerhaftes Lächeln auf. »Niemand soll mir nachsagen können, ich hätte einen gefesselten Mann erschlagen.
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