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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter
Autoren: Bernd Frenz
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Kräutergärten für eine Handvoll Auserwählte.
    Doch niemand wagte es, gegen die hier Lebenden seine Stimme zu erheben. Die Gebäude glänzten alle in dunklem Onyx, wirkten von außen aber, als seien sie aus schwarzem Elfenbein geschnitzt. Im Zentrum der geometrisch angeordneten Hallen ragten drei schlanke Türme so weit in die Höhe, dass es fast wirkte, als würden sie mit ihren Spitzen den Himmel durchbohren.
    In diesen drei Türmen, die in ihrer Mitte miteinander verbunden waren, thronten die Priester von Maron. Von dort oben sahen sie auf ihre Stadt hinab, schmiedeten Ränke, nahmen Einfluss und vergrößerten ständig ihren Machtbereich. Sie beförderten Bettler zu Königen und stießen Herrscher vom Thron, ganz wie es ihnen beliebte. Sie entschieden über Aufstieg und Fall, über Leben und Tod.
    Arak wusste nicht, welchen der drei Türme er bestieg, doch er zählte 35 2 Stufen, die er bewältigen musste, bevor ihn die Schergen in einen kleinen Raum stießen. Durch eine winzige Maueröffnung fielen die Strahlen der Nachmittagssonne herein, ohne bis zum Boden zu gelangen. Irgendetwas schien die Helligkeit aufzusaugen und dem verblassenden Licht jede Wärme und Freundlichkeit zu nehmen, um es in etwas Düsteres, Unangenehmes zu verwandeln, das ihm körperliches Unbehagen verursachte.
    Es war Arak unmöglich, die Abmessungen des Raumes abzuschätzen. Alles verlor sich in dem ihn umgebenden Zwielicht, sodass er weder Wände noch Decke erkennen konnte. Als er sich herumdrehte, fand er noch nicht einmal die Tür wieder, durch die er gerade erst eingetreten war. Irgendwo im Dunklen wurden Räucherstäbchen abgebrannt, die einen betäubenden, süßlichen Duft verströmten, der sich schwer auf die Lungen legte. Die aufsteigende Atemnot versetzte Arak zusätzlich in Panik, trotzdem versuchte er so ruhig wie möglich seine Lage einzuschätzen.
    Nachdem seine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, schälten sich die Konturen einiger Gegenstände aus dem Zwielicht. Die spartanische Einrichtung des Zimmers bestand lediglich aus einem roh gezimmerten Tisch mit einem nicht sehr stabil wirkenden Holzstuhl. Zitternd ließ sich Arak darauf nieder, bevor ihm seine weichen Knie noch den Dienst versagten.
    Augenblicklich ergriff ihn ein unangenehmes Gefühl der Beobachtung.
    Irgendetwas war vor ihm …
    Etwas Unheimliches, für den menschlichen Geist nicht Fassbares, lauerte dort, wo die Schatten schwärzer waren als die finsterste Nacht. Diffuse Schemen wischten durch die Luft und ließen ihn erschauern.
    Verzweifelt versuchte er, seine überreizten Sinne zu beruhigen. Doch es gelang ihm nicht, die aufflammenden Erinnerungen an verbotene Geschichten zu unterdrücken, die sich die Bewohner von Maron zuflüsterten. Niemand ahnte, wie viele Priester es wirklich noch gab. Man wusste nur, dass sie einer alten Sekte angehörten, die im Besitz des Wissens um die in Vergessenheit geratenen Fähigkeiten war. Fähigkeiten, die in Vorzeiten nur von den Meistern der schwarzen Magie beherrscht wurden.
    In so mancher trockenen Gewitternacht entluden sich schwere Blitze um die drei Türme, als ob die Magier den Zorn der Götter entfachen würden. Die Priester schienen nicht zu altern, denn es gab sie bereits, solange man in Maron zurückdenken konnte. Manche hielten sie sogar für Überlebende aus jener Zeit, da Greifen und Zyklopen herrschten. Was auch immer der Wahrheit entsprechen mochte, eins war sicher, sie waren die wahren Herrscher über Maron, denn sowohl der König als auch die Stadtkommandanten gehorchten ihren Befehlen.
    Während Arak noch über seine ungewisse Zukunft brütete, bemerkte er den Hauch einer Bewegung vor sich. Er schaute in die Höhe und fuhr vor Schreck zusammen. Aus der kompakten Finsternis vor ihm lösten sich die Umrisse einer in einen grauen Umhang gehüllten Gestalt. Schweigend stellte der Unbekannte einen gefüllten Goldkelch auf die Tischplatte, wobei er für einen kurzen Moment die Sicht auf seine mageren, langgliedrigen Finger freigab, die nur aus mit Haut bespannten Knochen zu bestehen schienen. Ehe Arak auf diesen Anblick reagieren konnte, ließ der Mann seine Hände wieder in den weiten Ärmeln seines Umhanges verschwinden und baute sich drohend vor dem Dieb auf. Obwohl nur der Tisch die beiden voneinander trennte, fiel es Arak schwer, mehr als nur die Umrisse des Gegenübers auszumachen.
    Die Dunkelheit des Raumes verschwamm mit der grauen Kutte, die Konturen verwischten sich, als hätte er
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