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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Autoren: René Zeyer
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Geschwätz über Reformen des Finanzsektors, neue Gesetze, Behörden, Regeln, Sicherheiten. Warum brauchen wir das alles? Brauchen wir es überhaupt?
    Wir brauchen gar nichts Neues. Nur den klaren Blick. Wie konnte es denn so weit kommen, dass ein paar Finanzakrobaten in den USA und ihre notorischen Mitläufer in Europa weit über 1000 Milliarden Dollar, vermutlich eher 2000, verrösten konnten, ohne auch nur den kleinsten Rauch aufsteigen zu lassen? Interessanterweise darum, weil nichts verbrannt wurde. Es wurde nur abgezogen. Jahrelang, massiv und am helllichten Tag. Denn man muss sich immer vor Augen halten: Geld verschwindet nicht, wird auch nicht vernichtet (außer durch eine galoppierende Inflation), sondern umverteilt. Hat einer weniger, hat ein anderer mehr; so einfach ist das mit dem Geld.
    Das Ganze ist ein gigantischer, unverschämter, aber wohlorchestrierter Raub von ein paar Bankern am Vermögen von Millionen von Sparern und zukünftigen sowie aktiven Pensionären. Die Werkzeuge waren nicht Dietrich oder Schweißbrenner, sondern »Finanzinstrumente«, »Derivate«, »Hedgefonds«, »Financial Engineering«, CDO, RLN, Alt-A, »Private Banking«, »persönliche Vermögensberatung«, um nur einige Stichworte zu nennen. Produkte, die so gestaltet waren, dass weder der Erfinder noch der Verkäufer und erst recht nicht der Käufer den blassesten Schimmer hatten, worum es ging und geht.
    Was steckt denn Neues, Innovatives hinter all diesen Derivaten, Abkürzungen und dem Fachchinesisch? Die Antwort ist einfach: Gar nichts! Und schon gar nichts Neues. Am Anfang steht ein ebenso mittel- wie arbeitsloser Ami im Mittleren Westen der USA, und der möchte auch einmal auf großem Fuß leben. Zahllose Banken und Finanzinstitutionen ringen darum, ihm diesen Traum zu erfüllen. Bedingung: Er muss ein Haus auf sich eintragen lassen und den Kaufpreis von einer dieser »Banken«, nennen wir sie Pleitebank, bezahlen lassen. Und versprechen, dass er dann irgendeines Tages mal einen Zins und das Darlehen zurückbezahlt, was kein Problem darstellen wird, als das Haus dann zumal ja das Doppelte wert sein werde und er dies aus dem Mehrwert bewerkstelligen könne und das Haus dann ihm alleine gehöre. Ein großartiges Versprechen, da kann eigentlich nichts schiefgehen.
    Nun muss die Bank, die solch tolle Versprechungen macht, das entsprechende Geld von irgendwoher bekommen, im Banker-Talk: sich refinanzieren. Und da sie dies, basierend auf derartig windigen Darlehensnehmern, nicht bekommen kann, muss sie das Ganze »umpacken« respektive von Umpackspezialisten umpacken lassen.
    Sie hat aber noch einen anderen Grund, zu einer neuen Verpackung des unappetitlichen Happens zu schreiten: die Boni ihrer Manager. Doch davon später. Diese Darlehen sind in ihrer neuen Verpackung nicht mehr als faule Kredite erkennbar und können im Gegenteil als »Finanz-Hightechprodukte« den gierigen Abnehmern angedreht werden; je fauler, desto mehr Hightech. Dass die hochdotierten Spezialisten der Rating-Agenturen dazu nicht nur ihren Segen gaben, sondern sogar Höchstnoten verteilten, gibt einen ersten Hinweis darauf, dass es hier um mehr geht als Dummheit oder Gerissenheit. Am Schluss hat man die seit Tausenden von Jahren einfachste Transaktion – Kreditgewährung gegen Zinsen und die durch Sicherheiten gewährleistete Rückzahlung des Kredites – in einen komplexen, völlig undurchsichtigen Taschenspielertrick umgewandelt und als Resultat des neuen »Financial Engineering« verkauft, und das im Betrag von Tausenden von Milliarden von Dollars.
    Interessanterweise funktionierte dieses Mal der übelste aller üblen Tricks: der mit den Immobilien. Diese Lüge hatte bisher immer kurze Beine, einfach deshalb, weil sich ja wirklich jeder Finanzlaie in etwa ein Bild machen kann, was eine Holzhütte wert ist und was definitiv nicht. Wie ist es dann möglich, dass Millionen von einfachen Sparern, aber auch hochdotierte Bankdirektoren, Pensionskassenverwalter oder andere institutionelle Anleger einmal mehr auf den primitiven Trick hereinfallen?
    Die Erklärung ist vielleicht verblüffend, aber einfach: Sie wurden dazu gezwungen. Wer in den letzten zehn Jahren sein sauer verdientes Geld als Sicherheit für das Alter, die Ausbildung der Kinder oder einen späteren Hauskauf auf die Seite legte, verlor jeden Tag Geld, und je mehr er sparte, desto mehr verlor er. Die Zinsen kompensierten bestenfalls die Teuerung, sie lagen aber regelmäßig darunter, besonders,
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