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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Autoren: René Zeyer
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mit seinem Gedankengang über die Verwandtschaft zwischen Banken und Schokoladefabrikanten noch nicht ganz fertig.
    Also schob er sich eine weitere Kugel von den hellen in den Mund und lehnte sich bequem zurück. Schokolade ist ja schon eine ganze Weile erfunden, dachte er dann, genauso wie Bankgeschäfte. Jemand hat Geld, jemand braucht Geld, und dazwischen schiebt sich die Bank und versucht herauszukriegen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Geld wieder zurückkommt. Der Vergleich zu anderen Investitionsmöglichkeiten ergibt dann den jeweiligen Zins, den der Geldverleiher für seine Kohle kriegt, und den Basiszins bestimmt sowieso die diensttuende Nationalbank, die ja als Einzige Geld drucken darf.
    So, grinste Äbersold, und dann haben wir Banken einfach ein paar Geschäftsmodelle von Schokoladeherstellern abgekupfert. Die Hundert-Gramm-Tafel Schokolade von Stützli kostet, sagen wir mal, zwei Franken. Die gleiche Schokolade in Kugelform kostet aber schon zwei Franken achtzig pro hundert Gramm. Damit das der Kunde nicht sofort merkt, gibt’s die dann halt in der 335-Gramm-Pakung für neun Franken vierzig – da ist ja auch viel mehr drin. Dann gibt es die edel verpackte Tafelschokolade mit Schleifchen und anderem Gewicht, aber für drei Franken fünfzehn pro hundert Gramm. Und als Angebot in der Oberliga haben wir noch die handverlesenen und einzeln verpackten Kügelchen in der 225-Gramm-Edeltüte für elf fünfzig, damit niemand merkt, dass nun hundert Gramm sogar fünf Franken zehn kosten.
    Und genau das Gleiche machen wir ja auch mit unseren modernen Finanzinstrumenten, Hedgefonds, Fonds of Fonds, Future Option Swaps, CDO, ABS und wie das Zeugs alles heißt. Das gleiche Bankgeschäft, einfach der gleiche Kram x-mal umverpackt, bis niemand mehr versteht, was er da eigentlich kauft, und vor allem nicht kapiert, dass er für die gleiche Schokolade doppelt so viel zahlt. Na ja, da muss man gerecht sein, dachte Äbersold dann und zerbiss die nächste Kugel, am Schluss ist bei den Schokoladeherstellern immerhin Schokolade drin, bei uns nur heiße Luft, gerne auch unvorhersehbare Marktentwicklung genannt.
    Blöd ist nur, dass Schokoladehersteller wenigstens wissen, wie man Schokolade herstellt. Als wir anfingen, von Allfinanzbanken zu träumen, also auf den von uns unter den Nagel gerissenen Aktienhandel, die Anlage- und Erbschaftsberatung auch noch Versicherungen draufklebten und die als Finanzdienstleistung verkaufen wollten und umgekehrt, da kam dann endgültig, trotz Heerscharen von Investionsmodellschnitzern, Supercomputern und Analysten, Spezialisten, Black Belts und MBAs, schlichtweg kein Schwein mehr draus.
    Eigentlich sollte das ja nur der Gewinnmaximierung und der Verwirrung der Kunden dienen. Aber dann ging alles in die Hose, alle waren verwirrt, nicht nur die Kunden, wir auch, die Gewinne gingen in den Keller, ein paar Oberpfeifen mussten von ihren Schreibtischen weggezerrt werden, obwohl sie gerne Teil der Lösung des Problems gewesen wären, das sie selber in die Welt gesetzt hatten, und Papa Staat zahlt die Zeche, dem man vorher noch arrogant zugerufen hatte, er solle sich gefälligst nicht in unsere Geschäfte einmischen und nicht den dank uns erfolgten ungeheuerlichen Wirtschaftsaufschwung stören.
    Also eigentlich zahlt der Steuerzahler die Zeche, murmelte Äbersold, also ich auch, und diesen meinen Beitrag zum Wegräumen des ganzen Mists, den wir Banker angerichtet haben, sollte man auch mal genügend würdigen. Denn er ist ja gigantisch, alleine für meinen Bonus im letzten Jahr muss ich mehr als zweihundertfünzigtausend Eier abdrücken, mehr als fünfzig durchschnittliche Steuerzahler zusammen. Und da soll noch einer sagen, wir Banker leisteten nicht unseren Beitrag für die Allgemeinheit. Und vergnügt futterte Äbersold das ganze Tütchen Truffe leer.
Siebenundachtzig
    »Ich hätte da mal eine Frage, Herr Kuster«, sagte Steinfeld, bis zum letzten Taucher der EBS noch siebenunddreißig Tonnen schwer, seit zwei Tagen nur noch dreiunddreißig. Nichts Böses ahnend machte Kuster eine zustimmende Handbewegung und sagte: »Darf ich Ihnen noch ein stilles Wasser bringen lassen?« Das gehörte schließlich zum Service in den mittelvornehmen Besprechungszimmern seiner Privatbank, zwar keine Stilmöbel, aber immerhin auch kein sinnlos rumstehender TV-Apparat auf einem ausgeleierten Rolltischchen.
    »Nun, Sie sagen doch, einen Teil meiner Vermögensverwaltungsgebühr bezahle ich für die
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