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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo
Autoren: John Burdett
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zwischen Armee und Polizei nicht neu seien. Jeder Thai hat von dem großen Showdown oben in Chiang Mai in den Fünfzigern gehört (so mancher erinnert sich sogar noch selbst daran), als ein Bürgerkrieg auszubrechen drohte, in dem es darum ging, wem eine riesige Opiumlieferung gehöre, die die Kuomintang (mit dem stillschweigenden Einverständnis der CIA) per Zug nach Thailand geschickt hatte. Die Krise konnte erst nach drei Tagen durch einen Kompromiß bereinigt werden: Man beschloß, die gesamte Lieferung ins Meer zu kippen. Angeblich wurde das Versenken vom Polizeipräsidenten organisiert. Jetzt scheint dieser ewige Kampf zwischen Vikorn und Zinna fortgeführt zu werden. Was Pisit uns nicht vorneweg verraten hat: Seine heutigen Informationen stammen von Zinna höchstpersönlich.
     
    Pisit: General Zinna, es ist mir eine große Ehre, Sie heute in meiner Sendung begrüßen zu dürfen. Nach der Bewältigung der schwierigen Situation sind Sie sicher erschöpft, aber auch erleichtert.
    Zinna: Was für eine schwierige Situation?
    Pisit: Ich meine die Verhandlung.
    Zinna: Ach so, die. Ein gewisser Polizei-Colonel wollte mir etwas anhängen, das weiß doch jeder.
    Pisit: Aber General, wenn das stimmt, ist das das reinste Dynamit. Gibt es denn einen Grund, warum dieser Polizei-Colonel, dessen Namen wir nicht nennen werden, oder irgendein anderer Polizist an Ihrem Sturz interessiert sein sollte?
    Zinna: Ganz einfach – sie haben Angst, selbst an den Pranger gestellt zu werden. Im Moment wird Thailand von der Polizei beherrscht. Schauen Sie sich doch mal die täglichen Nachrichten an. Darin finden wir Berichte über Polizeikorruption im ganzen Land, auf allen Ebenen des Polizeiapparats, aber es wird nicht das geringste dagegen unternommen. Warum? Weil sogar die Regierung Angst vor der Polizei hat. Die Polizei ist zur einzigen in sich geschlossenen Macht in unserem Land geworden, nennt das Ganze aber Demokratie – besonders der Polizei-Colonel, von dem in diesem Gespräch schon einmal die Rede war. Natürlich sind das alles nur Machtspielchen. Das ist das Problem mit dem Westen: Er ist kindlich oberflächlich. Sobald jemand ein System aufbaut, das dem seinen ähnelt, egal, wie unvollkommen und korrupt, kann er sich seines Lobes gewiß sein. Aber wehe, er wagt einen anderen Ansatz – dann versucht der Westen sofort, das zu unterminieren. Was die Cops so clever geschaffen haben, ist ein Polizeistaat im Gewand einer Demokratie. Kein Wunder, daß die farangs uns lieben: Wir haben ja genau ihr System übernommen.
    Pisit: Und die Polizei hat Angst vor der Armee, weil sie die einzige brauchbare Alternative darstellt?
    Zinna: Genau. Und die einzige Einheit, die mächtig genug ist, sie zu entlarven, ohne selbst Schaden zu nehmen.
    Pisit: Dabei geht es nicht um Rivalitäten hinsichtlich der Einnahmequellen?
    Zinna: Was wollen Sie damit andeuten?
    Pisit: Sie haben gerade von Berichten über Polizeikorruption gesprochen. Meiner Schätzung nach steht mindestens die Hälfte davon im Zusammenhang mit Drogen.
    Zinna: Natürlich. Cops brauchen für die Führung des Landes doch eine Motivation, selbstverständlich unter dem Deckmäntelchen der Demokratie.
    Pisit: Und wenn die Armee das Land wieder führen würde?
    Zinna: Das ist eine sehr provokante These.
    Pisit: Was würden Sie dann mit dem bereits erwähnten Polizei-Colonel anstellen, der Ihnen die ebenfalls bereits erwähnte Sache anhängen wollte?
    Zinna: Das geht nur uns beide etwas an.
     
    Lek hat mit seiner mangelhaften Konzentrationsfähigkeit versucht, dem Interview zu folgen, doch ihm fehlt der Hintergrund, der ihm helfen würde, es zu verstehen. »Könnten Sie mir erklären, worum’s in der Sendung ging?«
    Meine Mutter und ich wechseln einen Blick. »Der Colonel ist seit dem Tod seines Sohnes Ravi nicht mehr der Alte«, antwortet Nong.
    Kein bißchen klüger, sieht Lek mich mit seinen großen Augen an. »Die Armee hat Ravi während der Auseinandersetzungen im Mai 1992 erschossen«, erkläre ich.

5
    Das Telefon klingelt. Es ist die Spurensicherung; der Mann am anderen Ende der Leitung klingt ziemlich aufgeregt. Ich soll sofort in das Hotel kommen, in dem Mitch Turner das Zeitliche gesegnet hat. Ich spiele mit dem Gedanken, Lek mitzunehmen, doch der tut seine berufliche Pflicht, wie er sie versteht, indem er sich bei meiner Mutter einschmeichelt (sie unterhalten sich gerade über die Probleme der Mascara-Applikation), also gehe ich allein.
    Als ich im Hotel eintreffe, sehe
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