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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo
Autoren: John Burdett
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zuflüsterten, sie hätten Opium in ihrem Hotel. Als gläubige Buddhistinnen griffen die Mädchen natürlich niemals selbst zu der Droge, aber sie ermutigten den Kunden dazu, so daß sie nicht nur den vereinbarten Betrag, sondern auch ein der im Umgang mit Drogennutzern unvermeidlichen Risiken wegen großzügig bemessenes Trinkgeld sowie die Kosten für die Taxifahrt aus seiner Brieftasche nehmen und an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnten. Integrität ist Nong immer schon wichtig gewesen, weshalb die Geschichte mit Chanya sie auch so aus der Fassung gebracht hat.
    Die Ankunft des Colonel kündigt sich unverkennbar mit dem »Walkürenritt« an, der in voller Lautstärke aus der Stereoanlage seines Wagens dringt. Vom Eingang aus beobachte ich, wie sein Chauffeur die hintere Tür öffnet und Vikorn mehr oder weniger aus dem Auto zerrt. (Der Colonel trägt ein wunderschönes beigefarbenes, ein wenig zerknittertes Kaschmirsportsakko von Zegna, eine Hose von Eddy Monetti in der Via Condotti in Rom und seine übliche Wayfarer-Sonnenbrille.)
    Der Fahrer stolpert, Vikorns Arm über der Schulter, auf mich zu. »Scheiße. Es ist Samstagabend«, beklagt er sich mit wütendem Blick, als wäre alles meine Schuld. (In District 8 legen wir samstagabends normalerweise sogar Schwerverbrechen auf Eis.) Der buddhistische Pfad ähnelt dem des Christen insofern, als das Karma anderer oft aus heiterem Himmel das eigene beeinflußt.
    »Ich weiß, ich weiß«, sage ich, während ich einen Schritt zurücktrete, um ihn einzulassen, und Vikorn, dessen Sonnenbrille jetzt modisch, wenn auch ein wenig schräg, zum Haaransatz hochgerutscht ist, mich mit einem wäßrigen Blick bedenkt.
    Entlang der hinteren Wand des Clubs befinden sich gepolsterte Bänke in kleinen Nischen. Auf eine davon läßt der Chauffeur Vikorn plumpsen, während ich ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank hole und meinem Colonel reiche, der die Flasche mit wenigen Zügen leert. Voller Erleichterung sehe ich die Verschlagenheit in seine großen Augen zurückkehren. Als ich ihm noch einmal erzähle, was passiert ist, werde ich von meiner Mutter mit mehreren finanziell motivierten Bemerkungen unterbrochen (»Sie bringt uns mehr Geld im Monat als alle anderen Mädchen zusammen«), doch er hat bereits einen Plan, wie sich der Manövrierraum vergrößern läßt, falls es Schwierigkeiten geben sollte.
    Innerhalb von zehn Minuten ist er fast wieder nüchtern, weist den Fahrer an, zusammen mit dem Wagen zu verschwinden (er möchte seinen Aufenthalt bei uns nicht an die große Glocke hängen), und sieht mich erwartungsvoll an. »Tja, dann gehn wir mal rauf und nehmen ihre Aussage auf. Hol ein Stempelkissen und DIN-A4-Papier.«
    Ich schnappe mir das Kissen, das wir für unseren Geschäftsstempel (»The Old Man’s Club – Stangen aus Stahl«) benutzen, und ein paar Bogen Papier aus dem Faxgerät, das Nong für die wenigen ausländischen Kunden ohne Internetzugang angeschafft hat (eigentlich wollten wir eine E-Mail-Adresse wie hooker.com oder whore.com, aber alles in dieser Richtung war bereits seit Cyber-Urzeiten vergeben, sogar oldman.com, also mußten wir uns mit omcsas.com zufriedengeben), und folge ihm durch die Bar. Nach einem Blick auf Chanyas Kleid über dem Hocker sieht er fragend mich an.
    »Versace.«
    »Kopie oder echt?«
    Ich nehme das blutgetränkte Kleidungsstück vorsichtig in die Hand. »Läßt sich nicht hundertprozentig feststellen.«
    Er brummelt vor sich hin wie der gute alte Maigret, als wäre er auf einen für meine detektivischen Fähigkeiten viel zu subtilen Hinweis gestoßen, und dann gehen wir die Treppe hinauf, ohne ein Wort über den dort liegenden BH zu verlieren. Ich hebe den Slip vom Boden vor dem Zimmer auf (er ist federleicht und blutfleckenfrei – es handelt sich eher um ein Stoff-Feigenblatt mit Schnürchen, das die Pobacken teilt, als um echte Unterwäsche) und hänge ihn f ürs erste über ein aus der Wand ragendes Stromkabel. Chanya war zu high, um die Tür zuzusperren, und als wir eintreten, begrüßt sie uns mit einem verzückten Lächeln, bevor sie sich wieder in ihren Buddhahimmel zurückzieht.
    Sie ruht splitterfasernackt auf dem Bett, die Beine gespreizt, die vollen, festen Brüste himmelwärts gerichtet (ein hübscher blauer Delphin springt über ihre linke Brustwarze), die langen, schwarz glänzenden Haare auf dem weißen Kissen ausgebreitet. Die Schamhaare hat sie bis auf eine filigrane schwarze Linie, die – vielleicht als
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