Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition)
Autoren: Ulrike Barow
Vom Netzwerk:
muss das werden.
Das Schwimmbad: wettkampftauglich«, hatte sein Vater geschwärmt. »Mit allem,
was ein Hochleistungssportler heutzutage braucht. Und dann an die richtigen
Stellen ran und Werbung machen. Das bringt’s!« Das Motto dieses Mannes war nun
einmal: Wenn schon, dann richtig. Dafür ging der durchaus schon mal über
Leichen. Frank grinste. Na ja, der Ausdruck war wohl ein bisschen übertrieben.
Aber dass er einen äußerst zielstrebigen Vater hatte, das hatte er bereits bei
ihrem ersten Treffen erkannt.
    »Einen Vater gibt es nicht«, hatte seine Mutter mehr als
zwanzig Jahre lang behauptet. Bis sie Frank vor gut einem halben Jahr die Wahrheit
gesagt hatte. Kurz bevor sie gestorben war. Und man konnte von dem Mann halten,
was man wollte: Als Frank bei Jan Wybrands auf der Matte gestanden hatte, mit
dem abgebrochenen BWL-Studium, hatte der ihn sofort aufgenommen. In seine
Familie und in die Firma.
    »Wir hängen das nicht an die große Glocke«, hatte sein Vater
gesagt. »Verdien du dir erst mal Anerkennung bei mir und den Angestellten, dann
sehen wir weiter.«
    Frank hatte zugestimmt, und so wusste auch Klara nicht, dass er
der Sohn des alten Wybrands war. Sie würde noch früh genug erfahren, dass die
Position als rechte Hand des Chefs vergeben war.
    Einen Pächter hatte sein Vater für das Luxusobjekt auch schon,
obwohl es im Moment nur auf dem Papier und in seinem Kopf existierte. Selbst
die eher abgeschiedene Lage am Rande des Ostdorfes konnte ihn nicht
abschrecken.
    Frank wusste, dass sein Vater nichts unversucht lassen würde,
die Pläne umzusetzen. Das war spätestens klar geworden, als er hatte verlauten
lassen, dass dann eben als besonderes »Bonbonchen« für die Gäste des neuen
Hotels Elektrokarren angeschafft werden müssten. »Das ist genau das, was ich
von euch erwarte. Dass ihr bei dem Bürgermeister reingeht, und wenn ihr wieder
rauskommt, habt ihr die Unterstützung für die E-Karren-Sache in der Tasche.
Klar? Denn wenn der blockiert, wird es ewig dauern, bis der Punkt bei einer
Gemeinderatssitzung auf die Tagesordnung kommt.«
    Klar. Natürlich. Genau diese Vorgabe seines Vaters würde er
erfüllen. Er! Dann musste nur noch die Unterschrift unter den Kaufvertrag. Aber
sein Vater hatte nur abgewinkt. »Da mach dir man keine Gedanken drüber«, hatte
der gesagt. »Das ist ein Klacks.«
    Frank schaute auf die Uhr. Es war Zeit für den Rückweg.
Außerdem war ihm warm. Viel zu warm. Über die Hellerwiesen auf der Südseite der
Insel kam kein Lüftchen. Wenn überhaupt, war es ab und zu der Hauch eines
drückenden Landwindes, der ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Sie
liefen langsam an seiner Wange herunter und sammelten sich an seiner
Hemdöffnung. Hektisch fummelte er in den Taschen seiner leichten Leinenhose,
doch die waren leer. Kein Taschentuch weit und breit. Ärgerlich strich er sich
mit dem Handrücken über die Stirn.
    Aufrecht hielt ihn einzig der Gedanke, dass sein Arbeitseifer
bestimmt belohnt werden         würde. Spätestens wenn er seinen Vater dezent
darauf hinwies, dass er derjenige gewesen sei, der die Arbeit gemacht habe.
Sollte er noch einen Abstecher ins – was stand da auf dem Hinweisschild? – Kluntje machen? Nein, es war einfach zu warm. Er würde in der Wohnung warten, bis seine
Kollegin von ihrem Strandausflug zurück war.
     
    Als Frank auf das Grundstück der Steenkens einbog, hörte er
eine leise Melodie. Neugierig schaute er über die niedrige Buchsbaumhecke in
den Garten. Was er sah, verschlug ihm den Atem. Er hatte in seinem ganzen Leben
noch nie eine so schöne Frau gesehen wie die, die es sich gerade auf der Liege
bequem machte. Sie trug ein weißes, mit bunten Blumen bedrucktes T-Shirt und
einen langen, dunkelblauen Leinenrock. Ihre bloßen Füße steckten in roten
Riemchensandalen und ein schmaler, roter Schal, der um ihre Schulter geschlungen
war, wehte leicht hin und her. Er hatte das Gefühl, die Zeit bliebe stehen.
Frank wagte kaum, sich zu bewegen, in der Angst, das Bild würde zerplatzen wie eine
Seifenblase. Aber das Bild blieb. Auch nachdem er einige Minuten fast reglos
gestanden hatte, saß das wunderschöne Mädchen noch immer auf der Liege,
schaukelte leicht mit dem Oberkörper und summte ein Lied.
    Ganz langsam nahm Frank Visser den Fotoapparat hoch, schaute
durch den Sucher, konnte kaum glauben, was er sah, dann drückte er ab. Die Frau
musste das leise metallische Klicken gehört haben. Sie lächelte ihn an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher