Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
Vom Netzwerk:
Flugzeug denken. Was das war? Ein guter Anfang.
    Er hatte manchmal so, wie sollte man es nennen, aufrührerische Gedanken, und die erschreckten den Staatsdiener Wiegele. Den kleinen Schelm in ihm aber, mit reichlich schwarzem Humor gesegnet, amüsierten diese Anflüge intellektueller Amoral dagegen sehr.
    Dem Kommentar aus dem kleinen tragbaren TV-Gerät, das einer der Securities neben sich stehen hatte, konnte der Hauptkommissar entnehmen, dass das große Match begonnen hatte. Was, nach knapp 30 Sekunden bereits die erste Ecke für sein Team? Wiegele war angetan, gerade aus Standardsituationen waren die Jungs in den letzten Spielen besonders erfolgreich gewesen.
    Sicher wurde der Eckstoß von Henning Schultheiß ausgeführt, der Bursche war …
    Da unterbrach das polyfone Zirpen seines Mobiltelefons die taktischen Hoffnungen Wiegeles und zwangen ihn, seine Aufmerksamkeit von der ersten Torchance der Deutschen abzuziehen.
    Es war Mario, und er hatte gute Nachrichten. Was hieß gute, ausgezeichnete.
    »Wir sind jetzt in der Gegend von Melk und werden in etwa 90 Minuten in Wien sein«, kündigte Palinski an. »Ich komme mit Sabine direkt zum Stadion. Und sag ihrem Vater, er soll unbedingt spielen. Falls wir heute gewinnen, dann soll das gegen eure stärkste Mannschaft sein. Und falls wir verlieren, auch«

     
    * * *

     
    Der pfeilschnelle Attamachi hatte den Ball eben in der eigenen Hälfte angenommen, einen Sprint über gut 30 Meter in Richtung deutsches Tor hingelegt und dann das Spiel durch einen präzisen Pass zu dem mitgelaufenen Waselmayer nach links verlagert. Der hochtalentierte Salzburger holte sich den Ball geschickt aus der Luft, schaltete mit einem Haken den schon etwas behäbig wirkenden Karsten Brenzow aus und rannte nun direkt auf Lutz Lederer zu.
    Das war die erste echte Torchance für die Österreicher, und Helmut Wallner hatte bereits ganz feuchte Hände bekommen. Ihn störte dieses Schwitzen in den Händen, wenn er sich aufregte, aber was sollte er machen?
    Er dachte gerade, wie gut es war, dass er jetzt niemandem die ungewaschene Pranke schütteln musste, als sich von hinten eine Hand auf seine Schulter legte.
    »Oberinspektor, welche Freude, Sie hier zu sehen«, sagte eine Stimme, die ihm ungemein bekannt vorkam. Die er zu jeder Tages- und Nachtzeit sofort erkennen würde. »Gut, dass ich Sie hier treffe. Ich habe gehört, dass dieser komplizierte Fall abgeschlossen werden konnte .« Es war schlimm, nein, noch schlimmer. Es war der Innenminister. Der sich jetzt vor Wallner aufbaute und es offensichtlich auf ein Shakehands angelegt hatte.
    Während sich der verlegene Oberinspektor mehrmals hektisch über das linke Hosenbein wischte, ehe er seinem obersten Boss das Pratzerl überließ, brüllten die rund 23.000 österreichischen Zuschauer begeistert auf. Warum das so war, konnte Wallner nur ahnen, während die meisten der mindestens 12.000 deutschen Schlachtenbummler stakkatoartig »Nachen, Nachen, Nachen« zu rufen begannen. Den Innenminister, offenbar ein wahrer Fußballfan, interessierte das Geschehen am Spielfeld überhaupt nicht.
    »Sie müssen mir alles über diesen sensationellen Fall berichten !« , forderte er Wallner auf. »Mein Gott, zwei Tauschmorde, das ist ja wie bei Hitchcock! Ich muss jetzt einmal die Runde machen, wir sehen uns später .«
    Unter den konkreten Bedingungen klang das wie eine gefährliche Drohung für den Oberinspektor. Aber welche Wahl hatte er, ohne seinen Platz auf der Ehrentribüne aufgeben zu müssen. Und das kam nun wirklich nicht in Frage.
    Immerhin stand es nach 22 Minuten sensationell 1:0 für Österreich, und die Freude darüber konnte ihm auch Dr. Fuscheé nicht nehmen.

     
    * * *

     
    Erstaunlich, welchen Krach die drei Euroflyer machten, sobald sie das Areal des Ernst-Happel-Stadions überflogen. Was offenbar ihr Lebenszweck war, denn sie taten es unentwegt. Das sollte wohl das Sicherheitsgefühl der Massen erhöhen, bewirkte bei Harry aber genau das Gegenteil. Ihn machte das martialische Getue am Himmel nervös und ärgerlich.
    Dazu kam noch, dass die Mannschaften der beiden neben dem Stadion postierten Fliegerabwehrraketenwerfer oder wie das sperrige Klumpert hieß, immer mehr den Eindruck vermittelten, als wollten sie die komischen Vögel da oben eigentlich abschießen. Denn dazu waren sie im Grunde genommen ja da. Wahrscheinlich war ihnen langweilig, so eine Art kleine Sinnkrise vielleicht, der man mit diesen Gedankenspielen begegnen wollte.
    Kai

Weitere Kostenlose Bücher