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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition)
Autoren: Luca Berlin
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Direkt dahinter würde der See liegen.
    Nein, Anne geriet nicht aus dem Takt, als sie die Szenerie auf dem Hügel sah. Sie lief präzise und gleichmäßig weiter, so wie es sich für eine brave Stute gehörte. Dort oben parkte neben Rockenbachs Auto auch der Wagen, der vom Schloss heruntergekommen war. Sie erkannte die Farbe, ebenso die markante, wuchtige Form. Es war Adrians ockerfarbener Geländewagen. Außerdem stand eine Person dort oben. Dann merkte sie, dass sie sich geirrt hatte. Es waren zwei. Sie hatten sich geküsst. Jetzt gingen sie auseinander.
    Nein, sie geriet auch nicht aus dem Takt, als sie sah, dass es Adrian und Dascha waren. Vielleicht lag es auch daran, dass irgendetwas an den beiden sie irritierte. So küsste sich doch kein Liebespaar, dachte sie. „Närrin, Kuss ist Kuss“, sagte eine andere Stimme in ihr. Es war diejenige, die sie auch dazu gebracht hatte, in den Spiegel zu schauen.
    Während ihre Beine im perfekten Takt auf und niederstampften, kurvte ihr Verstand holprig durch ein Gelände voller Abgründe. Okay, Dascha war ganz Hingabe gewesen, aber Adrian selbst? Er war es, der den Kuss beendet hatte. Er hatte sie weggeschoben und das hatte etwas Endgültiges. Ein Abschiedskuss?
    Wie willst du das aus der Entfernung erkannt haben, du Meisterpsychologin? Mach dir nur was vor. Es wird umso mehr wehtun, raunte die andere Stimme und dann machte die Wegstrecke allen Grübeleien ein Ende. Denn nun ging es recht steil bergauf und Anne musste sich ordentlich ins Geschirr legen, um das Tempo beizubehalten. Schließlich standen sie auf dem Hügel. Anatol parierte sie durch.
    So wie sie jetzt stand, den Kopf durch die Riemen fixiert, konnte sie Adrian nur als verschwommenen Fleck ganz links in ihrem Sichtfeld ausmachen. Schaute er sie an? Sie wusste es nicht. Dascha war viel deutlicher zu sehen. Ein hellgelbes kurzes Sommerkleid mit weißen fröhlichen Punkten trug sie heute. Überflüssig zu sagen, dass sie hinreißend in dem Fähnchen aussah. Aber wahrscheinlich hätte sie es sogar in einem ihrer häßlichen dunkelgrauen Schlechtwetter-Ponchos getan, dachte Anne. Sie verdrehte ihre Augen soweit sie nur konnte nach links. Aber jetzt war Adrian gar nicht mehr zu sehen. Also schaute sie stur geradeaus. Schräg nach oben in den blauen Himmel hinein. Wenn sie es nur lange genug tat, würde sie vielleicht ein Loch hineinbohren, dann würde der Himmel einstürzen und Dascha unter sich begraben.
    Sie spürte Hände an ihrem Nacken. Anatol ging herum und löste die Riemen, die ihren Kopf fixierten. Jetzt sah sie endlich Adrian. Er und Rockenbach standen neben den beiden Autos. Adrian sprach in sein Handy. Blass sah er aus und dünner war er auch geworden. Er trug Jeans und ein weißes Hemd. Darüber eine dunkelblaue Weste. Sein Bart war kräftig gestutzt. Das stand ihm gut. Hatte Dascha ihn dazu gebracht? Waren sie so vertraut miteinander, dass er in solchen Dingen auf sie hörte? Warum beachtete er sie nicht? Ihre Augen saugten sich förmlich an ihm fest. Das Gespräch war offensichtlich beendet. Er klappte sein Handy zu. Dann ging er zu Dascha hinüber und befahl ihr, sich in die Sitzposition links neben der Kutsche niederzulassen. Geziert setzte sie sich hin und achtete sehr darauf, dass ihr Kleid nicht mit dem Gras in Berührung kam. Immer noch hatte Adrian für Anne keinen Blick übrig. Aber vielleicht zwang er sich absichtlich dazu. Vielleicht wollte er sich nicht ablenken lassen. Er ging jetzt mit Rockenbach zum See herunter. Dort am Ufer gingen sie auf und ab. Offenbar hatten sie wichtiges zu besprechen.
    Die Stuten durften sich unterdessen bequem hinstellen. Anatol baute die Kamera vor ihnen auf. Es war offensichtlich, dass sie gefilmt werden sollten. Eine Welle der Enttäuschung überschwemmte sie. Sollte das alles sein? Ein Filmchen, das von ihnen gedreht wurde. Dann schaute sie wieder zum Strand herunter, wo Rockenbach und Adrian entlangmarschierten. Als sie die beiden sah, wusste sie, dass einfach mehr dahinter stecken musste. Ernst und sehr konzentriert wirkten die beiden. Dann standen sie sich gegenüber und Rockenbach machte eine ungewöhnliche Geste. Er ballte seine rechte Hand zur Faust und klopfte sich damit dreimal kraftvoll auf die linke Schulter. Sie sah, dass Adrian grinste. Dann machte er es Rockenbach nach. Das war natürlich irgendein markiges Tapferkeits-Ritual. Anne rollte mit den Augen. „Männer!“, dachte sie, aber was um Himmels Willen ging hier vor?
    Nachdem Anatol die
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