Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition)
Autoren: Luca Berlin
Vom Netzwerk:
Kamera eingestellt hatte, kam er mit zwei Mineralwasserflaschen zu ihnen und bot jeder von ihnen etwas zu trinken an. Ein Service, der ihnen sonst auch nicht gerade geboten wurde. Anscheinend sollten sie gleich nicht halbverdurstet und ausgetrocknet in die Kamera blicken. Da Annes Mund vor Aufregung ganz trocken war, trank sie dankbar und in tiefen Schlucken. Längst hatte sie gelernt, es auch mit einem Gebiss im Mund zu tun. Dann fragte Anatol sogar, ob eine von ihnen Wasser lassen müsse. Natürlich war es Fina, die sich mit einem Wiehern meldete. Das Mädchen, das mit Ines und Lulu zusammen das Passgespann der molligen Stuten bildete, hatte eindeutig eine schwache Blase. Sobald Ungewöhnliches passierte, fing sie an, nervös auf der Stelle zu trippeln und begann, ihre Oberschenkel immer fester zusammenzudrücken, bis jemand ihre Not bemerkte und ihr Gelegenheit gab, sich zu erleichtern. Einmal, als sie keine Beachtung fand, pinkelte sie sogar im Stehen vor der Kutsche, was Rockenbach sehr amüsierte. Laut hatte er überlegt, ob er nicht ohnehin dazu übergehen sollte, sie alle nicht mehr auf die Aborte führen zu lassen. Richtige Pferde würden es ja auch überall tun. Andererseits sei es durchaus praktisch, dass seine Stuten – meistens zumindest - stubenrein wären. Zu Annes größter Erleichterung hatte er die Idee nicht weiterverfolgt.
    Anatol hatte Fina inzwischen losgeschnallt und ihren Schrittriemen entfernt. Dann führte er sie einige Schritte beiseite. Dort durfte sie sich hinhocken, was sie eilig tat. Anne schaute wieder zum See hinunter. Rockenbach und Adrian kamen zurück. Anscheinend hatten sie ihre Besprechung beendet. Rockenbach blickte ärgerlich auf Anatol und Fina. Ungewöhnlich scharf schnauzte er seinen Mitarbeiter an, das Mädchen endlich wieder ins Geschirr zurückzubringen und sich dann hinter die Kamera zu stellen. Adrian wies unterdessen Dascha an, sich direkt links neben die Kutsche zu stellen und die Zügel in die Hand zu nehmen. Er schob sie solange hin und her, bis sie zu seiner Zufriedenheit in der richtigen Position stand. Sie sei jetzt praktisch die Herrin der vier Stuten, erklärte er ihr, was Dascha natürlich sehr gefiel. Sobald Adrian sich abgewendet hatte, konnte sie es nicht lassen, Anne ebenso herablassend wie überheblich anzugrinsen.
    Dann, gerade als Anatol zurück zu seinen Posten hinter der Kamera geeilt war, ertönte ein schnarrender Klingelton. Adrian griff nach seinem Handy. Gott sei Dank stand er so nah bei ihnen, dass Anne ihn verstehen konnte. Er redete auf Spanisch!
    „Buenos Dias, Senor de Ortega“, hörte sie ihn sagen.
    Bis eben war Anne sicher gewesen, dass sie unmöglich noch aufgeregter werden könne. Sie hatte sich getäuscht, denn jetzt begann sie praktisch sofort, heftig am ganzen Körper zu zittern. Außerdem trieb sie ein merkwürdiges Klick-Geräusch geradezu in den Wahnsinn, bis sie endlich merkte, dass sie es selbst verursachte. Im Rhythmus ihres Zitterns ließ sie ihre Zähne auf dem Gebiss herumschnappen. Anne zwang sich, ihren Mund ruhig zu halten. Nun konnte sie auch das Gespräch besser verstehen. Sie hatte ohnehin Mühe genug, ihm zu folgen. Adrian sprach ein ausgezeichnetes Spanisch, das viel besser als ihres war. Er redete schnell und seine Worte flossen ineinander. Vor allem Begriffe, die sich auf Belange der Organisation bezogen, waren ihr unbekannt. Es ging anscheinend um ein großes Schlichtungstreffen in der Nähe von New York. „Auf neutralem Boden“, wie Adrian sagte. Sehr höflich gingen die beiden miteinander um, bemerkte Anne, als sie sich etwas besser eingehört hatte. Dennoch schwang etwas Lauerndes, Wachsames in der Unterredung mit. Wenigstens glaubte sie, es bei Adrian herauszuhören.
    Er entschuldigte sich, dass Ortega mit ihm als Gesprächspartner Vorlieb nehmen müsse. Aber Dr. Abner habe ihn gebeten, die Vorbereitungen für das Treffen zu übernehmen. Abner befürchte, dass die Beziehung zwischen ihm selbst und Ortega inzwischen leider von einer gewissen Schärfe geprägt sei. Da sei es besser, wenn ein anderer diese Dinge übernehmen würde.
    Adrian lachte dröhnend und etwas zu laut. War er etwa auch nervös? Dann sprach er weiter. Aber nein, er sei doch nicht der kommende Mann auf Schloss Karólyi. Das sei zu viel der Ehre. Trotzdem vielen Dank für die Glückwünsche zu seiner Ernennung zum stellvertretender Leiter der Anlage. Adrians nächste Sätze verstand sie zu ihrem Ärger nicht richtig. Anscheinend
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher