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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman
Autoren: Heyne
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Wir treffen uns um neun Uhr früh an der Halle der Präsidenten, Julius.«
     
    Ich ging durch den Haupteingang, kein Ensemblemitglied mehr, nur noch ein Besucher, dessen Woppel kaum ausreichte, um eingelassen zu werden, die Wasserspender zu benutzen und sich anzustellen. Wenn ich Glück hatte, würde mir ein Ensemblemitglied eine Schokoladenbanane ausgeben. Aber wahrscheinlich nicht.
    Während ich in der Schlange vor der Halle der Präsidenten stand, prüften andere Gäste mein Woppel und wandten den Blick ab. Selbst die Kinder. Noch vor einem Jahr hätten sie ein Gespräch angefangen und sich nach meinem Job hier im Magischen Königreich erkundigt.
    Ich bezog meinen Platz in der Halle der Präsidenten,
sah mir zusammen mit allen Besuchern einen Kurzfilm an und wartete geduldig ab, während die anderen unter dem Ansturm von Instant-Downloads auf ihren Plätzen hin und her schaukelten. Am Bühnenrand nahm eine Frau vom Ensemble schließlich ein Mikrofon in die Hand und dankte allen fürs Kommen; gleich darauf schwangen die Türen auf, die Halle leerte sich und ich blieb allein zurück. Die Frau vom Ensemble musterte mich mit zusammengekniffenen Augen. Als sie mich erkannte, wandte sie sich ab, um die nächste Besuchergruppe hereinzuführen.
    Es kam keine Besuchergruppe. Stattdessen traten Dan und das Mädchen ein, das ich in der Aufzeichnung gesehen hatte.
    »Wir haben für den restlichen Morgen geschlossen«, erklärte Dan.
    Ich starrte die junge Frau an, hatte ihr Grinsen vor Augen, als sie den Abzug betätigte, doch jetzt stand sie mit eingeschüchtertem, zerknirschtem Gesicht vor mir. Sie hatte Angst vor mir.
    »Du musst Jeanine sein«, sagte ich, stand auf und schüttelte ihr die Hand. »Ich bin Julius.«
    Ihre Hand war kalt. Sie zog sie sofort zurück, um sie sich an der Hose abzuwischen.
    Instinktiv verhielt ich mich so fürsorglich wie ein langjähriges Ensemblemitglied. »Bitte setz dich doch. Keine Sorge, es ist schon in Ordnung.
Wirklich. Ich bin dir nicht mehr böse.« Fast hätte ich ihr ein Glas Wasser angeboten.
    Wiege sie in Sicherheit, sagte eine freche Stimme in meinem Kopf. Dann ist sie eine bessere Zeugin. Oder mach sie nervös, sorg dafür, dass sie sich mies fühlt – das funktioniert auch; dann steht Debra noch schlechter da.
    Ich befahl der Stimme, die Klappe zu halten, und holte dem Mädchen einen Becher Wasser.
    Als ich zurückkam, hatte sich die ganze Bande versammelt. Debra, Lil, ihre Leute, Tim. Debras Bande und Lils Bande, jetzt ein vereintes Team – das bald auseinanderfallen würde.
    Dan stieg auf die Bühne und nutzte das Mikro, um sich Gehör zu verschaffen. »Vor elf Monaten«, begann er, »habe ich etwas Entsetzliches getan. Zusammen mit Debra habe ich den Plan ausgeheckt, Julius zu ermorden. Mein Werkzeug war eine Freundin, die damals leicht verwirrt war. Ich habe sie dazu benutzt, den Abzugshebel zu betätigen. Debra meinte, die Ermordung von Julius könne ein solches Chaos auslösen, dass es ihr ein Leichtes sein würde, die Halle der Präsidenten an sich zu bringen. Und so kam es auch.«
    Es gab lautstarke Reaktionen. Ich sah Debra an, die so ruhig dasaß, als hätte Dan ihr lediglich vorgeworfen, eine Extraportion Nachtisch stibitzt zu haben. Lils Eltern, die rechts und links von ihr Platz genommen hatten, wirkten weniger gelassen.
Tom hatte die Zähne voller Ingrimm aufeinander gepresst, Rita flüsterte Debra wütend etwas zu. Ich musste an Hickory Jackson in der alten Halle der Präsidenten denken, der immer so schön gesagt hatte: Den ersten Mann, den ich in die Finger bekomme, werde ich am erstbesten Baum aufknüpfen.
    »Nachdem unsere Planung abgeschlossen war, hat Debra sich aus einem Backup reanimieren lassen«, fuhr Dan fort, ohne auf das laute Schwatzen im Saal zu achten. »Nach Plan hätte ich das auch tun sollen, aber ich hab’s nicht getan. Ein Backup von der ganzen Sache ist in meinem öffentlichen Verzeichnis gespeichert – jeder kann dort nachsehen. Aber vorher möchte ich euch Jeanine vorstellen. Sie würde gern ein paar Worte zu dieser Angelegenheit sagen.«
    Ich half der immer noch zitternden Jeanine auf die Bühne, während die Ad-hocs vollauf damit beschäftigt waren, sich gegenseitig mit Schuldzuweisungen zu bombardieren. Widerwillig musste ich mir eingestehen, dass ich die Situation genoss.
    »Hallo«, sagte Jeanine leise. Sie hatte eine schöne Stimme und ein hübsches Gesicht. Vielleicht konnten wir Freunde werden, wenn diese Sache ausgestanden war?
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