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Babylon in Hongkong

Babylon in Hongkong

Titel: Babylon in Hongkong
Autoren: Jason Dark
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heißt es bei euch — oder?«
    »So ungefähr.«
    »Gut. Wie war der Flug?«
    »Wir haben viel geschlafen.«
    »Wollt ihr etwas trinken — essen? Zum Hotel…?«
    »Nein, nein.« Ich winkte ab. »Wir haben bereits unsere Pläne gemacht und möchten…«
    »Ihr habt kein Auto — nicht?«
    »So ist es.«
    »Aber ich. Wir werden es nehmen. Ihr braucht mir nur zu sagen, wohin ihr fahren wollt, alles andere ist Nebensache. Aber zuvor holen wir das Gepäck.«
    Wir hatten zwei Koffer mitgenommen, nicht gerade groß, es paßten soeben die Ersatzklamotten hinein. »Da sind sie!« Tarn lachte und schnappte sich das Gepäck.
    Mit war der Knabe nicht geheuer. Er benahm sich so überfreundlich, das Lachen kam mir auch nicht echt vor. Wenn ich Suko so betrachtete, war auch er nicht gerade erbaut von unserer Hilfe. Die Art ging uns gegen den Strich. Suko und ich nahmen ihm die Koffer ab. »Die tragen wir lieber selbst«, erklärte ich.
    »Wie Sie wünschen, Kollegen.« Sein Haar war etwas aus der Fassung geraten. »Wo darf ich euch hinbringen?«
    »Kennst du dich hier aus?« fragte Suko.
    »Klar, Freund.«
    »Auch in den New Territories?« Tarn nickte heftig.
    »Dort gab es einmal in den Bergen ein Kloster. Es lag etwas südlich des Golf Clubs. Erinnerst du dich?«
    »Nein, nicht direkt.«
    »Das Kloster ist auch nicht mehr jung. Es hat einige Jahre auf dem Buckel. Vielleicht stehen nur noch die Ruinen, vielleicht finden wir dort noch Mönche. Jedenfalls möchten wir gerne hin. Kannst du uns fahren, Freund? Wir brauchten nicht einmal mit der Fähre rüber nach Hongkong und könnten hier in Kowloon bleiben.«
    Tarn nickte einige Male. »Wir können fahren. Es wird keine Schwierigkeiten geben. Sofort?«
    »Sicher.«
    Ich schaute Suko von der Seite an. Im Kloster wollte er die Spur aufnehmen. Auch für mich war die Sache neu. Ich spürte ein komisches Prickeln und rechnete damit, daß es Suko nicht anders erging. Nur war es bei ihm viel stärker. Unser Besuch im Kloster würde gleichzeitig eine Stippvisite sein, die uns in Sukos Vergangenheit führte. Denn in diesem Kloster war er aufgewachsen. Dort wollte er die Spur seines Vaters aufnehmen. Möglicherweise fand er noch jemand, der ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Irgendeine Spur, auch wenn sie noch so schwach war. Dabei rechneten wir auch mit Tams Hilfe, denn er war jemand, der hier alles kannte.
    »Traust du ihm eigentlich?« flüsterte ich Suko zu.
    Mein Freund hob die Schultern. »Wir werden sehen. Hongkong ist nicht London.«
    »Wie meinst du das?«
    »Hier brodelt es unter der glatten Oberfläche. Die Traditionen sind noch nicht vergessen, John, das wirst du immer wieder merken. Oft wirst du überrascht sein, wie zwei Welten aufeinanderprallen können und dabei noch eine Verbindung eingehen. Das betrifft alle. Ob Bauarbeiter, Garküchen-Koch oder Banker. Sie alle haben ihre Götter, sie alle haben ihren Glauben, und sie alle achten die Gesetze von feng, dem Wind, und shui, dem Wasser. Du brauchst hier noch immer einen Geomantiker, wenn du in ein anderes Haus ziehst, eines bauen willst oder dein Büro neu anlegst. Das ist eben Hongkong.«
    Eine derartig lange Rede hatte Suko während des gesamten Fluges nicht gehalten. Ich war schon beeindruckt und erkundigte mich vorsichtig nach einem Geomantiker. »Gehört habe ich davon. Ist das nicht ein Knabe, der genau ausmißt?«
    »Richtig. Es wird zu Rate gezogen, wenn es darum geht, den richtigen Ort für ein neues Geschäft oder Restaurant zu finden. Er kann dir auch sagen, wann es günstig ist, ein Boot vom Stapel laufen zu lassen. Er weiß nämlich, wie man die Kräfte fängt und sie in Einklang bringt, um einen glücklichen Ausgang der Unternehmung zu gewährleisten. Daran mußt du dich hier gewöhnen.«
    Ich nickte, obwohl es mir schwerfiel, dies alles zu fassen, wenn ich den modernen Flughafen sah. In Hongkong regierte noch immer der kontrollierte Wahnsinn. Obwohl es in wenigen Jahren ein Teil Chinas sein würde, baute und boomte man hier weiter, und die Preise für Grundstücke stiegen in schwindelerregende Höhen. Immer neue Geschäfte und Luxushotels wuchsen dem Himmel entgegen und überragten auf der Inselseite selbst das Bergland der New Territories, dem Bergland von Kowloon.
    Tarn führte uns zu den Parkplätzen. Wir sahen die Maschinen starten und landen. Alles befand sich in Bewegung.
    Ich hatte den Eindruck, daß die halbe Welt Hongkong anzufliegen schien.
    Das spielte für uns keine Rolle. Wir wollten
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