Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babel und Bibel

Babel und Bibel

Titel: Babel und Bibel
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
euch diese Lehre,
    Und betet nach der altbewährten Weise!
    Das schnappt und klappt! Das ist so fest gefügt!
    Das bricht sich Bahn! Wer kann da widerstehen!
    Ein solch Gebet steigt wie in Wehr und Waffen Zum Himmel auf und muß selbst Gott besiegen!
    Das ist der alte, eiserne Islām,
    Der nicht zu klappern und zu plappern braucht
    Wie die,
     
    (zum Vorbeter)
     
    nach denen du jetzt schnattern wolltest.
    Ich selbst, ich bete nur das Ūmehā
    Und weiß, daß ich mit diesem Schlachtenkeil
    Zunächst die alte Mārah Dūrimēh,
    Sodann mit ihr die Stämme der Kirām

     
    (spuckt aus)
     
    Und endlich gar das Christentum besiege.
    Und hörst du mich einmal aus freiem Munde,
    Und wärs auch nur die kurze Fāt’ha, beten,
    So kannst du tausend Eide darauf schwören,
    Daß es mit mir zum raschen Ende geht!
    Vorbeter
(erschrocken über diese Herausforderung des Schicksales, hebt abwehrend den Arm und weicht zurück):
    Daß es mit dir – – –
    Scheik
(knallt mit der Peitsche):
    Hinaus mit euch, hinaus!
    Vorbeter
(beendet seinen Satz):
    Zum raschen Ende geht!
    Scheik:
    Hinaus, hinaus!
     
    (Vorbeter mit Gefolge ab.)
Dritter Auftritt
    Die Vorigen, ohne den Vorbeter und sein Gefolge.

     
    Imām
(beiseite, zum Scheik):
    Das war sehr klug, o Scheik!
    Kādi
(ebenso, einstimmend):
    Sehr klug, o Scheik!
    Imām:
    Höchst einsichtsvoll!
    Kādi:
    Höchst einsichtsvoll, o Scheik!
    Scheik
(zu ihnen beiden):
    Das rechte Wort zur rechten Zeit, nichts weiter!
     
    (wieder zum Throne zurückkehrend, zu Allen)
     
    Doch warne ich! Als dieser Mensch es wagte,
    Im Stehen und aus freiem Mund zu beten,
    Da sah ich die Gefahr, die uns bedroht,
    In ihrer ganzen, schwarzen Mißgestalt.
    Imām:
    Ist er denn Christ?
    Kādi:
    Ein heimlicher?
    Scheik:
    Noch nicht,
    Doch ohne meine Peitsche kann ers werden.
    Und darum will ich Peitsche sein, Kurbātsch,

    (klatscht)
     
    Kurbātsch für Alle und Kurbātsch für Jeden,
    Der mit dem Geist des Abendlandes äugelt Und ihm erlaubt, sich bei uns einzunisten!
    Denn dieser Geist ist es, nur dieser Geist, Der an das große, edle Fürstenwort
    »Europa, wahre deine heilgen Güter«
    Die niedrige, die frevle Mahnung fügt
    »Von Asien aber nimm, so viel du willst!«
    Babel:
    So sei denn du der Geist des Morgenlandes, Und sammle deine Scharen gegen ihn!
    Imām:
    Wer soll es sonst wohl wagen, wenn nicht du!
    Kādi:
    Du bist Abū Kitāl, des Kampfes Vater!
    Scheik
(stolz):
    Abū Kitāl, der Scheik der Ān’allāh,
    Den niemals je ein Sterblicher besiegte,
    Im Schach so wenig wie im Waffenspiel!
    Der »Geist des Morgenlandes« soll ich sein?
    Es wäre Wahnsinn, wenn ich es nicht wäre!

    Doch dieser Geist war stets ein Ān’allāh
    Und kann nicht über Nacht Mongole werden.
    Wohlan, wohlan, ich will es nicht nur sein,
    Ich bin es schon, ich bin es wirklich, wirklich, Denn wenn es Geister gibt, so sind sie Menschen,
    Und Mensch bin ich auf jeden Fall
     
    (von oben herab lächelnd)
     
    wohl auch!
    Babel:
    Der größte, den es gibt!
    Imām:
    Der mächtigste!
    Kādi:
    Der klügste auch!
    Schēfakā
(kindlich schwärmerisch):
    Des Vaters Ideal!
    Scheik:
    So sei es denn! Der Kādi hat zu sprechen!
     
    (der Kādi steht auf, um nach dem »Teppich der Rede« zu gehen. Da aber erhebt der Märchenerzähler Einspruch)
     
    Hākawāti:
    Noch nicht, noch nicht! Laßt erst das Märchen reden!

    Scheik
(zum Hākawāti):
    So sprich!
    Hākawāti
(steht auf):
    Ich danke dir – – – ich danke dir!
     
    (Wird, während der Kādi sich wieder setzt, von Schēfakā nach dem »Teppich der Rede« geführt. Auf Schēfakā gestützt, spricht er von dieser Stelle aus)
     
    Mit ihrem Geiste kam die Bibel einst – – –
    Scheik
(ihn unterbrechend):
    Das alte Märchen! Immer nur dies Märchen!
    Schēfakā
(zum Scheik):
    So laß ihn doch!
    Babel
(ihr beistimmend):
    Er hat ein Recht dazu!
    Hākawāti
(wieder beginnend):
    Mit ihrem Geiste kam die Bibel einst
    Zum »Menschen der Gewalt« im Lande Babel.
    Der nahm sie nur für kurze Jahre auf,
    Dann stieß er sie hinaus, doch ihren Geist
    Behielt er heimlich hier im Turm zurück
    Und ließ dafür den seinen mit ihr gehen.
    Seit jenem Tage wird die heilge Schrift
    Von diesem Geiste der Gewalt bemeistert;
    Der wahre Geist der Bibel aber schmachtet

    (auf den Turm zeigend)
     
    Im tiefen Fundamente unsers Turmes,
    Und Niemand hat den Mut, ihn zu befreien,
    Weil über ihm Kitāl, der Drache, wohnt,
    Vor dem sich selbst die größten Helden fürchten.
    Scheik:
    Kitāl bin ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher