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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück
Autoren: Henry Rider Haggard
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und Ring zu einer Einheit verbunden. Von einer Seite des Rings zur anderen waren Drähte gespannt, auf denen Edelsteine in drei Farben aufgereiht waren: blitzende Diamanten, meerblaue Saphire und blutrote Rubine; an dem vierten Draht, dem obersten, hingen vier kleine, goldene Glocken.
    Als ich es zum ersten Mal in die Hand nahm, begann mein Arm vor Erregung zu zittern, und die kleinen Glocken klingelten: ein lieblicher, sanfter Klang wie der eines fernen, nächtlichen Geläuts über der Stille des Meeres. Ich hatte auch das Gefühl – doch das konnte Einbildung gewesen sein –, daß ein Beben von dem heiligen und wunderschönen Ding in meinen Körper drang.
    Was das Mysterium selbst betrifft, wie es auf den Seiten des Manuskripts beschrieben wird, so möchte ich mich jeden Kommentars enthalten. Von ihm und seiner tieferen Bedeutung muß sich jeder Leser sein eigenes Urteil bilden. Nur eins ist mir klar – unter der Voraussetzung, daß Mr. Holly die Wahrheit sagte über das, was er und Leo Vincey sahen und erlebten, was ich jedenfalls glaube –, daß von allen Interpretationen, mit denen Ayesha und andere eine Erklärung dieses Mysteriums zu finden hofften, nicht eine wirklich befriedigend ist.
    Genau wie Mr. Holly neige ich zu der Theorie, daß Sie, wenn ich sie noch immer bei diesem Namen nennen darf, der auf diesen Seiten nur sehr selten gebraucht wird, einige von ihnen erfunden hat, wie etwa den vagen Isis-Mythos oder die seltsame bildhafte Geschichte von dem Berg-Feuer, und sie als Schleier benutzte, hinter denen sie die Wahrheit verbarg, die sie einmal enthüllen wollte, in dem Lied, das sie niemals sang.
    Der Herausgeber

1
     
    Das Doppelzeichen
     
     
    Fast zwanzig Jahre sind vergangen, seit der Nacht von Leos Vision – vielleicht die schrecklichsten Jahre, die Menschen jemals überstehen mußten –, zwanzig Jahre des Suchens und unerträglicher Strapazen, die mit einem erschütternden, wunderbaren Erlebnis zu Ende gingen.
    Mein Tod steht vor der Tür, und ich bin froh darüber, denn ich möchte meine Suche in anderen Gefilden fortsetzen, so wie es mir vorausgesagt und versprochen worden ist. Mich drängt es, den Anfang und das Ende dieses spirituellen Dramas kennenzulernen, von dem ein paar Seiten auf Erden zu lesen mich das Schicksal bestimmt hatte.
    Ich, Ludwig Horace Holly, bin sehr krank gewesen. Sie haben mich, mehr tot als lebendig, von den Bergen getragen, deren niedersten Gipfel ich von meinem Fenster aus sehen kann, denn ich schreibe diese Seiten in einem Ort an der Nordgrenze Indiens. Jeder andere Mann wäre sicher längst gestorben, doch das Schicksal hat mein Herz weiterschlagen lassen, vielleicht, damit dieser Bericht beendet werden und anderen hinterlassen werden kann. Ich muß einen Monat oder zwei hier ausharren, bis ich wieder kräftig genug bin, um die Heimreise antreten zu können, denn ich möchte an dem Ort sterben, an dem ich geboren wurde. Während ich noch die Kraft dazu habe, will ich die Geschichte zu Papier bringen, oder zumindest die wichtigsten Teile der Geschichte, denn vieles davon kann – und muß sogar – fortgelassen werden. Ich möchte kein zu dickes Buch schreiben, obwohl meine Notizen mir soviel Material geben würden, um mehrere Bände zu füllen.
    Ich will mit der Vision beginnen.
    Nachdem Leo Vincey und ich im Jahre 1885 aus Afrika zurückgekommen waren, auf der Suche nach Einsamkeit und Ruhe, die wir sehr dringend brauchten, um uns von dem entsetzlichen Schock zu erholen, den wir beide erlitten hatten, und um Zeit und Gelegenheit zum Nachdenken zu finden, fuhren wir zu einem alten Haus in Cumberland, das sich seit vielen Generationen im Besitz meiner Familie befindet. Dieses Haus gehört noch immer mir, falls es nicht jemand übernommen hat, der mich tot glaubte – und dorthin will ich reisen, um zu sterben.
     
    Jeder, der diese Worte liest – falls überhaupt jemand sie lesen sollte – mag fragen: was für ein Schock?
    Nun, ich bin Horace Holly, und mein Begleiter, mein geliebter Freund, mein Sohn im Geiste, den ich von Kindheit an großgezogen habe, war – nein, ist – Leo Vincey.
    Wir sind die Männer, die in Verfolgung einer antiken Spur zu den Höhlen von Kôr in Zentralafrika gereist sind, wo wir die fanden, die wir suchten, die unsterbliche ›Sie-der-man-gehorchen-muß‹. In Leo hatte sie ihren Geliebten gefunden, den wiedergeborenen Kallikrates, jenen griechischen Priester der Isis, den sie vor mehr als zweitausend Jahren in einem Anfall
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