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Axis

Axis

Titel: Axis
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Das ist es mehr oder weniger. Ich habe keine Mission im Leben oder so etwas.«
    Anders als du, schien er damit sagen zu wollen. Womit sie umstandslos bei dem Grund angelangt waren, weswegen sie mit ihm Verbindung aufgenommen hatte. Lise griff gerade nach ihrer Tasche, als der Kellner mit Eiswasser aufkreuzte. Sie hatte noch kaum einen Blick auf die Speisekarte geworfen, also bestellte sie spontan eine Paella mit hiesigen Meeresfrüchten und importiertem Safran. Turk orderte ein Steak, medium gebraten. Noch vor einigen Jahren war der Wasserbüffel das am weitesten verbreitete terrestrische Tier auf Äquatoria gewesen – jetzt konnte man problemlos frisches Rindfleisch kaufen.
    Der Kellner trollte sich, und Turk sagte: »Du hättest ruhig anrufen können, weißt du.«
    Nach ihrer Expedition in die Berge und einigen zögerlich eingegangenen Verabredungen hinterher hatte er sie ein paarmal angerufen. Lise hatte zuerst eifrig, dann nachlässig und schließlich, als das schlechte Gewissen einsetzte, gar nicht mehr zurückgerufen. »Ich weiß. Es tut mir leid, aber in den letzten Monaten hatte ich viel um die Ohren…«
    »Ich meine heute. Du hättest nicht den ganzen Weg zum Flugplatz rausfahren müssen, nur um dich zum Abendessen zu verabreden. Du hättest anrufen können.«
    »Ich dachte, wenn ich anrufe, dann wäre das, na ja, zu unpersönlich.« Er sagte nichts, also fügte sie hinzu: »Vermutlich wollte ich dich zuerst einfach mal sehen. Mich überzeugen, dass alles in Ordnung ist.«
    »Andere Regeln hier draußen in der Wildnis. Mir ist das klar, Lise. Es gibt Zuhause- Geschichten und es gibt Auswärts-Geschichten . Wir waren wahrscheinlich…«
    »Eine Auswärtsgeschichte?«
    »Nun, ich dachte mir, dass du es so haben wolltest.«
    »Das, was man haben möchte, ist nicht unbedingt das, was praktisch ist.«
    »Wem sagst du das?« Er lächelte wehmütig. »Wie ist die Lage bei dir und Brian?«
    »Es ist vorbei.«
    »Tatsächlich?«
    »Offiziell. Endlich.«
    »Und das Buch, an dem du arbeitest?«
    »Es sind die Recherchen, die so langsam vorangehen, nicht das Schreiben.« Sie hatte noch kein Wort geschrieben, würde nie ein Wort schreiben.
    »Trotzdem ist es der Grund, warum du dich entschieden hast zu bleiben.«
    In der Neuen Welt, meinte er. Sie nickte.
    »Und wenn du fertig bist? Gehst du zurück in die Staaten?«
    »Möglich.«
    »Es ist komisch. Die Leute kommen aus allen möglichen Gründen nach Port Magellan. Einige finden Gründe zu bleiben, andere nicht. Ich glaube, man überschreitet eine gewisse Linie. Wenn man das erste Mal das Schiff verlässt, wird einem klar, dass man sich buchstäblich auf einem anderen Planeten befindet – die Luft riecht anders, das Wasser schmeckt anders, der Mond hat nicht die richtige Größe und geht zu schnell auf. Der Tag ist immer noch in zwölf Stunden eingeteilt, aber die Stunden dauern sehr lange. Nach einigen Wochen oder Monaten erleiden die Leute einen schweren Orientierungsverlust. Also packen sie ihre Sachen und fahren wieder nach Hause. Oder aber sie gewöhnen sich daran – und plötzlich fühlt sich alles ganz normal an. Dann überlegen sie es sich dreimal, bevor sie wieder zurückgehen in die Ameisenhügelstädte, die verseuchte Luft, die vergifteten Ozeane – all die Sachen, die ihnen früher ganz selbstverständlich erschienen.«
    »Ist das der Grund, warum du hier bist?«
    »Zum Teil, nehme ich an.«
    Das Essen wurde serviert, und für eine Weile sprachen sie über nichts Bestimmtes. Der Himmel wurde dunkler, die Stadt glitzerte, der Kellner kam, um abzuräumen. Turk bestellte Kaffee. Und Lise fasste sich ein Herz und sagte: »Würdest du dir ein Foto ansehen? Bevor sie das Licht dimmen?«
    »Klar. Was für ein Foto?«
    »Ein Bild von einer Person, die eventuell einen Flug bei dir gechartert hat. Vor ein paar Monaten.«
    »Du hast meine Passagierlisten eingesehen?«
    »Nein. Ich meine, nicht ich… Du lässt die Listen bei der Regierung registrieren, stimmt’s?«
    »Worum geht’s hier, Lise?«
    »Ich kann es im Moment nicht erklären. Würdest du dir erst mal das Bild ansehen?«
    Er runzelte die Stirn. »Zeig her.«
    Lise zog den Umschlag aus der Tasche. »Aber du wolltest mich auch um einen Gefallen bitten…«
    »Du zuerst.«
    Sie schob den Umschlag über das Tischtuch. Er nahm das Bild heraus. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Nach einer Weile sagte er: »Ich nehme an, es gibt eine Geschichte zu diesem Bild.«
    »Es wurde Ende letzten Jahres von
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