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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch
Autoren: Ina Norman
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Leinenstreifen und erklärte ihr, wie sie die Wunden behandeln sollte. Die Augenkrankheit überstieg jedoch ihre Heilkunst.
    »Das ist eine üble Sache und schon ziemlich weit fortgeschritten, ich lass dir eine Tinktur schicken, aber es wird dauern. Und ich kann nicht versprechen, dass ihre Augen sich wieder ganz erholen.«
    Mit viel Überredungskunst brachten sie die Kleine in eine Badezelle, um sie zu säubern. Mit erstaunlicher Kraft klammerte sie sich an Wags Hand und erst als er sie, immerfort leise und tröstend auf sie einredend, mit sanfter Gewalt von sich schob, ergab sie sich in ihr Schicksal und ließ sich von den Bademädchen in das warme Wasser setzen.
    »Die Arme«, sagte eine von ihnen mitleidig, als sie herauskam, um eine Schere zu holen, »nichts als Haut und Knochen und überall Striemen. Die Haare müssen wir abschneiden, soviel Ungeziefer, brrr ...«
    Erbärmlich dünn, wie ein geschorenes Schaf, hockte das Mädchen schließlich auf einem Stuhl, in einem viel zu weiten Kittel, den LaPrixa aufgetrieben hatte. Aber ihre Haut glänzte ebenholzschwarz und nachdem sie ein wenig in verdünnten Wein getauchtes Brot gegessen hatte, sank ihr Kopf an die Stuhllehne und sie schlief ein.
    Ninian und Wag hatten sich ratlos angesehen und LaPrixa hatte die Augen verdreht. Sie hatte eine Sänfte kommen lassen und das schlafende Kind mühelos hineingehoben.
    »Gehab dich wohl«, hatte sie mit einer spöttischen Verbeugung gesagt, »und meine Empfehlung an deinen Herrn und Meister. Schätze, er ist nicht begeistert über den Familienzuwachs, aber er wird sich wohl dran gewöhnen müssen, da es dein Wunsch ist, was?«
    Ninian hatte die Stichelei wortlos hingenommen, sie war LaPrixa dankbar für ihre Hilfe gewesen.
     
    In den folgenden Wochen umgab Wag die Kleine mit rührender, gluckenhafter Mütterlichkeit. Mit einer Zartheit, die Ninian ihm nicht zugetraut hätte, versorgte er die Wunden an ihren Knöcheln und brachte sie mit allerlei Leckereien dazu, sich die Augen regelmäßig auswaschen zu lassen. Ein Bote hatte die wasserklare Tinktur wenige Tage nach ihrem Besuch bei LaPrixa gebracht und Wag befolgte die Beschreibung gewissenhaft. Die hässlichen Absonderungen verschwanden und durch die Gnade der Götter behielt das Mädchen sein Augenlicht.
    Die Leckerbissen bekam nicht mehr Ninian, sondern sein Schützling und allmählich rundeten sich die dürren Glieder. Der aufgeblähte Bauch verschwand und der Kopf schien nicht mehr zu groß für den mageren Körper.
    Eines Tages kam Wag verstört zu Ninian, ein blutbeflecktes Tuch in der Hand, das er auf dem Lager im Alkoven gefunden hatte. Das Mädchen saß im Innenhof in der Sonne und verlas getrocknete Bohnen.
    Ninian hockte sich zu ihr und zeigte ihr das Tuch. »Schau her, hast du dich verletzt?« Das Mädchen sah zur Seite, dann deutete es verschämt auf seinen Unterleib und Ninian verstand. Sie warf den Fetzen in die Abfallgrube und beruhigte den aufgeregten Wag.
    »Sie ist älter, als wir dachten, es geht ihr schon nach Frauenart. Ich werde ihr von meinen Leinenlappen geben«, sie zögerte, »vielleicht sollten wir sie doch besser in LaPrixas Obhut geben.«
    »Warum?«, protestierte Wag, »ich sorg doch gut für sie un sie fühlt sich wohl hier.«
    »Ja, aber es ist ziemlich eng in dem Alkoven, ihr schlaft dort zusammen und - sie ist eben kein Kind mehr.«
    Ninian brach ab, Wag war flammend rot geworden.
    »So was denkste von mir? Dass ich mich an ihr vergreif?«
    Er hatte sich umgedreht und war wortlos in der Küche verschwunden. Mehrere Tage sprach er kein Wort mit Ninian, bis sie sich dafür entschuldigte, dass sie seine innige Zuneigung zu dem armen Geschöpf so missverstehen konnte. Wags Liebe war rein und unter seiner Fürsorge war das schwarze Mädchen aufgeblüht.
    Das einzige, was ihm nicht gelang, war, sie zum Sprechen zu bringen. Obwohl er die ganze Zeit auf sie einredete, antwortete sie nie und sprach kein Wort nach, nicht einmal seinen Namen. Auch ihren eigenen gab sie nicht preis. Wag rief sie »Kleine« oder »Mädchen«, aber zufrieden war er damit nicht.
    Als es ihr besser ging, gab er ihr kleine Aufgaben. Geschirr spülen, Wasser und Holz holen, Feuer machen - sie verstand schnell und tat willig, was er ihr auftrug. Eines Morgens überraschte er sie dabei, wie sie hingebungsvoll die Kurbel der kleinen Messingmühle für die Kahweperlen drehte und entzückt dem durchdringenden Quietschen lauschte. Seitdem überließ er ihr diese Arbeit, wobei
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