Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch
Autoren: Ina Norman
Vom Netzwerk:
er peinlich darauf achtete, dass der Patron nichts davon merkte. Er sorgte überhaupt dafür, das sein Schützling Jermyn nicht in die Quere kam. Am Anfang hatte er sich noch böse Blicke und beißende Bemerkungen eingefangen, wenn er über seiner Beschäftigung mit dem Mädchen seine Aufgaben vernachlässigte.
    Aber schließlich hatte sich sogar Jermyn an ihre Anwesenheit gewöhnt. Und er war, so seltsam es anmutete, der erste gewesen, der sich mit dem Mädchen verständigt hatte.
    Häufig quälten sie Alpträume und einmal hatten ihre Schreie Jermyn und Ninian aus dem Schlaf gerissen. Als sie herunterkamen, fanden sie Wag völlig aufgelöst, weil es ihm nicht gelingen wollte, das Mädchen zu beruhigen. Mit geschlossenen Augen wälzte es sich schreiend auf seinem Lager im Alkoven. Wag war den Tränen nahe und auch Ninian starrte nur hilflos auf die Tobende.
    Jermyn trat an das Bett und schlug ihr ins Gesicht. Wag fuhr empört auf.
    »Oi, Patron ...«
    »Still!«
    Die Schreie waren verstummt. Jermyn setzte sich auf das Bett und legte dem Mädchen die Hände an die Schläfen. Unter seinem Griff erschlafften die verkrampften Glieder, ganz still lag es. Auch er rührte sich lange nicht und allmählich verschwand der Schrecken aus dem verzerrten Gesicht. Schließlich seufzte das Mädchen und fiel in tiefen Schlaf. Ruhe kehrte in dem alten Gemäuer ein, aber bevor sie wieder einschlief, sah Ninian, dass Jermyn wach lag und in die Dunkelheit starrte.
    Am nächsten Tag marschierte er in die Küche, drückte das Mädchen auf einen Hocker, zog einen Stuhl heran und setzte sich vor sie. Wag eilte herbei, um sein Küken zu beschützen, aber Jermyn verscheuchte ihn mit einer Handbewegung. Die Kleine kroch angstvoll in sich zusammen, als er ihr Kinn hob und sie zwang, ihm in die Augen zu sehen. Wag rannte los, um Ninian zu Hilfe zu holen. Als er mit ihr zurückkam, schluchzte das Mädchen herzzerreißend. Jermyns Gesicht war grau und zerquält, aber bevor Wag oder Ninian ein Wort sagen konnten, berührte er es an der Schulter.
    »Kamante.«
    Sie sah auf und lächelte unter Tränen.
    »Kamante, Kamante«, wiederholte sie mit kehliger Stimme und Wag fiel die Kinnlade herunter.
    Jermyn deutete auf ihn: »Wag.«
    »Waag!« In einem breiten Grinsen blitzten weiße Zähne in dem dunklen Gesicht auf und der kleine Mann wäre beinahe in Tränen ausgebrochen. Zuletzt wies Jermyn auf Ninian und sich.
    »Patrona, Patron!«
    Er warf Ninian einen warnenden Blick zu, aber ihr war nicht nach Lachen zumute. Sie verstand, dass er seine Rolle als Schutzherr seiner Gefolgsleute endlich angenommen hatte.
    »Paatona, Paaton«, wiederholte Kamante eifrig und dann waren sie hinausgegangen und hatten sie mit dem glücklichen Wag allein gelassen.
    Von diesem Tag an hatte sie zu ihnen gehört, ihre Stimme, die Wag unablässig alles nachplapperte, schallte durch die Küche, so dass Jermyn schließlich finster meinte, er wisse wahrhaftig nicht, warum er sie zum Sprechen gebracht hätte.
    Als Ninian ihn fragte, wie es ihm gelungen wäre, hatte er die Schultern gezuckt. »Nichts weiter, ich hab ihr nur was abgenommen!«
    Mehr erfuhr sie nicht.
    Kamante wurde schnell zu einer unentbehrlichen Hilfe für Wag, allerdings hatte sie nun, da sie aus ihrer Erstarrung erwacht war, durchaus ihren eigenen Kopf und ließ sich beileibe nicht von ihm herumkommandieren.
    »Mach selba, Waag!«, tönte ihr Schlachtruf, wenn er ihr jetzt eine unangenehme Arbeit auftragen wollte, und klein und flink, wie sie war, entschlüpfte sie ihm, wenn er nach ihr greifen wollte. Machte er sich dann jedoch grummelnd selbst an die Arbeit, kam sie und half ihm aus freien Stücken.
    Für Ninian ließ sie alles stehen und liegen, besonders wenn es um die Kleidertruhe ging. Kamante bewunderte die Gewänder aus Samt und Seide, das Weißzeug aus feinem Leinen und liebte es, sie in den Händen zu halten.
    Voller Scheu betrachtete sie Jermyn, sie ging ihm aus dem Weg und Ninian hatte den Verdacht, dass sie ihn für ein gottähnliches Wesen hielt. Sie verschwieg ihm diesen Gedanken, er hatte ohnehin eine allzu hohe Meinung von sich.
    In allem war Kamante eine eifrige, geschickte Gehilfin, doch am Herd zeigte sie sich als wahre Meisterin. Als die kalte Zeit einen Mondlauf vor Mittwinter begann, hatte sie Wag den Kochlöffel endgültig aus der Hand genommen. Jermyn und Ninian saßen nun oft in der warmen Küche, - bei strömendem Regen und Sturm hatten die Garküchen viel von ihrem Reiz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher