Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch
Autoren: Ina Norman
Vom Netzwerk:
über diesen Nebenerwerb und verabscheute die krumme Gestalt.
     
    Auch im Schlafgemach hatte es keine großen Änderungen gegeben. Majestätisch erhob sich das breite Bett auf der Empore. Nicht nur LaPrixas bunte Decken türmten sich darauf, sondern auch kostbare, mit Seide gefütterte Pelze und üppige, daunenweiche Kissen, in denen man zu zweit behaglich wie in einem großen Nest liegen konnte.
    LaPrixas Waschfrau, eine schwergewichtige, furchteinflößende Matrone, die ihren kahlen Schädel kokett unter einer Perücke aus gebleichtem Flachs verbarg, hatte sich zu Wags großer Freude ihrer Wäsche angenommen. Er musste sie nur in das Waschhaus schaffen und wieder abholen. Am Anfang hatten ihn die groben Scherze der Wäscherinnen eingeschüchtert, aber er hatte sich daran gewöhnt und war froh, diese Arbeit los zu sein.
    Ein großer Spiegel in vergoldetem Rahmen lehnte zwischen zwei Kleidertruhen an der Wand. Jermyn hatte ihn mit Hilfe von Babitt und seinen Kumpanen aus dem Schlafzimmer einer vornehmen Dame beschafft.
    »So etwas Prächtiges«, hatte Ninian gestaunt, als sie sich zum ersten Mal darin betrachtete, »sie wird ihn sehr vermissen.«
    »Warum?« Jermyns Spiegelbild hatte ihr zugegrinst. »Er hat ihr doch nur Kummer gemacht - der alten Schachtel. Ich habe ihr einen Gefallen getan, dass ich sie von ihm befreit habe!«
    Er hatte den Arm um sie gelegt und sie hatten sich im Spiegel angesehen - ein rothaariger Junge und ein dunkelhaariges Mädchen, beide schmal und zartgliedrig, zwei Augenpaare, nachtschwarz und regengrau, die ihnen wachsam und herausfordernd entgegenblickten. In diesem Augenblick war es leicht zu glauben gewesen, dass sie sich niemals trennen würden.
    Der mittlere Raum, in dem sie jetzt saß, hatte sich am meisten verändert. Hier verbrachten sie einen großen Teil ihrer Tage, seit die Herbststürme vom Meer her über die Stadt gebraust waren.
    Die Einrichtung erinnerte allerdings mehr an die Dachterrasse des »Schwarzen Hahns« als an die Gemächer der kaiserlichen Konkubinen der Alten Zeit. Den flachen Diwan und den passenden Tisch hatten sie durch Vitalongas Vermittlung von einem Händler bekommen, der die Kaufleute aus den Südreichen belieferte, die in Dea lebten. Er hatte ihnen auch das Kahwe-Geschirr, die bunten Ampeln und unzählige Kissen und Polster verkauft. Der bläulich schimmerndeTeppich mit den verschlungenen Arabesken war ein Geschenk von Vitalonga und weder Ninian noch Jermyn ahnten, dass mancher reiche Kunstkenner vor Neid erblassen würde, wenn er ihn sähe.
    Vor dem Kamin lag das helle, langhaarige Fell eines Bergrindes ausgebreitet. Ninian hatte es von Ely ap Bede bekommen; Dame Enis wollte es nicht mehr in ihren eleganten Räumen sehen, aber Ninian liebte es. Es war schön, nach einer Klettertour bei strömendem Regen oder durchdringendem, nasskaltem Wind dort vor dem prasselnden Feuer zu liegen und zu spüren, wie die sengende Hitze die erstarrten Glieder wärmte.
    Wenn es denn prasselte ... Ninian warf dem kalten Kamin einen finsteren Blick zu.
    Sie hatten auch die Klettertouren in den Ruinen wieder aufgenommen. Die ersten Versuche waren beschämend gewesen und sie hatten sich feierlich versprochen, nie mehr einen Tag verstreichen zu lassen, ohne in die alten Mauern zu steigen und ihre Übungen zu machen.
    Sobald ihre Verfassung es zuließ, hatte Jermyn sein Versprechen eingelöst und war mit ihr in ein vornehmes Stadthaus eingestiegen. Auf dem Weg dorthin hatte Ninian mit zwiespältigen Gefühlen gekämpft. Es gab keine Entschuldigung mehr für ihr Tun und sie musste an den Vater denken, der auf dem Thingplatz das Urteil über Diebe und andere Gesetzesbrecher sprach.
    Jermyn hatte ihre Zweifel gespürt.
    »Was willst du?«, hatte er wegwerfend gesagt, »der Kerl, zu dem wir unterwegs sind, ist viel schlimmer als wir. Dem gehören die meisten Kaschemmen in den Seifensiedergassen, er knöpft den Bewohnern ihre kümmerlichen Groschen ab, ohne sich darum zu scheren, ob ihnen die Dächer über den Köpfen zusammenbrechen. Wegen dem musst du dir kein schlechtes Gewissen machen!«
    Sie war nicht ganz überzeugt gewesen, doch kaum hatten sie das Gebäude erreicht, die Kapuzen übergestreift und die ersten Züge die Mauer hinauf getan, waren die Zweifel von ihr abgefallen. Ihren Vater hatte sie in der wilden Freude des Abenteuers vergessen.
    Außerdem, entschuldigte sie ihr Tun, ging es ihr nicht wie Jermyn um den schnöden Geldwert - sie liebte schöne Dinge. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher