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Autofab

Autofab

Titel: Autofab
Autoren: Philip K. Dick
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gesehen«, sagte Wiseman laut, um die Nervosität ein wenig zu dämpfen, »müßte es eigentlich jedesmal länger dauern, weil sie sich auf weniger Männer konzentrieren muß. Es hätte schnell losgehen und dann immer langsamer werden müssen, bis der letzte Soldat schließlich mindestens einen Monat brauchen müßte, um – «
    »Seien Sie still«, meinte der junge Bombenspezialist mit ruhiger, beherrschter Stimme.
    Der letzte der zwölf Soldaten erreichte den Fuß der Zitadelle. Wie schon seine Vorgänger, fing er an, sich selbst zu zerlegen.
    »Halten Sie die Zange bereit«, krächzte Pinario.
    Die Einzelteile des Soldaten wanderten in die Zitadelle. Langsam schloß sich die Öffnung. Aus dem Innern war ein Summen zu hören, ein anschwellender Laut reger Betriebsamkeit.
    »Jetzt, um Gottes willen!« schrie Fowler.
    Der junge Bombenspezialist nahm die Zange und schnitt damit in die Plusleitung der Batterie. An der Zange blitzte ein Funke auf, und der junge Bombenspezialist fuhr reflexartig zusammen; die Zange flog ihm aus der Hand und schlitterte über den Boden. »Jessas!« sagte er. »Da war ich wohl geerdet.« Benommen streckte er die Finger nach der Zange aus.
    »Sie sind an das Chassis von dem Ding gekommen«, meinte Pinario aufgeregt. Er schnappte sich die Zange, ging in die Hocke und tastete nach der Leitung. »Vielleicht, wenn ich ein Taschentuch drumwickle«, murmelte er, zog die Zange zurück und fischte in seiner Hose nach einem Taschentuch. »Hat jemand was da, was ich hier drumwickeln kann? Ich will keine gewischt kriegen. Man kann nie wissen, wieviel – «
    »Geben Sie her«, verlangte Wiseman und entriß ihm die
    Zange. Er stieß Pinario zur Seite und schloß die Klemmbacken der Zange um die Leitung. Gelassen sagte Fowler: »Zu spät.«
    Wiseman hörte die Stimme seines Vorgesetzten kaum; er hörte den anhaltenden Ton in seinem Kopf und hielt sich mit den Händen die Ohren zu, versuchte vergeblich, ihn abzustellen. Jetzt schien er direkt aus der Zitadelle durch seinen Schädel zu dringen; der Knochen leitete ihn weiter. Wir haben zu lange rumgetrödelt, dachte er. Jetzt hat sie uns erwischt. Sie hat es geschafft, weil wir zu viele sind; wir haben angefangen, uns zu zanken…
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte eine Stimme in seinem Kopf. »Dein Mut hat dich zum Erfolg geführt.«
    Ein unermeßliches Gefühl durchströmte ihn, ein Gefühl der Vollendung.
    »Du hast einer gewaltigen Übermacht standgehalten«, fuhr die Stimme in seinem Kopf fort. »Jeder andere hätte versagt.«
    Da wußte er, daß alles in Ordnung war. Sie hatten sich getäuscht.
    »Was du gerade getan hast«, verkündete die Stimme, »kannst du dein Leben lang immer wieder tun. Du kannst jederzeit über deine Gegner triumphieren. Mit Geduld und Beharrlichkeit kannst du es schaffen. Das Universum ist ja schließlich nicht gerade überwältigend…«
    Nein, erkannte er voller Spott, ganz und gar nicht.
    »Die anderen sind auch bloß ganz normale Menschen«, beschwichtigte die Stimme. »Und obwohl du allein bist, ein einzelner gegen viele, hast du doch nichts zu befürchten. Laß dir Zeit – und mach dir keine Sorgen.«
    »Tu ich auch nicht«, sagte er laut.
    Das Summen ließ nach. Die Stimme war weg.
    Nach einer Weile meinte Fowler: »Es ist vorbei.«
    »Ich kapier das nicht«, sagte Pinario.
    »Genau das war der Sinn der Sache«, meinte Wiseman. »D ie Zitadelle ist ein therapeutisches Spielzeug. Sie fördert das
    Selbstvertrauen des Kindes. Die Demontage der Soldaten« – er grinste – »beendet die Trennung zwischen ihm und der Welt. Es wird eins mit ihr. Und kann sie so bewältigen.«
    »Dann ist das Ding also harmlos«, sagte Fowler.
    »Die ganze Arbeit für die Katz«, nörgelte Pinario. Er wandte sich an den Bombenspezialisten. »Tut mir leid, daß wir Sie umsonst haben kommen lassen.«
    Die Tore der Zitadelle waren jetzt weit geöffnet. Zwölf Soldaten, allesamt unversehrt, kamen heraus. Der Zyklus war beendet; der Angriff konnte von vorn beginnen.
    »Ich werde sie nicht freigeben«, meinte Wiseman plötzlich.
    »Was?« fragte Pinario. »Wieso nicht?«
    »Ich trau ihr nicht über den Weg«, meinte Wiseman. »Für so was Banales ist sie schlicht zu kompliziert.«
    »Erklären Sie mir das«, verlangte Fowler.
    »Da gibt’s nichts zu erklären«, sagte Wiseman. »Da haben wir ein ungeheuer kompliziertes Gerät, und es macht nichts weiter, als sich auseinandernehmen und dann wieder zusammensetzen. Da muß einfach noch mehr
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