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Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi

Titel: Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi
Autoren: Deon Meyer
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und merkte, dass ihm der Schweiß ausgebrochen war. Er war zu alt für solche Unternehmungen, viel zu alt, und er nickte Nita zu, deren Wangen vor Aufregung gerötet waren.
    »Komm, wir müssen uns beeilen!«, flüsterte er.
    »Keine Angst, er kann von außen nicht aufschließen.«
    October schüttelte nur den Kopf, suchte hektisch nach dem nächsten Ordner und legte ihn auf den Boden, so dass sie ihn fotografieren konnte.
    Sie war mit dem letzten beschäftigt, als die Schritte zurückkehrten, diesmal hastig und drängend. Das Geräusch, das dann folgte, ließ seinen Herzschlag stocken: Ein Schlüsselbund rasselte.
    Nita reagierte schneller als er. Sie sah ihn an, legte den Zeigefinger auf die Lippen, bückte sich und raffte hektisch die Ordner zusammen.
    Von draußen wurde ein Schlüssel ins Schloss gesteckt. Nita schob die Ordner zurück ins Regal, ging rasch auf October zu, zog ihn hinter die Tür, schlang beide Arme um ihn und hauchte ihm ins Ohr: »Halt mich ganz fest!«
    In einer ersten Reaktion wollte er sich losreißen, aber sie war stark und energisch.
    Die Tür wurde geöffnet.
    Und für Superintendent Johnnie October blieb die Zeit stehen.

11.
    Um halb eins in der Nacht, während sie widerrechtlich das Archiv von Pickford House durchsuchten, schloss jemand die Tür von außen auf, und Superintendent Johnnie October stockte das Herz. Er war vor Schreck wie gelähmt. Doch Nita reagierte schnell und gezielt und zog ihn hinter die Tür. Sie schloss ihn in eine verzweifelte Umarmung. »Halt mich ganz fest«, flüsterte sie, als das Schloss mit einem Klicken aufsprang und der Knauf sich drehte. Die Tür ging auf.
    Und dann: vollkommene Stille.
    Er spürte es nicht, als sie sich von ihm löste, er sah sie nur, wie in Zeitlupe, das Gesicht freudig strahlend. Ihre Lippen formten tonlose Wörter, die er nicht verstand. Sie zog an seiner Hand. Jede Bewegung war kraftraubend. Es war, als hielte ihn irgendetwas fest, als sei er plötzlich sehr schwer.
    Die Zeit stand still. Und es widerfuhr ihm.
    Sie kamen hinter der Tür hervor. Der Mann stand da, in seiner weißen Klinikkluft, gefangen in einem Augenblick,totenstill, ein misstrauisches Stirnrunzeln im Gesicht. Er musste den Schlüsselbund geschwenkt haben, denn dieser hing schief in der Luft, die Schwerkraft missachtend.
    Wieder zog Nita an October, er merkte es kaum, und sie zeigte den Flur hinunter, ein amüsiertes Grinsen im Gesicht, weil er so erstaunt guckte.
    Es fiel ihm schwer, ihr zu folgen.
Es fühlt sich an … als bewege man sich durch einen See voller Sirup.
So hatte sie ihm in der Woche zuvor das Gefühl beschrieben. Und dann diese vollkommene, unnatürliche Stille, das völlige Fehlen von Geräuschen.
    Mühsam lief er hinter ihr her den Flur entlang. Zehn Schritte, und er war erschöpft. Links, zum Eingangsportal. Am Schalter saß eine Frau und starrte auf einen Fernsehschirm. Das Bild war reglos und unscharf. Die Frau hielt einen Becher in der Hand, auf halbem Weg zum Mund, und der Dampf darüber hatte eine Konsistenz, als könne man ihn anfassen und mitnehmen. Die Stille verblüffte ihn – er hörte seine eigenen Schritte nicht, aus dem Fernseher drang kein Laut. Wie war es nur möglich, dass die Frau sie nicht bemerkte?
    Nita zog die Eingangstür auf, mit großer Anstrengung, ließ dabei aber seine Hand nicht los. Sie waren draußen. Dann gingen sie die Treppe hinunter, vorsichtig, denn Stufensteigen war gewöhnungsbedürftig. Jedes Mal, wenn er einen Schritt wagte, wurde er von Ungläubigkeit, von einem Gefühl der Unwirklichkeit und Schwerelosigkeit erfasst. Das Zauntor schien auf einmal weit weg. Er bekam kaum Luft, als laste ein schweres Gewicht auf seiner Brust. Er war kurz davor, in Panik zu geraten, und suchte mit den BlickenNita. Er sah ihr die Anstrengung an, aber auch das schalkhafte Vergnügen, und das brachte ihn wieder zur Besinnung. Er schleppte sich weiter.
    Endlich, das Tor. Nita zeigte ihm, wie er daran ziehen musste. Er streckte die Hand aus und das Metall auf seiner Haut hatte keine Eigentemperatur, nur seine Beschaffenheit war vage fühlbar. Sie pressten sich hindurch. Nita schloss das Tor hinter ihnen und schlang dann erneut die Arme um ihn.
    Ein lautes Poltern, wie langgezogener Donner, und dann waren die Nachtgeräusche zurück, glasklar. Er hörte das Pochen seines Herzens und dann Nitas Lachen. Sie quietschte und jubelte vor Freude. »Wahnsinn, Wahnsinn, ich habe mich schon lange gefragt, ob es funktioniert, phantastisch,
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