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Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition)
Autoren: Sabine Hartmann
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Risiko?
    Dann war doch noch dieser Brandstifter in der Sparenbergstraße. Erst zertrümmert er die Möbel, dann schmiert er sich ein Brot, und als er verhaftet werden soll, macht er einen Aufstand, weil er sich von einer Frau nichts sagen lassen will. Die Kollegin musste sich ganz schön was anhören, hinterher.
    Gegen durchgeknallt haben wir keine Chance.
    Viel mehr war in dem guten halben Jahr, das ich in Holzminden war, nicht passiert. Abgesehen von diesen mysteriösen Einbrüchen.
    Vier Anzeigen hatten wir in zwei Monaten. Wie viele Menschen waren aus dem Urlaub zurückgekommen und hatten nicht mal gemerkt, dass in ihrer Abwesenheit jemand unbefugt im Haus war?
    In den meisten Fällen dauerte es ein paar Tage, bis die Rückkehrer merkten, dass Geld oder ein Schmuckstück fehlte. Man suchte danach, vergaß es wieder, konnte sich nicht mehr richtig erinnern. Schalt sich selbst für die Unordnung oder Unaufmerksamkeit, schob vielleicht dem Mann, der Frau, den Kindern die Schuld zu. Hatte die Nachbarin im Verdacht, die die Blumen goss oder die Katze fütterte. Schrieb das Ganze als merkwürdig ab, vergaß es schließlich komplett.
    Da selbst unsere Spezialisten nicht die geringsten Spuren finden konnten, ging ich davon aus, dass die Dunkelziffer unglaublich hoch sein konnte. Fünf, zehn, zwanzig unentdeckte Einbrüche? Oder machte ich mir umsonst Sorgen?
    Hatten wir es in Wahrheit mit vorgetäuschten Einbrüchen zu tun, um Versicherungsbetrug?
    Zumindest bei den Webers war ich mir sicher, dass das nicht zutraf. Rudolf Weber hätte das mit der Waffe sonst niemals zugegeben.
    Als das Ehepaar an meinem Tisch zahlte, schloss ich mich an und begann meine Runden durchs Stadtzentrum. Ich ging die Halbmondstraße hinunter und bedauerte wieder einmal, dass einige der alten Fachwerkhäuser derzeit scheinbar nicht bewohnt wurden. Schon auf den ersten Blick erwies sich der Marktplatz als Zentrum zahlreicher Aktivitäten. Unter den korrekt gestutzten Platanen ringsum warben Eisdielen, Cafés und Restaurants mit großen Flächen zum Draußensitzen um Kunden. Da mir das Haus des Handwerks besonders gut gefiel, ging ich am roten Sandsteinbrunnen vorbei, quer über den Platz. Der untere Spruch hatte mich gleich bei meinem ersten Besuch so beeindruckt, dass ich ihn in mein Notizbuch geschrieben und inzwischen so oft gelesen hatte, dass ich ihn auswendig kannte. Irgendwie fasste er alles, was ich beruflich – und privat? – tat, passend zusammen. „Sieh, was die Weisen tun, sieh, was die Toren treiben, und tu das eine nach und lass das andere bleiben.“ Wie wahr, wie wahr, und doch so schwer umzusetzen.
    Ich beschloss, nach links in die Johannisstraße abzubiegen. Es strömten bereits die ersten Schaulustigen heran. Auf dem Johannismarkt würde das Programm heute Abend eröffnet. Tatsächlich sah ich die ersten Gestalten auf hohen Stelzen und seltsamen Sprungstelzen herumhüpfen. Bevor die Ordner den Platz absperrten, ging ich geradeaus, am Tillyhaus vorbei, und bog in die Grabenstraße ein. Keine Fußgängerzone mehr, aber immer noch ausgesprochen nett anzusehende und teilweise aufwendig restaurierte Fachwerkhäuser. Mich faszinierte, wie die Menschen vor so vielen hundert Jahren es geschafft hatten, so prunkvolle Verzierungen zum Beispiel an den Türen und Toreinfahrten anzubringen, ohne die modernen, elektrisch betriebenen Hilfsmittel anwenden zu können, ohne die bei uns gar nichts entsteht.
    Ich beschloss, dem Halbkreis bis zu seinem Ende zu folgen. Der Getreidespeicher als höchstes Gebäude der Stadt wies mir den Weg. Dort, wo der Kolk an den Weserdamm angrenzte, folgte ich der Weser und musste feststellen, dass an den Buden, an denen es Getränke und Speisen gab, richtig was los war.

5
    „Na, ihr Gangster. Ist ja fast wie’n Klassenausflug.“ Timo kam mit großen Schritten quer über den Jahnsportplatz auf sie zu und begrüßte alle mit Handschlag, wie er es immer tat. Den linken Arm hatte er um Julias Hüfte gelegt, die Rechte reichte er seinen Freunden. Valentin und Lars saßen mit Michelle und Saskia auf dem Boden, sie spielten Mau-Mau.
    Philip stand an einen Baum gelehnt und rauchte. „Gordon und ich müssen gleich los. Wir sollen Sicherheitsdienst am Johannismarkt machen.“
    „Dann sehen wir uns nachher alle auf dem Parkplatz Nordstraße.“
    Als Lars antworten wollte, erklang vom Sportplatz des Campe-Gymnasiums ohrenbetäubender Lärm. Lars grinste. „Jetzt wissen wir, warum die sich „Titanick“ nennen.
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