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Ausritt im Park

Ausritt im Park

Titel: Ausritt im Park
Autoren: Robert Bringston
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schien zu schlafen. Eine dicke Decke war bis zu seinen Schultern hochgezogen. Frederik hatte ihn wahrscheinlich so fürsorglich eingepackt.
    »Er hat dich gestern Mittag auf seinem Pferd hergebracht.«
    »Gestern schon«, stammelte ich ungläubig.
    »Er wollte auf keinen Fall von deiner Seite weichen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Also habe ich ihn gelassen. Entschuldige, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Aber er sagte, er hätte dir schließlich das Leben gerettet.«
    »Nein, nein schon gut, Frederik. Es ist alles gut so. Ich kann mich nur an überhaupt nichts erinnern.«
    »Auch das ist laut Doktor Ludford ganz normal. Mit der Zeit wird alles wieder kommen«, beruhigte mich Frederik.
    »Sei bitte so gut und zieh doch die Vorhänge zur Seite«, bat ich ihn.
    Als das Licht durch die zwei Fenster fiel und den Raum erhellte, rührte sich plötzlich der Fremde in dem Sessel. Die Decke rutschte herunter. Zum Vorschein kam ein weißes, mit Rüschen verziertes Hemd. Der Mann hob seinen Kopf. Für einen Augenblick stand mein Herz still. Ich sah in seine Augen, und er sah in meine. Er war es!
    Langsam erhob er sich und kam zum Bett herüber.
    »Schön, dass es Euch wieder besser geht.« Zum ersten Mal hörte ich seine Stimme. Sie war galant, mit einem leichten französischen Akzent. Er starrte mich eine Weile wortlos an. Ich konnte nichts sagen. Mein Kopf war leer. Plötzlich setzte er sich zu mir ans Bett und nahm vorsichtig meine Hand. Eine vertraute Wärme durchströmte meinen Körper. Ich zuckte zusammen.
    »Schön, dass es Euch wieder besser geht«, wiederholte er.
    Noch immer sah er mich an. Noch immer konnte ich nichts sagen. Verzweifelt blickte er zu Frederik.
    »Seine Lordschaft, Sir Brian Wilkins, ist Euch zu tiefstem Dank verpflichtet und hocherfreut, seinem Retter danken zu können«, sagte der zurückhaltend.
    Meine Augen waren keinen Augenblick von seinem Gesicht gewichen. Von der Seite wirkte es noch ebenmäßiger. Der kurze Bart, den er sonst eigentlich nicht trug, sondern jetzt nur der langen Wartezeit an meinem Bett verdankte, machte diesen sinnlichen Anblick noch vollkommener.
    »Ja, das bin ich. Ich bin Euch sehr dankbar«, flüsterte ich leise. »Aber, wer seid Ihr?«
    »Verzeiht, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe. Ich bin Marquis Adrien de Valois aus Valensole, das im Süden von Frankreich liegt.«
    Wir sahen uns an. Keiner sagte ein Wort.
    Frederik räusperte sich leise.
    »Dann wäre es wohl jetzt an der Zeit, eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Ich habe mir erlaubt, einen Imbiss vorzubereiten.« Er deutete auf das Tablett. Adrien und ich sahen gleichzeitig zu dem runden Tisch hinüber.
    »Ihr müsst allerdings noch im Bett bleiben, Lord Wilkins.« Frederik hatte seine gewohnte Sicherheit wieder gefunden. Er war nun wieder ganz der Diener im Hause Wikins. »Doktor Ludford hat Euch noch für die nächsten Tage strenge Bettruhe verordnet.«
    Besorgt sah er auf meine Beine.
    Adrien legte plötzlich eine Hand unter meine Fußsohle.  »Spürt Ihr das?«
    Ich spürte tatsächlich seine warme Hand an meinen Zehen. Ich nickte.
    »Ihr werdet sehen, in ein paar Tagen könnt Ihr schon wieder reiten..«
    »Artos!«, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. »Was ist mit Artos?«
    »Ich habe ihn wohlbehalten zurückgebracht. Außer einem gewaltigen Schrecken, den Ihr ihm eingejagt habt, ist ihm nichts passiert. Einige Leute im Park hatten Euch erkannt und haben mich hierher geschickt.«
    Adrien erhob sich und holte das Tablett ans Bett. »Aber nun habe ich wirklich etwas Hunger.«
    Frederik hob erstaunt seine Augenbrauen. Eigentlich wäre das seine Aufgabe gewesen.
    »Dann darf ich mich jetzt zurückziehen?« Es war keine wirkliche Frage, denn er stand bereits an der Tür. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er uns einen kurzen Moment beobachtete. Mich, wie ich mehr oder weniger hilflos hier im Bett lag, und Adrien, wie er damit beschäftigt war, das Tablett so auf das Bett zu stellen, das wir beide bequem davon essen konnten. Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, und das war in den letzten Jahren wirklich selten geworden. Knarrend schloss er die Tür hinter sich.
    Schweigend aßen wir eine Weile. Frederik hatte einen besonders guten Wein geöffnet. Nach zwei Gläsern fühlte ich mich wieder etwas leichter. Auch Adrien lehnte nun bequem an dem hohen Bettpfosten am Fußende und sah mich an. Gedankenverloren nahm er meinen rechten Fuß in seine Hände und knetete ihn kräftig
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