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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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abläuft?« fragte sie ihn.
    Er musterte ihr Gesicht, ihre Augen. Sie starrte ihn an. Erstaunen in ihrem Gesicht. Sie dachte, dass sie hier mit einem Idioten zusammengespannt war. Sie dachte, er begreife nicht genau, was da ablief.
    »Ist doch ziemlich klar, oder?«, sagte er. »Nach dem vorliegenden Beweismaterial …«
    »Beweismaterial?« wiederholte sie. »Im Bruchteil einer Sekunde war doch alles vorbei.«
    »Genau«, sagte er. »Mehr braucht man auch nicht zu sehen, stimmt’s? Das verrät doch mehr oder weniger alles, was man wissen muss.«
    Er hörte zu reden auf und fing wieder an, sich auszuruhen. Die nächste Gelegenheit zur Flucht würde dann kommen, wenn der Lieferwagen das nächste Mal anhielt. Bis dahin
konnten noch ein paar Stunden vergehen. Er hatte das Gefühl, dass ihm vielleicht ein langer Tag bevorstand. Das Gefühl, dass er sich darauf einstellen sollte, seine Kräfte zu schonen.
    »Und was muss man wissen?«, fragte die Frau.
    Ihre Augen sahen ihn genau an.
    »Sie sind entführt worden«, sagte er. »Ich bin rein zufällig hier.«
    Sie sah ihn immer noch an. Immer noch selbstsicher. Dachte immer noch nach. War sich immer noch nicht sicher, ob sie hier mit einem Idioten zusammengefesselt war.
    »Ist doch ziemlich klar, oder?«, sagte er wieder. »Ich war nicht der, hinter dem die Kerle her waren.«
    Sie antwortete nicht darauf. Hob nur eine schmale Augenbraue.
    »Niemand hat gewusst, dass ich dort sein würde«, sagte er. »Nicht einmal ich habe das gewusst. Bis ich da war. Aber es war eine gut geplante Operation. Muss Zeit gekostet haben, das vorzubereiten. Gründliche Beobachtung, stimmt’s? Drei Männer, einer im Auto, zwei auf der Straße. Das Auto parkte dicht vor der Tür. Die hatten keine Ahnung, wo ich sein würde. Aber sie wussten ganz offensichtlich genau, wo Sie sein würden. Also sehen Sie mich nicht so an, als ob ich hier der Idiot wäre. Sie sind diejenige, die den großen Fehler gemacht hat.«
    »Fehler?«, fragte die Frau.
    »Sie haben zu regelmäßige Gewohnheiten«, entgegnete Reacher. »Die haben Sie studiert, vielleicht zwei oder drei Wochen lang, und dann sind Sie ihnen regelrecht in die Arme gelaufen. Die haben nicht damit gerechnet, dass da sonst noch jemand sein würde. Das ist wohl klar, oder? Sie hatten bloß eine Handschelle mit.«
    Er hob sein Handgelenk an, womit ihres ebenfalls hochgehoben wurde, um seine Feststellung zu unterstreichen. Die Frau blieb eine ganze Weile stumm. Sie korrigierte jetzt ihre Meinung über ihn. Reacher folgte den Schaukelbewegungen des Fahrzeugs und lächelte.
    »Und Sie hätten es eigentlich besser wissen müssen«, sagte er. »Sie sind irgendwie für die Regierung tätig, stimmt’s?
DEA, CIA, FBI, irgendetwas in der Art, vielleicht Detective beim Chicago Police Department? Noch neu, noch ziemlich engagiert. Und recht wohlhabend. Also hat es jemand entweder auf ein Lösegeld abgesehen, oder Sie sind bereits für jemanden zu einem potenziellen Problem geworden, obwohl Sie noch neu sind – aber, was auch immer, Sie hätten besser auf sich aufpassen sollen.«
    Sie sah zu ihm hinüber. Nickte, die Augen in der Dunkelheit geweitet. Beeindruckt.
    »Beweismaterial?«, fragte sie.
    Er lächelte sie wieder an.
    »Ein paar Dinge«, sagte er. »Was Sie da aus der Reinigung geholt haben. Ich vermute, dass Sie jeden Montag in der Mittagspause die Kleider der vergangenen Woche hinbringen, um sie reinigen zu lassen, und Kleider für diese Woche abholen, um sie zu tragen. Das bedeutet, dass Sie Garderobe für fünfzehn- bis zwanzigmal zum Wechseln haben. Und wenn man sich ansieht, was Sie da tragen, kleiden Sie sich nicht gerade billig. Sagen wir mal, vierhundert Kröten für ein Outfit  – das heißt, dass Sie vielleicht acht Riesen in Klamotten angelegt haben. Man könnte Sie also als einigermaßen wohlhabend bezeichnen.«
    Sie nickte langsam.
    »Okay«, sagte sie. »Und was bringt Sie darauf, dass ich für die Regierung tätig bin?«
    »Ganz einfach«, sagte er. »Die haben Sie mit einer Glock siebzehn bedroht, und dann hat man Sie in einen Wagen geschoben und anschließend in einen Lieferwagen, hat Sie mit einem völlig Fremden mit Handschellen zusammengekoppelt, und Sie haben nicht die leiseste Ahnung, wo die Sie hinbringen oder warum sie das tun. Jeder durchschnittliche Mensch würde dabei durchdrehen und ein Riesengeschrei machen. Aber nicht Sie. Sie sitzen ganz ruhig da, und das deutet auf eine gewisse Ausbildung, vielleicht sogar eine
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