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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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gewisse Vertrautheit mit beunruhigenden oder gefährlichen Situationen hin. Und vielleicht steckt sogar so etwas wie die sichere Gewissheit dahinter, dass ein paar Leute sich darum kümmern werden, Sie so bald wie möglich zurückzuholen.«
    Er hielt inne, doch sie bedeutete ihm nickend, dass er fortfahren solle.
    »Außerdem hatten Sie eine Waffe in Ihrer Handtasche«, sagte er. »Etwas ziemlich Schweres, vielleicht eine Achtunddreißiger mit langem Lauf. Wenn das eine private Waffe wäre würde jemand, der sich so kleidet wie Sie, sich für etwas Zierliches entscheiden, eine kurzläufige Zweiundzwanziger beispielsweise. Aber das war ein schwerer Revolver, also ist das eine Dienstwaffe. Und deshalb sind Sie irgendwie im Regierungsdienst tätig, vielleicht Polizeibeamtin.«
    Die Frau nickte wieder, langsam.
    »Und warum bin ich neu in meinem Job?«, fragte sie.
    »Ihr Alter«, sagte Reacher. »Wie alt sind Sie denn? Sechsundzwanzig?«
    »Siebenundzwanzig«, sagte sie.
    »Das ist jung für einen Detective«, sagte er. »College, ein paar Jahre in Uniform? Jung für das FBI oder die DEA, und für die CIA auch. Und deshalb sage ich – für wen auch immer Sie arbeiten –, dass Sie erst seit kurzer Zeit dabei sind.«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Okay. Und warum bin ich ziemlich engagiert?«
    Reacher deutete mit der linken Hand und brachte dabei die Handschelle, die sie sich teilten, zum Klirren.
    »Ihre Verletzung«, sagte er. »Sie hatten irgendeinen Unfall und haben wieder zu arbeiten angefangen, und zwar bevor Sie ganz genesen waren. Sie benutzen immer noch diese Krücke für Ihr verletztes Bein. Die meisten Leute in Ihrer Position würden zu Hause bleiben und sich Krankengeld auszahlen lassen.«
    Sie lächelte.
    »Ich könnte körperbehindert sein«, sagte sie. »Vielleicht ein Geburtsfehler.«
    Reacher schüttelte in der Dunkelheit den Kopf.
    »Das ist eine Krankenhauskrücke«, sagte er. »Die hat man Ihnen geliehen, kurzfristig, bis Sie von Ihrer Verletzung genesen sind. Wenn das etwas Dauerndes wäre, hätten Sie sich eine eigene Krücke gekauft. Wahrscheinlich hätten Sie sich ein
ganzes Dutzend gekauft und sie unterschiedlich lackieren lassen, damit sie zu Ihrer teuren Kleidung passen.«
    Sie lachte; es war ein angenehmes Geräusch, das sogar das Dröhnen und Poltern des Lieferwagens und das Brausen der Straße übertönte.
    »Gar nicht schlecht, Jack Reacher«, sagte sie. »Ich bin Special Agent beim FBI. Seit letztem Herbst. Und den Bänderriss habe ich mir kürzlich beim Fußballspielen zugezogen.«
    »Sie spielen Fußball?«, sagte Reacher. »Gratuliere, Holly Johnson. Und was für eine Art FBI-Agent sind Sie seit letztem Herbst?«
    Sie blieb einen Augenblick lang stumm.
    »Einfach Agent«, sagte sie. »Eine von vielen im Chicagoer Büro.«
    Reacher schüttelte den Kopf.
    »Nicht einfach Agent«, sagte er. »Sondern ein Agent, der jemand auf die Füße getreten ist, der möglicherweise zurückschlagen möchte. Also, wem sind Sie auf die Füße getreten?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Darüber darf ich nicht sprechen«, sagte sie. »Nicht mit Zivilisten.«
    Er nickte. Ihm sollte das recht sein.
    »Okay«, sagte er.
    »Jeder Agent macht sich Feinde«, meinte sie.
    »Natürlich«, erwiderte er.
    »Ich genauso viel wie jeder andere.«
    Er warf ihr einen Blick zu. Das war eine eigenartige Bemerkung. Irgendwie abwehrend. Eine Bemerkung, wie sie eine Frau machte, die eine gute Ausbildung absolviert hatte und loslegen wollte, die aber seit letztem Herbst an einen Schreibtisch gekettet war.
    »Abteilung Finanzen?«, riet er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Darüber darf ich nicht reden«, sagte sie wieder.
    »Aber Sie haben sich bereits Feinde gemacht.«
    Das trug ihm ein halbes Lächeln ein, das aber schnell verblasste. Dann sagte sie nichts mehr. Sie wirkte äußerlich ruhig,
aber Reacher spürte an ihrem Handgelenk, dass sie sich zum ersten Mal Sorgen machte. Aber sie hatte Unrecht.
    »Die wollen Sie nicht töten«, sagte er. »Die hätten Sie auf diesem Schrottplatz umlegen können. Warum Sie in diesem verdammten Lieferwagen wegbringen? Und dann ist da noch Ihre Gehhilfe.«
    »Was ist mit meiner Gehhilfe?«, sagte sie.
    »Das gibt einfach keinen Sinn«, sagte er. »Warum sollten die Kerle Ihre Gehhilfe hier reinwerfen, wenn sie vorhaben, Sie zu töten? Sie sind eine Geisel, Holly, darüber müssen Sie sich klar sein. Sind Sie sicher, dass Sie diese Männer nicht kennen? Sie vorher nie gesehen
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