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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Autoren: Uli Burchardt
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Feigenblättchen, das man schön vor die anderen 99 Prozent des Geschäftsmodells hängen kann.
    So ein echtes, mutiges Bekenntnis zu mehr Nachhaltigkeit, zu Regionalität, zu gentechnikfreien Produkten, zu fairen Erzeugerpreisen ist von den Handelselefanten ganz sicher nicht zu erwarten. Denn so ein Bekenntnis ist nur dann glaubhaft und wirkungsvoll, wenn es mit einem Verzicht einhergeht: einem Verzicht auf den idiotischen Preiswahnsinn der Discounter. Genau diesen aber machen sie
alle
mit, schlimmer noch, sie
sind
es selbst: Penny gehört Rewe, Netto, Diska & Co. gehören Edeka, Kik gehört Tengelmann, Lidl gehört zu Kaufland. Jeder der Großen hat seinen eigenen Discounter.
    Auf der einen Seite faire Milchpreise im Rewe-Markt auf den Sockel zu stellen und gleichzeitig auf der anderen Seite bei Penny die Milch zu Bauern-Vernichtungspreisen zu verschleudern – das wäre unglaubwürdig. Solange die großen Handelsgruppen das unanständige Discounterspiel mitspielen, können sie in ihren Warenhäusern und Supermärkten nichts verändern. Man kann eben nicht gleichzeitig eine Kirche und einen Puff betreiben.
    Wendezeit

    Ich will nicht der Rufer in der Wüste sein. Ich predige keine radikale Umkehr. Ich bin kein Prinzipienreiter. Ich trete nicht für eine Revolution mit wehenden Fahnen ein, sondern für eine smarte Kurskorrektur aus Einsicht. Für eine nachhaltig
ere
Wirtschaft. Nachhaltigkeit in Reinkultur gibt es ohnehin nicht. Solange jede Logistik, jeder einzelne Transport von billigem Öl abhängig ist, gibt es keine echte Nachhaltigkeit, auch nicht bei Manufactum oder Alnatura.
    Ich plädiere auch nicht gegen den Kapitalismus. Zwar bin ich Mitglied bei den Globalisierungskritikern von Attac, weil sie das globale Casino der Börsenzocker dichtmachen wollen. Aber ich bin gleichzeitig Mitglied im Wirtschaftsrat der CDU, weil ich im Grunde meines Herzens ein sehr bodenständiger, bürgerlicher und verwurzelter Mensch bin, ein Wirtschaftsmann aus Überzeugung. Ich glaube, dass die soziale Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards die beste Gesellschaftsform für uns ist.
    Ideologische Grabenkämpfe liegen mir fern. Ich sehe nur, dass der Handel, wie wir ihn jetzt haben, nicht mehr in unsere Zeit passt. Er zerstört unsere Gesellschaft. Er übernimmt keine Verantwortung, und deshalb haben wir alle die Verantwortung, ihn zu verändern.
    Es ist Zeit, dass etwas Neues entsteht. Es kann nicht alles noch billiger werden, die Kosten können nicht noch weiter gedrückt werden, die falsche Kundenorientierung kann nicht noch mehr schlappen Mainstream hervorwürgen, die großen zentralisierten Handelskonzerne können unseren Zukunftsaufgaben einfach nicht mehr gerecht werden.
    Wir müssen dafür eintreten, das Gute unserer Wirtschaft zu erhalten, während wir Neues aufbauen. Das Gute sind beispielsweise die heimischen Produktionsstrukturen. Wir kommen ja nur deshalb noch einigermaßen glimpflich durch die jüngsten Krisenserien der Weltwirtschaft, weil wir überhaupt noch industrielle Strukturen im Land haben.
    Unsere Industriekultur war einmal und ist mancherorts immer noch Weltklasse, wir müssen sie unbedingt erhalten. Wir müssen auch die Urproduktion erhalten, unsere regionale, kleinteilige Landwirtschaft ist unverzichtbar, denn wir brauchen in möglichst kurzer Entfernung die Produktion guter Lebensmittel zu fairen Preisen für die komplette Bevölkerung, damit der immer weiter steigende Ölpreis uns nicht auf den Magen schlägt.
    Auch im europäischen Rahmen brauchen wir eine konservative Haltung dem Bewährten gegenüber. Beispielsweise haben wir in Europa noch ein wenig Textilproduktion, in Italien, in der Türkei, in Portugal – und sogar auf der Schwäbischen Alb, nämlich bei Wolfgang Grupp von Trigema! Wir fertigen sogar wieder Lauf- und Sportschuhe in Deutschland, nämlich bei den Lunge-Brüdern in einem ehemaligen Kuhstall im mecklenburgischen Düssin. Wir sollten stolz darauf sein und diesen Wirtschaftszweigen Wertschätzung geben: Schaut mal, ist das nicht großartig? Das ist in Europa hergestellt worden, dafür zahlen wir gerne 10 Euro mehr, weil wir das gut finden! Wir müssen lernen, den Nutzen der erhaltenswerten Wirtschaftsstrukturen zu erkennen. Und wir brauchen Führungsleute in Wirtschaft und Gesellschaft, die für diese Strukturen geradestehen, anstatt sie im Namen der Rendite immer weiter zu schleifen.
    Was mich zuversichtlich stimmt: Wenn da gar nichts wäre, wenn der Druck auf die Manager nicht
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