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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
Autoren: Mali Benro
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Null. Niemand durfte erfahren, dass er als Ehemann versagt hatte, dass sie die Scheidung verlangte. Welch große Niederlage würde dies sein. Eine Scheidung hatte es in seiner Familie noch nie gegeben, und Ehebruch war ein absolutes Unding. Die Katastrophe schlechthin. Deshalb ertrug er die ganze Pein und versuchte, nach außen den Schein zu wahren. Doch Saskia wurde immer unberechenbarer. Verächtlich kommentierte sie seine Äußerungen, wenn es zum Gespräch kam. Sie schien resistent den Dingen gegenüber, die jahrelang von größter Bedeutung waren. Und ihm war nichts Besseres eingefallen, als ihr damit zu drohen, dass er ihr Greta wegnimmt, wenn sie geht, wenn sie ihn verlässt. Greta. Der letzte Strohhalm, an dem er sich festhielt. Ausgerechnet Greta sollte der Grund sein, warum sie blieb, bei ihm blieb. Dieses ungeliebte Kind, das sie nie wollte, das sie ertrug und nicht verstand.
    Dieses Kind, das schon in der Schwangerschaft nur Ärger bereitet hatte. Komplikationen, wochenlange Krankenhausaufenthalte, Sexverbot, dann der Kaiserschnitt, bei dem Saskia fast gestorben wäre, und dieser schreiende Säugling. Nächtelang, monatelang, ununterbrochen.
    Wütend zerrte er die Schneide über das Kinn und verletzte sich dabei. Er knallte den Rasierer auf die Ablage, drehte den Wasserhahn auf, wusch sich das Gesicht und beobachtete den blutdurchtränkten Schaum wie er über die weiße Keramikschale floss. „So weiß wie Schnee, so rot wie Blut“, überlegte er, die Spur verfolgend, die sich Richtung Abfluss bewegte. Er sah sie vor sich mit ihren langen schwarzen Haaren, ihrer weißen Haut und ihren blutroten Lippen, wie sie Gretas Lieblingsmärchen las. Auf der Bettkante sitzend im Schein der Nachttischlampe. Wie eine Ikone, ein Wesen aus einer anderen Zeit. So schön, so rein, wie das Schneewittchen, von dem die Rede war. Ja, manchmal konnte sie richtig zärtlich und liebevoll mit Greta sein, in ihren guten Momenten oder wenn sie hoffte, dass Greta nun endlich schlafen geht und der Terror des Tages ein Ende hat. Früher hatte er sich dazu gelegt, zugehört, diese Momente genossen, denn er wusste, dass sie anschließend aufstehen würde, um die Nachttischlampe auszulöschen. Dieser Moment war für ihn das Signal, denn nun kam er endlich an die Reihe. Wie ein hungriger Wolf folgte er ihr aus dem Zimmer in den Flur, inhalierte ihren Duft, der ihn wie ein wildes Tier anlockte, um dann in ihr Schlafzimmer einzubiegen. Während sie im Bad verschwand, zog er sich aus, hängte den Anzug fein säuberlich auf den Kleiderständer, stellte die Schuhe vor die Tür, gab Hemd und Unterwäsche in den Wäschekorb, legte sich in sein Bett und wartete geduldig, bis sie im Nachthemd erschien und sich langsam von ihm ausziehen ließ, um sich ihm hinzugeben. Er liebte den immer gleichen Ablauf, das Ritual ihres Liebesspiels gab ihm Halt, weil da eine gewisse Ordnung herrschte, und er brauchte Ordnung in seinem Leben. Ordnung war wie ein Zaubertrank, der ihm Energie und Kraft spendete.
    Immer fester rieb er mit seinem Handtuch das ausgespülte Waschbecken, bis es vor Glanz erstrahlte, selbst die getrockneten Wassertropfen auf den Armaturen wurden poliert, doch als er zufrieden mit seinem Werk in den Spiegel blickte, schossen die bösen Gedanken wieder durch seinen Kopf. Da waren sie, die Feinde, die Nebenbuhler, die Diebe, die sich einfach in ihr Leben geschlichen hatten und ihm die Frau raubten, ihren Körper berührten und besitzen durften. Unaufhaltsam stieg diese quälende Vorstellung in ihm empor, wie Saskia, vor Lust schreiend, vor Vergnügen bebend mit ihnen Sex hatte und jetzt in diesem Moment vielleicht gerade eng umschlungen, sich liebend, mit diesem Frank in irgendeinem Hotelbett unglaubliche Dinge trieb, ja trieb, anders konnte er die Praktiken, die sie so oft in ihren Büchern beschrieben hatte, nicht bezeichnen.
    Dieser Frank war ihm von Anfang an suspekt gewesen. Dieser blond gefärbte Schönling, groß, schlank, natürlich durchtrainiert. Wie er zu Besuch kam aus dem Nichts. Plötzlich stand er in weißen Bermuda- Shorts mit Sonnenbrille auf dem zurückgekämmten Haar in seinem Garten, eine Plastiktüte in der Hand, prall gefüllt mit Wasser und zwei Goldfischen darin.
    „Einer ist für Saskia und einer für Greta“, teilte er ihm freudig mit und reichte ihm die freie Hand zum Gruß.
    „Ihre Frau meinte, ich soll mich mal um Ihren Teich kümmern, der wäre so veralgt, mache ich doch gerne“, erklärte er sein Kommen.
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