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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
Autoren: Mali Benro
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Objektiv eines Mikroskops. Seine Augen waren hell, wach, geradezu fordernd, seine Lippen zusammengepresst. Er schien unter extremer Spannung zu stehen.
    „Hat er Dich eingeladen?“, fragte er, indem er seine Hand auf ihre Schulter legte, und Olivia in das Foyer schob.
    „Setz Dich, meine Liebe“, sagte er betont einladend. Diese spontane Vertrautheit passte Olivia nicht. Was war das für ein Typ, der meinte, sie einfach gleich duzen zu dürfen. Sich aufführte, wie wenn sie Gast in seiner eigenen Wohnung und mit ihm schon ewige Zeit befreundet wäre. Sie setzte sich voller Unbehagen auf einen schwarzen Plastikstuhl. Kalt und hart war er, das kalte Licht der Deckenleuchte blendete.
    „Ein bisschen kräftig, aber sonst echt gut“, hauchte er.
    „Kommst Du wegen der Fotos?“ Was für Fotos? Olivia begriff nicht, worum es ging. Ihr fragender Blick schien ihm Hinweis genug.
    „Nein, Du kommst nicht wegen der Fotos, verzeih, wenn ich indiskret war.“ Indiskret? Warum indiskret? Er schien sie zu verwechseln, und so beschloss Olivia, konkret zu werden.
    „Ist er da, kann ich ihn sprechen?“
    „Du kannst mit mir sprechen, ich bin sein bester Freund, was willst Du wissen?“ Leger lehnte er sich mit einer Pobacke an d ie Empfangstheke und stützte dabei seine Hände auf den Rand. Seine Finger waren groß und fleischig, mit kurzen breiten Nägeln. Protzig schimmerte ein Siegelring im Neonlicht. Er trug teure Kleidung. Von Armani musste dieser graue Anzug sein.
    „Wieso ist niemand da? Es ist Dienstag“, fragte Olivia verunsichert und verschränkte ihre Beine, ja sie verknotete die Waden regelrecht ineinander, als sie registrierte, dass sie einen recht kurzen Rock trug und er permanent ihren Schoß und ihre Oberschenkel fixierte.
    „Bist ganz schön nervös, kennst Dich wohl nicht aus hier, bist das erste Mal da?“ Er blieb beim Du, drückte sich vom Holzrand der Theke ab und ging einen Schritt auf sie zu. Das Telefon klingelte, und Josef blieb stehen, um die Telefonnummer auf dem Display zu checken. Olivia atmete auf. Die Atmosphäre war unheimlich. Hier wollte sie keine Sekunde länger als notwendig bleiben, und da Josef das Gespräch nicht entgegen nahm versuchte sie, endlich zur Sache zu kommen.
    „Okay, mein Name ist Olivia Mously und ich möchte mit Dr. Stein über eine gemeinsame Bekannte sprechen, die ich suche. Es ist wirklich sehr dringend, ich habe keine Zeit zu verschenken, bitte sagen Sie mir, wo ich ihn finden kann.“
    „Ach, Du bist Olivia? Von Dir habe ich schon so viel gehört, gut, dass Du gekommen bist, Du musst mir helfen“, und dann bekam er einen besorgten Gesichtausdruck und redete ununterbrochen.
    Frank habe gestern Nachmittag die Praxis verlassen, ihm heute sehr früh auf die Mailbox gesprochen, und sich seitdem nicht mehr gemeldet. Die Kriminalpolizei hätte vor einer Stunde angerufen. Er wäre vom Personal verständigt worden und natürlich gleich gekommen, um sich zu kümmern.
    Er war erstaunlich gut informiert.
    Die Damen musste er nach Hause schicken, denn Schreckliches sei passiert.
    „Sie sind beide im Krankenhaus, sie haben sich heute früh die Pulsadern aufgeschnitten im Berliner Print Hotel. Sie ist dabei fast verblutet und schwebt in Lebensgefahr, Frank haben sie in die Uni-Klinik geflogen.“ Boing, das war’s. Diese Hiobsbotschaft verkündete er wie ein Pressesprecher mit neutraler, nüchterner Stimme. Olivia war geschockt und in diesem Moment froh über den harten Plastikstuhl auf dem sie saß. Selbstmord, Lebensgefahr, was hatte das zu bedeuten? Saskias letzte SMS fiel ihr ein, „wenn, dann machen wir es zusammen“, hatte sie geschrieben, und Olivia war einfach ins Bett gegangen, weil sie hinter dieser Nachricht eine ihrer maßlosen Übertreibungen vermutete, die ihren Charakter ausmachten.
    Durchgeknallt, theatralisch, immer einen Schritt zu weit, und einen Ton zu laut. Ihre öffentlichen Auftritte, auf Partys und bei Einladungen, waren selbst gemachte Inszenierungen, spektakuläre Provokationen am Fließband. Man konnte sie nicht übersehen, und man konnte sie nicht überhören. Vor allem konnte und durfte man sie nicht ernst nehmen, nach Olivias Einschätzung. Wie ein Panzer ließ sie deshalb Saskias verbale Attacken an sich abtropfen und konzentrierte sich auf ihre von vielen unentdeckten inneren Werte, die armselig in ihrem Herzen verkümmerten.
    Ihr Leben lang war Saskia auf der Suche nach Lieb e und Anerkennung. Sie gab viel und empfing so wenig. Auf diese
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