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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Langensiep, oder?«
    »Der Name sagt mir nichts. Ich hörte nur, daß ein Kollege bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist.«
    »Verkehrsunfall?« Dorothea schmunzelte. »Eine interessante Umschreibung.«
    »Wie meinen Sie das? Was ist denn nun wirklich passiert?« Ich wurde langsam ungeduldig, was diese Angelegenheit betraf.
    »Eine schreckliche Geschichte. Langensiep ist bei einem Spaziergang gestürzt. Um genau zu sein, er ist in einen Steinbruch gefallen und dabei zu Tode gekommen.«
    Ich schluckte. »Einfach so?«
    Schwester Dorothea zog die Augenbrauen hoch. »Auf jeden Fall lautete so das Ergebnis der Ermittlungen, die nach dem Tod in Gang gesetzt worden sind. Aber –« Dorothea senkte die Stimme, als sie weitersprach, »man weiß ja nie.« Ich fragte mich gerade, wie ich die Idee fand, daß mein Vorgänger vielleicht kaltblütig um seine Restlebensjahre gebracht worden war.
    »Das war natürlich nicht ernst gemeint«, lachte Schwester Dorothea indes. »Es war kein Mord, sondern eben ein tragischer Unfall. In einem Städtchen wie unserem passiert doch kein Mord.« Ich lächelte Schwester Dorothea gequält an und trat hinaus ins Freie.
    »Wenn Sie meinen!«
    »Na ja, Ihnen wünsche ich jedenfalls mehr Glück!« Dorothea ließ die Pforte ins Schloß fallen. Als der Schlüssel im Schloß klimperte, hörte es sich einen Moment lang wie ein leises Kichern an.
    Das mulmige Gefühl, das sich bei mir eingestellt hatte, ging nicht nur auf die zwei Stück Eissplittertorte zurück, die ich zuvor gegessen hatte. Ob mein Vorgänger vielleicht ein paar Fünfen zuviel verteilt hatte? Hatten Eltern oder Schüler in Eigenregie für einen zügigen Lehrerwechsel gesorgt? Natürlich spann ich herum, aber ganz im Ernst begann dieser seltsame Vorfall mich zu interessieren – und zu beunruhigen.
    Schnellen Schrittes ging ich zu meinem Auto und nahm dankbar zur Kenntnis, daß HeSieda inzwischen anderweitig im Einsatz war. Als ich hinter dem Steuer saß, ließ ich die Tür einen Augenblick auf und atmete tief durch.
    »He Sie da, Sie sind ja immer noch da! Habe ich Sie nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dieser Parkplatz ausschließlich Lehrpersonen dieses Gymnasiums zur Verfügung steht?« HeSieda stand mit knallrotem Kopf neben meinem Auto. Wo hatte er sich bloß versteckt? Unter meinem Wagen? War er aus einem Gulli gekrochen?
    »Haben Sie irgend etwas zu Ihrer Rechtfertigung zu sagen?«
    »Allerdings! Aber ich habe ernsthafte Befürchtungen, daß Ihr Blutdruck das nicht verkraftet!« Zum Glück verstand ich mich auf Schnellstarts.

4
    Nachdem Alexa endlich einen Parkplatz gefunden hatte, warf sie noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Sie sah ungefähr so aus wie der Pudel, den sie gerade behandelt hatte, und hätte am liebsten vor Verzweiflung gebellt. Sie versuchte, noch ein paar Haarsträhnen zu ordnen, aber es war vergebens. Fluchend stieß sie die Autotür auf und machte sich auf den Weg zum Q. Natürlich war sie wieder zu spät dran. Aber was konnte sie dafür, wenn ein magenempfindlicher Pudel nach der offiziellen Sprechstunde noch einen Durchfallschub bekam, der die Besitzerin zu wahren Hysterieanfällen veranlaßt hatte? Manchmal fragte Alexa sich, ob in vielen Fällen nicht eher die Tierbesitzer eine Therapie brauchten als ihre vier- und zweibeinigen Lieblinge.
    Als sie die Eingangstür öffnete, dachte sie immer noch über die passenden Entschuldigungsworte nach. Hendrik saß direkt am Eingang. Er grinste sie an.
    »Laß mich raten!«, kam er ihr zuvor. »Eine Kuh hat den Melkschlauch verschluckt? Oder eine Stute hat überraschend Zwillinge geboren und ihr fiel kein zweiter Name ein.«
    »Haha!«, brummte Alexa, ließ alle Entschuldigungsfloskeln fallen und plumpste auf einen Stuhl. »Wie du siehst, habe ich drei Stunden vorm Schminkspiegel gestanden, um mich schön für dich zu machen.«
    »Wenn das das Resultat für drei Stunden Mühe ist, solltest du dir zu Weihnachten einen neuen Kosmetikkoffer wünschen.« Alexa verpaßte ihrem Gegenüber einen Tritt vors Schienenbein und versuchte gleichzeitig, Lutz’ Aufmerksamkeit zu erhaschen.
    »Ein Baguette Toulouse – nein, lieber zwei – und eine Cola!«, rief sie ihm zu. Hendrik, der nur ein Glas Wein vor sich stehen hatte, konnte sich eine Bemerkung nicht verkneifen.
    »Na, ißt du heute wieder für deinen Hund mit?« Sie verdrehte die Augen und unterbrach die stilvolle Konversation, um zu sehen, ob Bekannte da waren. Es war noch ziemlich leer um
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