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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr
Autoren: Karen Young
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des Mädchens war blass und ausdruckslos. Die Sohlen seiner kleinen Turnschuhe quietschten leise auf den blanken Bodenfliesen, während es in einer Hast mitgezerrt wurde, der seine kurzen Beinchen nicht gewachsen waren.
    Pete spulte Hinweise für Kate herunter, seine Augen weiter auf die Patientin gerichtet. “Weiblich, Alter zweiunddreißig. Gestauchte Rippen, die Lungen sind in Ordnung, glaube ich. Ich habe ihre Schulter wieder eingerenkt, aber sie verursacht ihr noch Schmerzen. Blutdruck einhundert zu siebzig. War ein paar Minuten ohne Bewusstsein, sagt ihre Schwester, jetzt ist sie jedoch stabil. Im Einsatzwagen hat sie ein bisschen geredet. Macht sich Sorgen um ihre Kleine.”
    Aber nicht so viel Sorgen, dass sie ihr Kind einem gewalttätigen Umfeld entziehen würde. Kate verdrängte den Gedanken und berührte die Patientin am Arm. “Wie heißen Sie, Miss?”
    “Charlene”, murmelte sie. “Charlene Miller.”
    Kate schob das Hemd der Frau beiseite und tastete vorsichtig den zerschundenen Brustkorb ab. Sie stöhnte, und ihre Augen flackerten.
    Pete machte eine Kopfbewegung. “Die da hinten mit dem Kind ist ihre Schwester.”
    “Gehört die Kleine zur Patientin?”
    “Ja.” Kate trat beiseite, damit Pete und sein Kollege die verletzte Frau in eine leere Kabine rollen konnten. Zwei Schwestern halfen ihnen dabei, sie auf ein Krankenhausbett zu legen, dann hängten sie den Tropf auf.
    “So, Dr. Madison, alles Weitere ist Ihre Sache.” Pete beugte sich über die Patientin und berührte sie an der Schulter. “Sie sind in guten Händen, Charlene.” Er sprach bewusst aufmunternd, um sie zu beruhigen.
    “Wird sie wieder gesund? Sie ist meine Schwester.” Besorgt wandte die Frau mit dem Kind ihren Blick von Charlene Miller ab und schaute Kate an.
    “Wir tun unser Bestes”, erwiderte Kate und zog das Betttuch zurecht, damit das Kind die blauen Flecken und Blutergüsse nicht sah. “Ich muss Sie bitten, draußen zu warten”, fügte sie hinzu, während sie die Infusionskanüle am Handrücken der Patientin inspizierte. Dann schaute sie Kelly Mareno an.
    “Blutdruck noch stabil?”
    “Hm … fallend. Neunzig zu fünfundsechzig.”
    Die Schwester der Verletzten ignorierte die Anweisung, die Kabine zu verlassen. “Das war ihr Ex, der hat sie so zugerichtet. Wie oft habe ich ihr gesagt, sie soll ihn nicht mehr in die Wohnung lassen, aber sie tut’s ja doch!”
    Kate hörte ihr kaum zu, da der fallende Blutdruck ihre volle Aufmerksamkeit beanspruchte. Normalerweise wurden Angehörige vom Notaufnahmepersonal hinausbegleitet.
    “Mögliche innere Blutungen”, murmelte sie und streifte das Laken weiter nach unten, um den Unterleib der Patientin untersuchen zu können. Frische Spuren von Misshandlungen über alten, kaum verheilten. Charlene Millers Schwester gab einen Schreckenslaut von sich. Kate wurde ärgerlich. “Kann nicht mal jemand der Dame hier zeigen, wo sie warten soll?”
    Pete, der noch dabei war, Utensilien der Rettungssanitäter einzusammeln, fasste die Frau am Ellbogen. “Kommen Sie, Miss. Lassen Sie Dr. Madison in Ruhe arbeiten.”
    “Man sollte meinen, sie würde mal darauf Rücksicht nehmen, wie Lindy unter all dem leidet”, klagte die Frau. “Ich begreife nicht, dass sie das mitmacht!” Sie entfernte sich ein paar Schritte und blieb wieder stehen. “Das Kind wächst auf und glaubt, dass es ganz normal ist, wenn man eine Frau so behandelt. Schauen Sie sich die Kleine doch an! Sie hat so viel Gewalttätigkeit zwischen Charlene und Vinny mitgekriegt, dass sie total verstört ist.”
    “Mein Baby …” Die Patientin ließ ein schwaches Murmeln vernehmen.
    “Ihre Schwester kümmert sich um Ihre Kleine”, sagte Kate. “Es geht ihr gut.”
    “Nein, nein … Baby …” Sie fasste sich an den Unterleib.
    “Sind Sie schwanger?”, fragte Kate scharf, als kleine Tränen aus Charlenes Augenwinkeln traten. “Charlene? Sind Sie schwanger?”
    “Bitte … will nicht … verlieren …”
    Kate riss das Laken mit einem Ruck bis unterhalb der Oberschenkel der Frau.
    “Verdammt!”
    “O je”, murmelte Kelly.
    “Du lieber Gott!” Charlenes Schwester starrte auf den hellroten Blutfleck, der sich auf der Unterlage ausbreitete. “Ich glaub’s einfach nicht, dass du dich wieder von Vinny hast schwängern lassen, Charly!”
    “Bringt die Frau hier raus”, murmelte Kate, während sie vorsichtig nach dem Fötus fühlte. Als sie ihre Hand zurückzog, strömte frisches Blut auf die Unterlage. Sie
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