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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Autoren: Gina French
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sie so tat, als würde sie das nur sagen, weil ihr am Wohlergehen ihrer Nichte gelegen war.
    Es hätten nur noch ein paar Monate gefehlt, bis Sonia mit ihrer Ausbildung fertig gewesen wäre, aber Papa ärgerte sich so darüber, auf diese Weise von Leonardo zu erfahren, dass er ihr verbot, weiter zur Schule zu gehen. Er war wild entschlossen, die beiden auseinander zu bringen.
    Bald danach hatten Mama und Papa einen großen Streit, der wegen einer dummen Kleinigkeit anfing. Papa wollte eine Tasse Kaffee und stellte fest, dass Mama, die sich den ganzen Tag über Kaffee machte, den letzten Rest Zucker aufgebraucht hatte. Wir tranken alle Unmengen Kaffee; die Kaffeebohnen pflückten wir von unseren eigenen Bäumen, dann trockneten wir sie in der Sonne und zerbrachen die Schalen mit Holzstößeln und Mörsern, die wir aus unserem eigenen Holz gefertigt hatten. Dann rösteten wir den Kaffee, bis er schwarz war, und filterten ihn durch ein feines Sieb; wir tranken ihn stark und mit Zucker, aber ohne Milch.

    Ich glaube nicht, dass der Zucker wirklich so wichtig war. Er war bloß der letzte Tropfen, der das Fass in einem Leben der Schwierigkeiten und Frustrationen zum Überlaufen brachte. Papa war eine Weile krank gewesen, und Mama hatte an ihm herumgenörgelt und ihm vorgeworfen, faul zu sein. Es hatte sich immer mehr Spannung aufgebaut, und der Zucker war der Funken, der das Pulverfass schließlich in Brand steckte. Der Streit wurde immer unverhältnismäßiger, als die beiden mit immer mehr Klagen die Flammen schürten, und wir Kinder konnten nichts tun, als entsetzt zuzuhören, wie die beiden brüllten, einander drohten und dem ganzen Ärger, der sich über Jahre in ihnen aufgestaut haben musste, freien Lauf ließen. Das Ganze endete damit, dass mein Vater mit einer Tasche in der Hand aus dem Haus stürmte und verkündete, dass er nach Manila gehe.
    Wir verstanden nicht recht, was sich da eigentlich abspielte, wir wussten bloß, dass Papa weg war und Mama die ganze Zeit weinte, aber es war nicht so besonders ungewöhnlich, wenn Erwachsene einfach ein paar Monate aus unserem Leben verschwanden, um Geld zu verdienen. Keiner der Erwachsenen wollte mit uns darüber reden. Manila war für uns ein seltsamer Ort, der Name klang nach weit entfernt, irgendwo in einer anderen Welt eben.
    Dass Papa weg war, schien alle möglichen negativen Gefühle freizusetzen, und einige von Papas Verwandten nutzten seine Abwesenheit, um uns zu schikanieren und zu verhöhnen, indem sie sagten, dass wir ihn nie mehr wiedersehen würden. Vielleicht waren sie ja froh, dass er Mama nun schließlich verlassen hatte, und wollten die Kluft vergrößern in der Hoffnung, dass Mama die Ehe abschreiben würde.

    Wir hatten nicht viel Zeit, um über unsere traurigen Gefühle nachzudenken, da wir ja nun den Betrieb auf dem Hof allein in Gang halten mussten. Jeden Tag trotteten wir also in die Berge, manchmal auch zweimal am Tag, um die Arbeit zu erledigen, die sonst er getan hatte. Mama beklagte sich nie über die Mehrarbeit oder die Beleidigungen, die ihre angeheirateten Verwandten ihr zuteil werden ließen, und borgte Papas Schwestern sogar einiges von ihren wertvollen Ersparnissen, als sie Hilfe brauchten.
    Aber ich sah sie oft weinen, wenn sie meinte, allein zu sein, und zwar vor allem, nachdem Papas Schwestern ihr schadenfroh erzählt hatten, dass Papa in Manila eine andere Frau habe. Als sie ihr auch noch ein Foto von ihr zeigten, war Mama außer sich vor Wut und beschloss, die Ehe zu beenden; wir alle sollten uns entscheiden, ob wir bei ihr bleiben oder bei ihm leben wollten.
    »Wer will mit mir zusammen sein?«, fragte sie, und alle, bis auf mich, hoben die Hand. »Schön«, sagte sie, »dann kann Gina ja zu ihrem geliebten Vater gehen!«
    »Ich will zu keinem von euch«, antwortete ich. »Ich will mich nicht für einen von euch entscheiden müssen. Ich will keinem von euch wehtun. Ich möchte lieber bei Nana leben.«
    Der Streit beruhigte sich wieder, als wir ohne Papa unsere Alltagsroutine aufnahmen, und Mama sprach nicht mehr von Scheidung, sondern konzentrierte sich auf unser Überleben. Mir war das Herz schwer bei dem Gedanken, dass Papa jemanden gefunden haben könnte, den er uns vorzog. Einmal, als wir in den Bergen arbeiteten, sah ich in den Himmel hinauf und betete zu Gott, dass er unsere Eltern wieder zusammenbringen möge.

    »Lieber Gott, lass mich all das Leid ertragen, aber nicht Mama«, bat ich.
    Ich wollte in der Lage sein, ihnen das
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