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Aus Nebel geboren

Aus Nebel geboren

Titel: Aus Nebel geboren
Autoren: Emily Bold
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gezielten Hieb auf die Kehle des unerfahrenen Kriegers ab.
    „Lamar!“, schrie Julien und warnte den Freund vor dem Feind in dessen Rücken. Als der Angreifer tödlich getroffen zu Boden ging, sprang Lamar über ihn hinweg und kam an Matteos Seite.
    „Schaff dich und die Jungen hier heraus, Lamar! Du kannst deinen Schwertarm kaum noch gebrauchen!“, befahl Julien.
    Ihnen blieb keine Zeit, um durchzuatmen, denn schon kam ein dunkelhäutiger Krieger mit gebleckten Zähnen auf sie zu. Julien stellte sich dem Feind entgegen. Er vertraute darauf, dass Lamar tat, wie er ihm befohlen hatte. Schlag um Schlag trieb er den Heiden weiter zurück. Blind vor Adrenalin teilte er seine Hiebe aus, sein Atem drängte hart aus seiner Kehle. Das Kettenhemd schien ihm die Luft zu nehmen, und das Leder, das ihn schützen sollte, schnürte ihn ein.
    Er war langsam. Sein Gegner, nur mit einer dünnen Leinenhose bekleidet, die muskulöse Brust nackt und glänzend von Blut und Schweiß, war deutlich wendiger, auch wenn dessen Säbel nicht die gleiche Spannweite hatte wie Juliens Schwert. Aus dem Augenwinkel sah er Gabriel, der einen der Kämpfer niederstreckte, aber sogleich von weiteren Kriegern angegriffen wurde.
    Die Heiden kämpften wie Teufel, und Julien sandte ein Stoßgebet in den Himmel.
    Das Klirren der Waffen vibrierte in seinen Adern, und es kam ihm vor, als würden aus Augenblicken Stunden. Der steinerne Boden war rutschig von Blut, und er spürte seine Kräfte rasch schwinden. Gerade parierte er den nächsten Streich, als er hinter sich einen gellenden Schrei hörte. Er fuhr herum. Ein Fehler! Der Schmerz durchfuhr ihn wie ein glühender Speer, als ihn die Klinge unter der Achsel traf. Das Schwert entglitt Juliens tauben Fingern, und ihm blieb nichts anderes übrig, als auf die versteckten Klingen an seinen Unterarmen zurückzugreifen. Das siegessichere Grinsen des Heiden erschien ihm wie eine dämonische Fratze, als dieser seinen Säbel schwang und laut brüllend auf ihn zu rannte.
    Julien sah kurz auf den blutenden Jungen hinter sich. Quirin, dessen Leib wie in der Mitte halbiert war. Die schrecklichen Schreie kamen nicht von ihm, sondern von Matteo, der um seinen toten Bruder weinte. All dies realisierte Julien, während sein Gegner sich auf ihn stürzte. Julien drehte sich. Er hob den Arm. Duckte sich knapp unter der Klinge des Feindes hindurch, wehrte die tödliche Schneide mit den ledernen Armstulpen ab und trieb seinen Dolch in die nackte Brust des Heiden.
    Nah. Er war dem Tod des Mannes so nah. Das warme Blut quoll ihm über die Hand, als er seinen Dolch noch einmal tief in dessen Leib rammte. Der heiße Atem des Sterbenden roch nach Zwiebeln. Julien drehte die Klinge und hörte erst auf, als er sah, dass das Leben aus den Augen des Feindes wich. Kraftlos stieß er ihn von sich und taumelte zurück. Matteos Schreie hatten sich entfernt, und auch das Getöse des Kampfes hatte sich verlagert. Er sah sich um. Dies war ein Ort des Todes, und er war froh, Gabriel unverletzt zu sehen. Der kam mit großen Schritten auf ihn zu.
    „Julien! Bist du wohlauf?“, rief sein Freund atemlos und schlug ihm auf die Schulter.
    Julien zitterte. Das Blut lief ihm heiß an der Seite hinab, aber darum konnte er sich jetzt nicht kümmern.
    „Es geht mir gut. Dieser Hurensohn hat mich erwischt, aber das Kettenhemd hat den größten Schaden verhindert. Wo sind die anderen?“
    Gabriel sah sich um.
    „Wir haben die meisten dieser Berserker gestellt, aber Henry und …“, er sah hinüber zu der Leiche des jüngsten Kämpfers und schluckte, „… und Quirin sind den Märtyrertod gestorben.“
    Er bekreuzigte sich und schüttelte bedauernd den Kopf. Julien ging zu dem Jungen und schloss ihm die Augen, in denen noch nach seinem Tod die Angst zu stehen schien. Er faltete ihm die Hände vor der Brust wie zum Gebet und versuchte, nicht darauf zu achten, dass dem Knaben das Gedärm aus dem beinahe abgetrennten Rumpf quoll.
    Julien spürte kaum Gabriels Hand auf seiner Schulter.
    „Komm, Juls. Deine Männer warten – diese Nacht ist noch lange nicht vorüber.“
    Mit gezogenen Waffen schlichen sie schließlich hinaus in die Nacht. Die Feuer, die über den Dächern von Jerusalem loderten, erhellten den Innenhof des Palastes. Seine Truppe hatte sich gesammelt, und zu ihren Füßen knieten einige Heiden. Aber Juliens Blick hing nur an Matteo, der kaum an sich halten konnte und sich immer wieder mit ganzer Kraft selbst auf den Kopf schlug.
    Julien
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