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Aus Nebel geboren

Aus Nebel geboren

Titel: Aus Nebel geboren
Autoren: Emily Bold
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mögen vor Erleichterung, als sie in dem schwachen Licht der grünen Leuchtreklame zwei Asthmasprays erblickte. Kein Prednisolon, wie sie gehofft hatte, aber auch diese würden Chloés Bronchien weiten und ihre Muskulatur entspannen.
    Fay rannte das letzte Stück bis zu der Wäscherei, über der sie sich mit ihrer Schwester eine kleine Dachkammer teilte, und schlich die knarzenden Stufen hinauf. Obwohl Chloé den Job in der Wäscherei wegen ihrer schlechten körperlichen Verfassung verloren hatte, ließ sie Monsieur Duprais weiterhin in der kleinen Kammer wohnen. Das war ihr großes Glück, denn eine andere Unterkunft konnten sie sich nicht leisten.
    Fay stemmte sich gegen die verzogene Tür und schaltete das Licht an. Chloé drehte ihr den Rücken zu und zog sich die Decke weiter über den Kopf. Sie hustete.
    Fay befreite sich aus den nassen Sachen, schlich an der am Boden liegenden Matratze vorbei, die ihnen als Bett diente, und schlüpfte unter die Dusche, die sich nur wenige Schritte weiter hinter einem grauen Duschvorhang verbarg. Das Wasser kam in einem spärlichen Rinnsal aus dem verkalkten Duschkopf, und Fay beeilte sich, denn es zog kalt zu dem winzigen Fenster der Kammer herein. Sie war eigentlich viel zu müde zum Duschen, aber sie würde mit dem Gefühl der Berührung des Fremden auf ihrer Haut ohnehin keinen Schlaf finden. So wusch sie den Schmutz ihres Berufs von sich ab und wünschte sich, wie so oft, irgendwann auf den großen Bühnen von Paris zu tanzen. Richtig zu tanzen. Nicht leicht bekleidet in irgendwelchen Käfigen oder an dreckigen Stangen!
    Sie drehte das Wasser ab und wickelte sich in das Handtuch, ehe sie sich zu Chloé auf die Matratze setzte. Sie fuhr ihrer Schwester über die verschwitzten Locken und fühlte mit Beunruhigung deren heiße Stirn. Seit Tagen kämpfte Chloé gegen das Fieber. Fay streichelte die dünne Schulter vor sich und bemerkte, wie ausgemergelt die Achtzehnjährige war.
    „Chloé, ma belle , wach auf. Ich hab dir etwas mitgebracht.“
    Sie zog die Tüte zu sich heran und holte das Asthmaspray heraus. Außerdem drückte sie eine Paracetamoltablette aus einem Blister, der auf dem Hocker neben dem Bett lag. Es war die letzte. Zittrig setzte sich Chloé auf und lehnte sich schwach gegen die Wand.
    „Guten Morgen“, presste sie zischend aus ihrer eingeschnürten Lunge heraus.
    „Psst“, versuchte Fay, ihre Schwester am Sprechen zu hindern. „Hier, das wird dir helfen.“
    Chloé pumpte sich gierig die Arznei in den Rachen und hustete, als das kalte Spray ihre Lunge erreichte.
    „Danke, Fay“, flüsterte sie schwach.
    Fay lächelte sie aufmunternd an.
    „Zieh das verschwitzte Shirt aus und versuch, noch ein wenig zu schlafen. Ich bin hundemüde und brauche dringend eine Mütze voll Schlaf.“
    Chloé atmete einige Male tief ein und aus.
    „Wie war die Nacht?“, fragte sie schließlich und beobachtete Fay, die sich abtrocknete und in ein Shirt schlüpfte.
    „Gruselig. Dieser Matt war wieder da. Der ist ein Bürohengst, denn sein Anzugstoff ist nicht billig, aber er kann keine Krawatte binden. Er lächelt immer ganz freundlich, aber, sobald Gino nicht hinschaut, tatscht er mich an!“
    Sie rubbelte sich das Haar trocken.
    Chloés wilder, rotbrauner Lockenkopf schüttelte sich vor Ekel.
    „Ich könnte das nicht ertragen!“
    Fay sah sie bestimmt an: „Du wirst das auch nie ertragen müssen, ma belle ! Das schwöre ich! Wir kommen hier raus …“
    Fay half ihrer Schwester ebenfalls in ein trockenes T-Shirt und kroch neben ihr unter die Decke.
    „Ich weiß nur nicht wie …“, murmelte sie, als Chloés gleichmäßig rasselnder Atem zeigte, dass sie bereits wieder eingeschlafen war.
     

Der Hinterhalt

    Jerusalem, 1099
    Ein Hinterhalt!
    Julien zückte seine Waffe und kam seinen Männern zu Hilfe. Es war ihm unmöglich, in der Finsternis Freund von Feind zu unterscheiden, als sein Schwert auf einen Gegner traf.
    Lamar eilte zurück und riss die schmale Seitentür auf, um wenigstens etwas Licht hereinzulassen.
    „Hierher, Männer! Rückzug!“, brüllte Julien, drängte aber selbst in die goldene Halle hinein. Sein Schwertarm schmerzte bei jedem Hieb, den er gegen die Heiden austeilte, aber er schlug sich wacker bis zu den in arge Bedrängnis geratenen Zwillingen vor.
    „Zurück!“, rief er. „Raus hier, schnell!“
    Matteo keuchte unter der Wucht eines orientalischen Säbels und strauchelte. Julien zerrte den Jungen am Kragen zur Seite und wehrte zugleich den
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