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Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Titel: Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)
Autoren: Julika Szabó
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erreicht mich der Anruf von Christina-Anna.
    Christina-Anna Winschelruth-Eggermann.
    Christina-Anna Winschelruth-Eggermann, PEKiP-Gruppenleiterin.
    Das Warten hat sich gelohnt. In der PEKiP I, der PEKiP-Gruppe for beginners ist kurzfristig ein Platz frei geworden.
    Dienstag soll es losgehen.
    Bereits am frühen Morgen des großen Tages können wir es kaum abwarten. Paulchens Vorfreude ist so groß, dass er, gerade als wir abreisebereit sind, noch mal seine Windel bis zum Überlaufen befüllt. Also gut. Kindchen wieder raus aus der Babyschale, raus aus den Klamotten, raus aus den Windeln. Und dann das ganze von vorne. Als wir mit einer halben Stunde Verspätung im PEKiP-Forum eintreffen, sind wir nassgeschwitzt. Und das ist auch gut, denn PEKiP bedeutet doch sich völlig frei, ungehemmt und vor allen Dingen nackig zu bewegen.
    Leider hatte ich vergessen, dass das nur für Babys gilt. Ich selbst habe wegen der frostigen Außentemperaturen einen mordsmäßig dicken Rollkragenpullover an, dessen ich mich mangels öffentlichkeitsgeeigneter Unterwäsche auch nicht entledigen kann. Und die gesetzlich vorgeschriebene Mindesttemperatur bei PEKiP-Veranstaltungen beträgt 37,5 ° C.
    „Schön, dass ihr auch noch kommt. Du bist bestimmt Katja und das ist der kleine Paul.“
    Christina-Anna empfängt uns mit einem warmen Lächeln. Kein Wunder bei den Temperaturen. Paulchen schläft.
    „Keine Angst, ihr habt noch nichts verpasst. Wir singen gerade unser PEKiP-Begrüßungslied.
    Alle Babys strahlen ihre singenden Mütter mit babyblauen Augen an.
    Alle Babys?
    Nein! Ein kleines unbeugsames Baby namens Paulchen weigert sich standhaft, dem lieblichen Gesang seiner Mutter zuzuhören und leistet erbitterten Widerstand. Ich schwitze und Paulchen schläft.
    „Macht nichts“, sagt Christiana-Anna.
    „Macht nur das, was Eure Babys wirklich wollen.“
    Also, was willst Du Paulchen, frage ich und schwitze weiter.
    Ich singe, Paulchen will schlafen.
    Ich höre auf zu singen, aber nicht auf zu schwitzen. Paulchen schläft immer noch.
    PEKiP ist doof, träumt Paulchen.
    PEKiP ist heiß, denke ich.
    „Und nun stellen wir uns und unsere Babys vor.“
    Zu meiner Linken sitzt Tina mit  Marc-Antonius, dem Produkt einer harmonischen Empfängnis. Daneben eine Julia, die ihr Pummelchen im Karl-Lagerfeld-Outfit als Giacomo-Jeronimus vorstellt.
    Geraldine, höre ich zu meiner Rechten.
    Anastasia-Sophie, flötet eine Mittvierzigerin.
    Luca-Leon-Leander ist der letzte in der Reihe.
    „Und nun können sich Eure Babys kennen lernen“, schlägt Christiana-Anna vor.
    „Aber nur wenn Eure Babys wirklich wollen.“
    Willst Du Paulchen?
    Paulchen schläft weiter, was heißen kann, will oder will nicht.
    „Hierzu legen wir die Babys in den Kreis.“
    Alle Babys liegen im Kreis. Alle Babys beobachten sich gegenseitig.
    Alle Babys?
    Nein! Ein kleines unbeugsames Baby namens Paulchen weigert sich hartnäckig, andere Babys zu begaffen und schnarcht.
    Ich bin verzweifelt und nass geschwitzt. Ich habe mich so auf PEKiP gefreut. Doch Paulchen ist das egal.
    Christina-Anna nimmt mich zartfühlend beiseite.
    „Mach dir nichts draus. Das geht vielen beim ersten Mal so. PEKiP bedeutet auch, sein Kind so zu akzeptieren wie es ist.“
    Beim nächsten Mal bin ich schlauer und als eine der ersten da.
    Ich habe Glück. Paulchen ist wach und fröhlich.
    Doch just in dem Moment, als ich das PEKiP-Begrüßungslied anstimme, schläft er ein.
    „Du, mach Dir nichts draus. Das kommt schon mal vor. PEKiP ist anstrengend. Manche Kinder brauchen etwas länger, um sich an PEKiP zu gewöhnen.“
    Christina-Anna ist so gut zu mir.
    Neidisch schaue ich den anderen glücklichen Müttern mit ihren süßen kleinen Wonneproppen zu, die sich nackend und fröhlich auf dem PEKiP-Boden tummeln.
    PEKiP ist ja schließlich auch Zuschauen.
    Marc-Antonius brüllt, weil er Hunger hat.
    Giacomo-Jeronimus schreit nicht, weil er gerade sein Fläschchen bekommt. Geraldine weint, weil Anastasia-Sophie auf ihre Matte gepinkelt hat. Anastasia-Sophie weint aus Solidarität gleich mit. Luca-Leon-Leander schreit, weil alle schreien.
    Nur Paulchen schläft. Ich packe ihn wieder ein und beschließe, meine PEKiP-Stunde für heute zu beenden.
    Zartfühlend nehme ich Christina-Anna zur Seite.
    „Mach Dir nichts draus.
    PEKiP bedeutet auch, einfach nach Hause zu gehen, wenn es doof ist.“
     

Spielzeug
    Ich bin verzweifelt.
    Paulchen spielt mit einem Wäschekorb.
    Mit einem weißen Wäschekorb.
    Nicht mit
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