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Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Titel: Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)
Autoren: Julika Szabó
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Stilltherapeutin nimmt Anna in die Arme.
    „Willkommen in unserer Gruppe, Anna. Tröste Dich, wir haben fast alle das Gleiche durchgemacht. Das Wichtigste ist erst einmal offen darüber zu reden. Und für Deine Stillprobleme werden wir schon eine Lösung finden.
    Und jetzt fassen wir uns alle an den Busen und sprechen zusammen:
    Wir sind gute Mütter und haben genug Milch. Wir haben Milch im Überfluss und wollen unsere Kinder stillen. Wir nähren unsere Kinder allein durch unsere prallen Brüste. Wir haben viel, viel Milch.“
    „Wir haben pralle Brüste mit viel, viel Milch“, wiederholen wir mit einem lauten Singsang.
    „Und jetzt Du Tanja.“
    Monika, unsere Stillberaterin nickt Tanja aufmunternd zu.
    „Ich heiße Tanja und bin anonyme Stilloholikerin.“
    „Tanja, erzähl uns Dein Problem.“
    „Ja, Tanja erzähl es uns.“
    „Also gut. Tom feiert nächste Woche seinen 18. Geburtstag und ich wollte ihn bis dahin endgültig abstillen. Doch dann bekam er wieder eine Erkältung und hat eine Woche lang jede feste Mahlzeit verweigert. Er will immer nur an die Brust. Was soll ich bloß tun? Ich kann ihn doch nicht verhungern lassen. Doch langsam habe ich das Gefühl, dass mich die Leute komisch angucken, wenn ich Tom in der Öffentlichkeit stille.“
    „Tanja, Du musst jetzt ganz tapfer sein. Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, die Stillbeziehung zu beenden. Und wenn Du Dich nicht mehr wohl fühlst, dann ist dieser Zeitpunkt wahrscheinlich gekommen, so schmerzhaft es auch für Dich sein mag.“
    „So, wer von Euch hat heute noch etwas mitzuteilen“, Monika schaut sich fragend in der Runde um.
    „Vielleicht Du Claudia, wie hat sich Deine Stillbeziehung  weiter entwickelt?“
    „Ich bin Claudia und seit einem Jahr Stilloholikerin. Ich habe es wieder getan, ich habe mich beim Stillen gehen lassen. Drei Monate war ich trocken, doch jetzt konnte ich der Versuchung nicht widerstehen.
    „Was hast Du getan, Claudia? Lass es raus“, ermuntert unsere Stilltherapeutin.
    „Ja, Claudia, wir wollen es wissen,“ kommt unser promptes Echo.
    „Schon seit Beginn unserer Stillbeziehung stille ich Paulina-Serafina alle 1½ Stunden.  Und das Stillen dauert immer so schrecklich lang. Ich komme zu gar nichts mehr. Und da habe ich es getan. Ich konnte wirklich nichts dafür, die Zeitschrift lag einfach so auf unserem Tisch und ich habe angefangen darin zu blättern. Nur um so ein bisschen auf dem Laufenden zu bleiben.
    Und dann schaut mich Paulina-Serafina mit ihren großen blauen Augen an, als ob ich sie aussetzen wollte. Und dass nur weil ich nebenbei ein bisschen in einer Klatschzeit-schrift gelesen habe.“ 
    „Pfui, Du hast da etwas sehr Schlimmes getan. Hast Du etwa nicht Deine Stillbibel zu Rate gezogen. Die zehnte Stillmaxime lautet: Du sollst eins sein mit Dir und Deinem Baby im Kosmos. Unterlass alles, was die Stillbeziehung stören könnte. Konzentriere Dich nur auf Dein Kind und verbiete Dir jeden anderen Gedanken, sonst könnte Dein Kind schaden nehmen.“
    „So, ihr lieben Mütter, unsere Zeit ist leider schon um.“
    Insgeheim atme ich auf. Gott sei Dank, muss ich mich heute nicht mehr offenbaren. Denn ich habe in der vergangen Woche mindestens 5 täglich gegen eine der 45 Stillregeln verstoßen. So habe ich mit meinem Kind an der Brust telefoniert, die Tageszeitung gelesen, im Internet gesurft, Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Zwischenzeitlich beherrsche ich sogar das Zehnfinger-schreibmaschineschreiben mit Baby an der Brust. Doch ich gelobe Besserung. Bis zum nächsten Mal.
    „Und jetzt lasst uns noch einmal zusammen sprechen.
    Wir sind gute Mütter und haben genug Milch. Wir haben Milch im Überfluss und wollen unsere Kinder stillen. Wir nähren unsere Kinder allein durch unsere prallen Brüste. Wir haben viel, viel Milch.“
    „Wir haben pralle Brüste mit viel, viel Milch“, wiederholt der Rest  einem lauten Singsang.
    Kaum bin ich aus der Tür des Gemeindesaals, in welchem die Stilloholiker wöchentlich tagen, herausgetreten, bimmelt mein Handy.
    Es ist der verzweifelte Vater mit dem noch verzweifelteren Baby
    „Du, ich habe wirklich alles probiert. Ich glaube, er hat schon wieder Hunger. Meinst Du, wir sollten nicht vielleicht doch mal zufüttern. Nur mal für eine kurze Zeit?“
    „Keine Angst, ich mache das schon.“
    Frohen Mutes gehe ich nach Hause. Denn ich weiß, ich habe pralle Brüste und viel, viel Milch.

Endlich PEKiP
    Das Schicksal meint es doch gut mit mir.
    Gerade
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