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Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Titel: Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)
Autoren: Julika Szabó
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vergessen habe. Es ist völlig normal, wenn Du jetzt traurig bist. Lass den Tränen einfach freien Lauf.
    Verflixt noch mal, sind denn jetzt alle durchgedreht?
    Ich bin glücklich. Einfach glücklich. Sonst gar nichts.
    Dritte neue Nachricht: Gestern 17: 43 Uhr.
    Bettina, die nicht lange stören will.
    „Dir geht es sicher sehr, sehr schlecht. Ich meine, bei mir und Marc-Antonius war das Geburtserlebnis ja äußerst, äußerst harmonisch, aber selbst ich habe tagelang, ja wochenlang unter diesen schrecklichen, schrecklichen Depressionen gelitten.
    Energisch protestiere ich. Es geht mir sehr, sehr gut. Ich bin nur äußerst, äußerst genervt.
    Mittendrin klingelt es an der Tür. Vermutlich noch eine der Nachbarinnen, die das Baby sehen will.
    Doch nein, vor der Tür steht Beate, ebenfalls Wöchnerin, die eine Tag nach mir entbunden hat. In der Hand hat sie einen Maxi-Cosy mit einem süßen kleinen Mädchenbaby. Es schläft. Ganz in rosa. Einfach zum Knuddeln, doch Beate sieht nicht glücklich aus. Ich muss ihr bloß in die verheulten Augen schauen und schon weiß ich, was los ist.
    „Ach, Katja, es ist ja alles so schlimm, so schrecklich, so unermesslich traurig.“
    Nie wieder werde ich den Fehler begehen, wildfremden Frauen nur aus einer Laune heraus meine Telefonnummer oder gar meine Anschrift zu verraten.
    Doch ich kann die arme Beate auch nicht einfach so vor der Tür stehen lassen.
    „Komm doch erst mal rein und erzähl mir einfach, was los ist. Ich koche uns einen schönen Still-Tee und dazu knabbern wir ein paar noch schönere Still-Kekse. Und dann sieht die Welt schon anders aus“.
    Beate heult wie ein Schoßhund.
    Ich platziere Beate samt ihrem Baby in unserer guten Stube. Was mache ich nur mit dieser verheulten Tussi? Ich habe nicht die geringste Lust, mir diesen wunderschönen Tag versauen zu lassen. Doch da kommt die rettende Idee.
    Ich koche 5 Liter Still-Brühe und rufe Sabine, Kristine und Maria an. Und dazu meine Schwiegermutter. Sie sollen alle vorbeikommen, denn ich beabsichtige die erste Selbsthilfegruppe für Postnatale Depression in unserem Ort gründen.
    Als alle da und mit Tee, Keksen und reichlich Taschentüchern versorgt sind, verabschiede ich mich kurz unter dem Vorwand, Paulchen wickeln zu müssen. Sollen sich doch alle erst einmal richtig ausheulen. Aber nicht bei mir.
    Ich gehe derweil mit Paulchen ein bisschen im Regen spazieren und erfreue mich der Welt. Denn ich leide an PNÜS, dem PostNatalen-Überglücklichkeits-Syndrom. Und ich gedenke nichts dagegen zu tun.

Schreikinder
    10:42 Uhr
    Das Baby schreit. Das Telefon klingelt.
    Es ist die Schwiegermutter.
    „Das Baby schreit.“
    „Das höre ich.“
    „Und warum schreit das Baby? Es hat bestimmt Hunger.
    Das Baby hat keinen Hunger, es hat gerade getrunken.“
    „Dann schreit es, weil es müde ist.“
    Es hat geschlafen, es ist nicht müde, es schreit, weil es schreien will, schreie ich und knalle den Hörer auf die Gabel.
    11: 27 Uhr
    Das Baby schreit.
    Die Türklingel läutet.
    Es ist die Nachbarin.
    „Das Baby schreit.“
    „Das höre ich.“
    „Und warum schreit das Baby? Es hat bestimmt Blähungen.
    Haben Sie Zwiebeln gegessen?“
    Ich verneine und schiebe die Nachbarin zurück auf die Straße, wo sie hingehört.
    14:05 Uhr
    Das Handy klingelt.
    Es ist der Vater des Babys.
    „Das Baby schreit ja immer noch. Ist es krank? Hat das Baby Fieber?“
    „Das Baby ist nicht krank. Es schreit.“
    Ich schalte mein Handy aus.
    14:30 Uhr
    Ich trage das Baby durch das ganze Haus. Das Baby schreit.
    15.25 Uhr
    Ich singe, lache, tanze Walzer mit dem Baby.
    Das Baby schreit.
    Ich furze, weine, trinke Tee mit dem Baby.
    Das Baby schreit.
    18:50 Uhr
    Das Baby und ich gehen zur Pommesbude und teilen uns eine Currywurst und eine Pommes rot- weiß.
    Das Baby schreit.
    19:20 Uhr
    Das Baby und ich teilen uns eine Dose Bier.
    Das Baby schreit.
    20:45 Uhr
    Das Baby und ich gucken Wer wird Millionär .
    Ein Germanistikstudent scheitert an der 500.000 €- Frage
    Das Baby schreit.
    21:20 Uhr
    Ich habe seit 3 Tagen nicht geduscht. Ich lege das Baby auf den Badezimmerteppich. Das Wasser rauscht.
    Das Baby schreit.
    21:45
    Ich föhne meine Haare .
    Ich traue meinen Augen nicht.
    Das Baby lacht.
    Ich stelle den Fön aus. Baby schreit.
    Fön an. Baby lacht.
    An. Aus. An. Aus.
    22:05 Uhr
    Ich putze mir die Zähne.
    Der Fön läuft.
    Das Baby lacht.
    22:25 Uhr
    Das Baby und ich schauen uns zwei Folgen Ally MacBeal an.
    Der Fön läuft.
    Das Baby
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