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Aus dem Jenseits verfolgt (German Edition)

Aus dem Jenseits verfolgt (German Edition)

Titel: Aus dem Jenseits verfolgt (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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in einer Zwangsjacke gesteckt und war mit Beruhigungsmitteln so vollgepumpt gewesen, dass er glasige Augen hatte und sein Gesicht wie aus Teig wirkte.
    »Bitte, Phoebe«, hatte er bloß gestammelt. »Bitte, hilf mir doch, bitte...«
    Die Not ihres Bruders und der Hilfeschrei in seinen verglasten Augen waren Phoebe mitten ins Herz gedrungen.
    Wie gern hätte sie ihn bei der Hand genommen und zu ihm gesagt: »Komm mit mir auf die Farm. Es ist alles gut. Du kannst nichts dazu, und du hast diesem Mädchen nicht wehtun wollen. Das Ganze war ein Unfall. Vergessen wir es, und du bist wieder mein braver Randy.«
    Doch das war nicht möglich.
    Im Medical Center hatte Phoebe ihren Bruder zum letzten Mal lebend gesehen. Kurz darauf hatte er wegen einer akuten Blinddarmentzündung und drohenden Durchbruchs operiert werden müssen, noch vor Beginn seines Prozesses, für den sich die Gutachter Schlachten lieferten.
    Aus der Narkose war Randy Starr nicht mehr aufgewacht. Die sofort wegen seines Tods angestrengte Untersuchung ergab keine Klarheit, ob es sich um einen Narkosefehler oder aus ungeklärten anatomischen Umständen um einen jener extrem seltenen Sonderfälle handelte, in denen die Narkose tödlich wirkte.
    Meist gab es eine organische oder medizinisch fassbare Ursache für den Narkosetod. Doch in einem von vielleicht fünfzigtausend Fällen nicht. Bei Randy kam vieles zusammen. Äußerlich war er allerdings ein Bulle von Kerl gewesen.
    In San Antonio wurde gemunkelt, der Narkosearzt, ein entfernter Verwandter der Nolans und damit von dem ermordeten Mädchen, hätte ihn absichtlich durch eine Fehldosierung umgebracht. Nachweisen ließ es sich nicht. Phoebe konnte es sich auch nicht vorstellen.
    Sie hatte den Leichnam ihres Bruders, nachdem ihn das Capital Crime Department freigegeben hatte, auf der Farm beigesetzt. Unten am Fluss, unter der knorrigen Redwood-Eiche, wo sein Lieblingsplatz gewesen war, hatte ihn Phoebe begraben. Auch das legten die Menschen in der Umgebung ihr wieder zum Nachteil aus.
    Sie hatte aber nicht gewollt, dass ihr Bruder, der sich so nach der Farm gesehnt hatte, auf dem Friedhof von San Antonio in einer Ecke verscharrt wurde. Er gehörte auf die Farm, wo sich sein Leben erfüllt hatte, ein seltsames, eigenes Leben, dessen Sinn zu begreifen Phoebe schwer fiel.
    Ehrlich gesagt verstand sie ihn überhaupt nicht. Sie konnte nur hinnehmen, dass sie einen Bruder gehabt hatte, der geistig im Kindheitsstadium verblieben war, der ohne Schuld zum Mörder wurde und unter seltsamen Umständen jung verstarb. Phoebe hatte ehrlich um ihren Bruder getrauert, obwohl ihr manche Bekannte gesagt hatten, sie solle doch froh sein, dass es ein solches Ende gefunden hatte.
    Da es nicht zum Prozess kam, sparte Phoebe einen großen Teil der veranschlagten Kosten. Dem Verteidiger tat sie zudem leid, ihr Bruder auch. Er hielt seine Honorarforderungen sehr gering. So bereitete die Hypothek auf die Farm Phoebe keine Sorgen.
    Auch anderthalb Jahre nach Randys Tod und eindreiviertel Jahre nach seiner Tag wirkte der Schock über das Geschehen noch in Phoebe nach. Ihr Leben hatte sich jedoch wieder normalisiert, weitgehend jedenfalls, und irgendwann wäre auch über diese Geschichte Gras gewachsen.
    Doch dann war der Spuk aufgetreten.
     

 
     
    2. Kapitel
     
    Am Abend des Tags nach der Brandnacht kam Bill Jackson wieder auf die Farm. Diesmal hupte er nicht übermütig wie sonst. Er fand Phoebe im Haus. Sie, Frank Custer und Ted Addams hatten sich den ganzen Tag auf der Farm geplagt, nachdem die vielen Fremden endlich weg waren. Es gab eine Menge zu tun – Brand- und Wasserschäden zu beseitigen oder das jedenfalls in Angriff zu nehmen, umzuräumen, die Tiere zu füttern, zu misten, zu fegen, zu kochen. Getreide und Mais mussten in den nächsten Wochen abgeerntet werden. Dann galt es, Kartoffeln und Rüben von den Äckern zu holen. Dazu kam die Apfelernte, für die Phoebe schon seit Jahren mexikanische Saisonarbeiter einstellte.
    Bill Jackson hatte am Morgen nach San Antonio fahren müssen, weil er unterrichten musste. Für den Nachmittag standen eine Lehrerkonferenz und eine Schüler-Arbeitsgruppe an, die Bill leitete. Das Footballtraining mit dem Team aus den obersten Klassen der High School hatte Bill jedoch sausen lassen, obwohl er der Trainer war.
    Das musste mal ein anderer erledigen.
    Er fand Phoebe abgespannt vor. Sie küssten sich, doch bei Phoebe fehlte die Leidenschaft, die sie sonst aufbrachte.
    »Ich konnte
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