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Auge um Auge

Auge um Auge

Titel: Auge um Auge
Autoren: Siobhan Vivian , Jenny Han
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zu. Alex kaufte sich ein Fan-T-Shirt der Gruppe und zog es gleich an. Leute, die in solchen Hemden zu einem Konzert kommen, finde ich, ehrlich gesagt, extrem peinlich – aber besser als dieses Polohemd war es allemal.
    Als das Konzert dann anfing, ging Alex aber zum Glück richtig gut mit und wippte mit dem Kopf zur Musik, im Takt mit allen anderen. Und später, in Kims Wohnung, war er superhöflich. Statt gleich in seinen Schlafsack zu kriechen, hat er erst noch die leeren Bierflaschen eingesammelt und zum Glascontainer auf der Straße gebracht.
    »Magst du mitkommen? Das Konzert ist zwar ausverkauft, aber ich kann dich mit reinnehmen.«
    »Geht nicht«, sagte er mit einem tiefen Seufzer, »Onkel Tim will schon im Morgengrauen die Segel setzen.«
    Alex’ Onkel Tim ist ein Dauerjunggeselle, der langsam kahl wird. Er hat keine Familie und auch sonst keine wirklichen Verpflichtungen, deshalb steckt er sein Geld in Spielsachen – so wie diese neue Yacht, auf der er morgen mit Alex und den Jungs zum Hochseefischen rausfährt. Natürlich exklusiv für Kerle.
    Ich zucke mit den Schultern. »Na gut, dann müssen wir jetzt wohl endgültig Tschüss sagen.« Ich salutiere wie ein Marineoffizier. »Gute Reise«, sage ich ironisch, denn ich meine es nicht wirklich ernst. Ich wünschte, er würde nicht mitfahren. Ohne Alex, der mich bei der Arbeit besuchen kommt, wird diese letzte Woche total öde.
    Er richtet sich auf. »Ich bring dich zur Fähre.«
    »Nicht nötig.«
    Ich gehe los, doch er greift nach dem Gurt meiner Tasche und zieht ihn mir von der Schulter. »Ich möchte aber gern, Kat.«
    »Na schön, meinetwegen.«
    Auf der Fahrt zur Anlegestelle sieht Alex mich ständig aus dem Augenwinkel an. Ich weiß nicht, wieso ich mich dabei so seltsam fühle, kann aber nichts dagegen tun. Ich drehe mich zum Fenster, damit er mein Gesicht nicht sehen kann, und frage: »Was ist los mit dir?«
    Er stößt einen langen Seufzer aus. »Ich kann es nicht glauben, dass der Sommer schon vorbei ist. Irgendwie kommt es mir so vor, als hätte ich die ganze Zeit vergeudet.«
    »Vergeudet hast du sie vielleicht mit deinen Freunden, diesen Losern. Mit mir bestimmt nicht.« Es rutscht mir einfach heraus; bevor ich mir auf die Zunge beißen kann.
    Normalerweise verteidigt Alex seine Freunde, wenn ich mich über sie lustig mache, doch dieses Mal sagt er nichts.
    Während der restlichen Fahrt denke ich darüber nach, wie es wohl sein wird, wenn die Schule wieder losgeht. Ob Alex und ich dann noch Freunde sind? Sicher, wir waren diesen Sommer viel zusammen, aber ob ich in der Schule mit ihm gesehen werden will, weiß ich nicht.
    Alex und ich ... wir funktionieren am besten so wie jetzt. Nur er und ich.
    Alex biegt auf den Platz vor der Fähre ein. Bevor er parken kann, treffe ich blitzschnell eine Entscheidung. »Ich kann das Konzert auch sausen lassen, wenn du Lust hast, noch was zu machen heute Abend.« Ich bin schließlich kein Puppy-Ciao-Groupie, und außerdem spielen die sicher mal wieder. Aber Alex und ich? Das könnte das letzte Mal sein. Unser letzter Abend. Und auf irgendeiner Ebene wissen wir das wohl beide.
    Alex grinst. »Im Ernst? Würdest du hierbleiben, bei mir?«
    Ich rolle das Fenster runter und zünde mir eine Zigarette an, damit er nicht sieht, dass ich auch lächle. »Klar, wieso nicht? Diese Superreichen-Yacht würde ich mir schon mal gerne selbst angucken.«
    Und dahin nimmt Alex mich dann auch mit.
    Wir parken vor dem Landhaus seines Onkels, wo das Ding festgemacht ist. Schon als wir darauf zulaufen, fange ich an, mich darüber lustig zu machen, wie protzig es ist. Aber im Stillen denke ich: Das ist ja der Hammer – diese Yacht ist größer als unser ganzes verdammtes Haus. Es ist definitiv das schönste Boot, das ich je gesehen habe. Schöner als alle auf der Marina.
    Alex geht vor, und ich folge ihm. Er führt mich kurz herum. Innen ist es noch schicker: italienischer Marmor und jede Menge Flachbildschirme, außerdem ein Weinkeller mit Flaschen aus Italien, Frankreich und Südafrika.
    Ich muss an Rennie denken. Die würde tot umfallen, wenn sie das hier sähe.
    Aber genauso schnell dränge ich sie wieder aus meinem Kopf. Es passiert mir nur noch ganz selten, dass ich an sie denke, aber ich hasse es, dass es überhaupt passiert.
    Gerade als ich versuche dahinterzukommen, wie man die Stereoanlage bedient, steht Alex plötzlich neben mir. Ganz nah. Er streicht mir die Haare aus dem Gesicht. »Kat?«
    Ich erstarre.
    Seine
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