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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
Autoren: Bernhard Hoëcker
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sich mit Ihren wirren Gedanken beschäftigen, verlieren ihre Selbstkontrolle.»
    «Guter Mann, es geht nicht um Religion, es geht um Geocachen.»
    «Geocachen? Was ist denn das?»
    Knapp zwei Stunden später liegt er neben dem anderen Gast auf der Straße und bekommt Frischluft zugefächelt.
    Viel schöner ist es da, wenn es sich um meine eigene Geburtstagsfeierhandelt. Dann kann ich reden, erzählen, aufbauen. Auf Details und Fakten, die die anderen schon kennen. Und falls es wider Erwarten nichts zum Aufbauen gibt, lege ich gerne noch einmal das ein oder andere Fundament. Und keiner kann sich wehren! Schließlich ist mein Geburtstag! Jeder muss zuhören!
    Gut, inzwischen kommt natürlich so gut wie keiner mehr zu meinen Feiern, weil sie alle wissen, was sie erwartet. Nur andere Geocacher und Menschen mit starkem Charakter, die Herausforderungen suchen und sicher sind, dass sie diesmal als Sieger hervorgehen. Einem von ihnen bin ich sehr dankbar, denn der sagte auf der letzten Feier kurz vor dem Zusammenbruch: «Warum schreibst du eigentlich kein Buch? Dann haben wir alle Ruhe.»
    Jetzt haben alle Ruhe   …
    Dennoch, die Frage bleibt: Geocachen? Was ist denn das?
    Im Prinzip ist es ganz einfach: Jemand versteckt eine Tupperdose, notiert sich die Koordinaten, jemand anders nutzt diese und sucht die Dose.
    Leider ergeben sich aus diesem Satz mit 16   Wörtern insgesamt neun Fragen. Macht einen Unklarheitsquotienten 3 von ~ 56   Prozent.
    1.   Wer ist dieser Jemand ?
    2.   Wie versteckt man denn da?
    3. Tupperdose ?
    4. Wo wird da was notiert?
    5.   Was sind denn das für Koordinaten ?
    6.   Wer ist der zweite Jemand ?
    7.   Wie nutzt man?
    8.   Wieso sucht man?
    9.   Wenn man die Dose hat, was dann ?
    Deshalb erkläre ich das Ganze lieber etwas genauer: Ich verstecke also zum Beispiel eine Tupperdose, in die ich einen kleinen Notizblock stecke, im Schwarzwald in einem hohlen Baumstamm. Mit Hilfe eines GP S-Gerätes 4 notiere ich mir die Koordinaten, die die genaue Lage dieses Baumes beschreiben. Anschließend hinterlege ich diese Daten unter dem Namen «Schwarzwalds hohle Eiche» auf einer Internetplattform 5 . Ein anderer Geocacher , der sich in Schwarzwaldnähe befindet, sucht nun unter dem Stichwort «Schwarzwald» auf derselben Internetplattform nach versteckten Caches, stößt dabei auf meine Daten, gibt sie in sein GP S-Gerät ein und macht sich auf die Suche nach diesemBaum. Er entdeckt die Dose und schreibt «Ich war da» auf den Notizblock. Wieder zu Hause angekommen, trägt er sich außerdem auf der Website ein, auf der er den Hinweis gefunden hat. So weiß ich dann, dass jemand meinen Cache gefunden hat.
    Um das mal maximal allgemein zu formulieren: Irgendjemand bewegt sich irgendwohin und versteckt irgendwo irgendwas irgendwie. Er notiert sich das irgendwo, also das erste Irgendwo, in Form von GP S-Koordinaten und stellt diese dann ins Internet. Ein anderer Geocacher versucht nun, die diversen Fragepronomen hinter den jeweiligen «irgend» zu ersetzen.
    Das Irgendjemand ist relativ einfach zu benennen, denn das steht in der Beschreibung drin, das erste Irgendwo ist da schon schwieriger, man muss es entweder durch Lösen eines Rätsels herausfinden, oder man hat es schon, weil der Ort des Versteckes in Koordinaten angegeben ist. Ab jetzt wird es richtig spannend:
    Wo genau an den angegebenen Koordinaten liegt das versteckte Irgendetwas? Unter der Erde? Auf einem Baum? Hinter einem Stein? Neben einer Mauer? Über einem Vordach? In einer Höhle? Vor einer Wurzel? Mitten auf dem Feld? An einer Stange? Bei einer Wegkreuzung? Außerhalb einer Burgmauer? Oben im Baum? Unter einer Parkbank? Unweit eines Verkehrsschildes? In einem Metallrohr? Unten im Wasser? Entlang einer Reihe Straßenlaternen? Über einer Türverkleidung? Jenseits des Flusses? Inmitten von Laub? Diesseits der Straße? Gegenüber der Kirche? Zwischen Betonplatten?
    Natürlich fehlt noch das Irgendwie: Hat der Versteckende den Cache vergraben, festgebunden, angenagelt, aufgehängt, abgeseilt, mit einem Magneten befestigt, hingelegt, unter Wasser versteckt, mit Laub bedeckt, der Umgebung angepasst oder so offensichtlich platziert, dass man ihn einfach nicht sieht?
    Und – nicht zu vergessen – das Was: Ist es eine große Boxoder eine kleine Filmdose 6 , eine Tüte, eine Kiste, ein Haus oder nur ein Stuhlprobenröhrchen 7 ?
    Was ist darin? Mal nur ein kleiner Zettel, auf dem man dann notiert, wer man ist und wann man da war. Oder aber
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